Im Reisebus von Freiburg nach Shanghai – auf der Seidenstraße um die halbe Welt
28Mai/10Off

Barbara Volhard: Buchara – Urumqui

10.05. Montag 27. Tag Buchara Buchara ist eine der ältesten Städte Mittelasiens. Den einst legendären Reichtum verdankt die Stadt der Tatsache, dass sie – am Rand einer Oase mitten in der Wüste Kysylkum gelegen – ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt an der Seidenstraße war. Eine ausführliche, ganztägige Stadtbesichtigung mit ihren vielen Medresen, Moscheen, Minaretten und Basaren und erfolgt heute mit dem Bus und zu Fuß. Unglaublich, was wir alles zu sehen bekommen, wie perfekt erhalten und restauriert die alten Gebäude und Gemäuer sind, was uns an Bildern erwartet, die wir nicht mehr vergessen werden. Buchara ist ein Traum. Abendessen und Folkloreshow der zentralasiatischen Völker in der Medrese Nodir Devon Begi. Übernachtung im Hotel in Buchara. 

Inzwischen sind wir in Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan. Aber erst mal muss ich euch erzählen, wie ich vom Schicksal verfolgt werde. Was war ich doch glücklich, die Krücken endlich los zu sein, richtig gehen und die Reise endlich genießen zu können. Und dann dies: Gestern Abend gehe ich barfuß durch das Hotelzimmer (im 13. Stock, man kriegt Schlotterknie, wenn man auf den Balkon geht), bleibe mit dem linken kleinen Zeh an einem Möbelstück hängen und ratsch! war er vermutlich gebrochen. Jedenfalls ist er heute weiter weg von den anderen Zehen als sonst, ein Riesen-Bluterguss und natürlich humpele ich wieder und es tut eklig weh. Ist das nicht scheußlich?!?!  Da ich schon mal einen gebrochenen Zeh hatte, weiß ich, dass ein Arztbesuch überflüssig ist: man kann da nix machen, als abwarten, bis er wieder geheilt ist. Mein besonderes Geschenk zum Geburtstag, denn der findet morgen statt, beginnend mit Aufstehen um 6 Uhr, denn wir müssen früh los, es steht uns wieder eine Grenze bevor, nämlich die nach Kasachstan. Aber jetzt muss ich erst mal Usbekistan nachholen.

10.05. Montag 27. Tag Buchara Buchara ist eine der ältesten Städte Mittelasiens. Den einst legendären Reichtum verdankt die Stadt der Tatsache, dass sie – am Rand einer Oase mitten in der Wüste Kysylkum gelegen – ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt an der Seidenstraße war. Eine ausführliche, ganztägige Stadtbesichtigung mit ihren vielen Medresen, Moscheen, Minaretten und Basaren und erfolgt heute mit dem Bus und zu Fuß. Unglaublich, was wir alles zu sehen bekommen, wie perfekt erhalten und restauriert die alten Gebäude und Gemäuer sind, was uns an Bildern erwartet, die wir nicht mehr vergessen werden. Buchara ist ein Traum. Abendessen und Folkloreshow der zentralasiatischen Völker in der Medrese Nodir Devon Begi. Übernachtung im Hotel in Buchara.

11.05. Dienstag 28. Tag Buchara Vormittags geht es weiter mit der Besichtigung, wir sehen für ihre Bauweise und ihren Schmuck berühmte Moscheen sowie den Sommerpalast der letzten Emire »Sitorai Mochi Chosa«. Nachmittags freie Zeit für eigene Entdeckungen. Übernachtung im Hotel in Buchara.

In Usbekistan begrüßte uns Murat, unser usbekischer Reiseleiter. Im Grunde ist dieses Land nicht sehr unterschieden von Turkmenistan. Die Landschaft ist ähnlich saftig-grün und flach, gegen Samarkand kommen langsam wieder Berge in Sicht, in Taschkent habe ich einen großartigen Blick über die ganze Stadt mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund.

Aber jetzt muss ich erstmal „philosophieren“, nämlich über das Verhältnis von Kopf und Bauch, oder Theorie und Praxis, oder wie immer man diese Diskrepanz zwischen theoretisch Gewusstem und tatsächlich Erlebtem noch nennen will. Dazu eine kleine Geschichte aus einer anderen Reise: Vor etwa 35 Jahren traf ich in Alaska an einem einsamen Zeltplatz (ich war die einzige Camperin dort) das erste Mal in meinem Leben einen Indianer. Er in arbeitete der Nähe und ging in seiner Mittagspause spazieren. Ich fing an, während unseres Gesprächs mein Zelt auszupacken. Da sagte er plötzlich, es tue ihm leid, dass er mir nicht helfen könne, aber er habe leider keine Ahnung, wie man ein Zelt aufstellt. Natürlich wusste ich, dass Indianer heutzutage genauso zivilisiert sind wie alle US-Bürger, dass sie genau so lebten, Berufe ausübten wie andere auch usw. Aber erst diese Bemerkung machte mir klar, dass er wirklich nichts zu tun hatte mit den in meinem Unterbewusstsein immer noch herumspukenden, Tipis bewohnenden Karl-May-Indianern, die selbstverständlich wussten, wie man ein Zelt aufbaut! Es war durchaus eine Art Kulturschock. Und den erlebte ich jetzt wieder.

Buchara, Samarkand und Taschkent - das waren die  Namen von Orten, die für mich mythisch besetzt waren. Ich hielt sie für die Höhepunkte der Reise, das Äußerste an Orient oder was man sich so darunter vorstellt, an Märchenhaftigkeit, an Pracht und Herrlichkeit. Ich fürchte, ich erwartete irgendwie auch noch Turban tragende, golden gewandete Märchenprinzen. Auf jeden Fall aber reges, orientalisches, buntes Leben. Tja. Natürlich wusste ich, dass diese Städte in der ehemaligen Sowjetunion lagen, dass das (und auch die sonstige Geschichte dieser Städte) aber auch einen Einfluss auf sie gehabt haben musste, hatte ich mir nicht klar gemacht. Daher musste ich erst einmal in Buchara eine ganz schöne Ernüchterung, ja, Enttäuschung verdauen. Dabei kommt man sich, jäh auf den Boden der Tatsachen verwiesen, vor wie eine Idiotin. Ich war froh, dass zwei Mitreisende, denen ich das gestand, mir sagten, dass es ihnen ähnlich ginge, dass sie ähnliche Erwartungen hatten. So musste ich mir doch nicht als der einzige Dummkopf in dieser Reisegesellschaft vorkommen.

Denn Buchara ist nicht nur von der Sowjetzeit geprägt, sondern Usbekistan gehörte schon seit 1865 zu Russland. Alle usbekischen Städte – auch Samarkand und Taschkent – sind also deutlich russische Städte, geprägt von russischem Baustil, allerdings auch von einer überwältigenden Großzügigkeit in ihrer Anlage. Was es da an Riesenplätzen gibt, an großzügigen Grünanlagen und Parks mit Blumen und  z.T. uralten Bäumen, an superbreiten und wirklich schönen Alleen, mit breiten Bürgersteigen, auf denen das Volk im Schatten alter Bäume promeniert, das entzieht sich der westeuropäisch geprägten Vorstellung. Das muss man den Russen lassen: ihrer Stadtplanung könnten wir einiges abgucken. Einerseits. Andererseits: diese Großzügigkeit ging natürlich auf Kosten der Altstädte, die vermutlich gnadenlos abgerissen wurden im Zuge dieser Modernisierung. In ihnen – wenn es sie noch gäbe – fände vielleicht noch jenes bunte orientalische Leben statt, das wir hier erwartet, aber nicht mehr vorgefunden hatten.

Was uns im Westen im allgemeinen auch nicht immer bewusst ist: dass alle diese zentralasiatischen Republiken immer wieder von Wellen der kriegerischen Zerstörung heimgesucht wurden. So wurde Usbekistan z.B. im 6. Jahrhundert von den Türken erobert, im 8. Jahrhundert von den Arabern, 1220 machte Dschingis Khan alles platt, und im 14. Jahrhundert kam sein Enkel Timur der Lahme, tat desgleichen und eroberte ein Riesenreich, das die heutige Türkei, Persien, die zentralasiatischen Republiken, Teile Russlands und Indiens umschloss und dann jahrhundertlang von den Timuriden regiert wurde. Allerdings war er wohl etwas intelligenter als sein Großvater, denn bevor er alles zerstörte, sammelte er überall die besten Architekten, Handwerker und Künstler (auch übrigens Gelehrte), brachte sie nach Samarkand und ließ von ihnen all jene Prachtbauten errichten, welche die usbekischen Städte dann so berühmt machten. (Was ich euch hier so an Geschichte präsentiere, ist das, was ich von dem, was unsere Führer uns hier erzählten, noch so in Erinnerung habe, bitte nagelt ich nicht fest!). 1865 wurde Usbekistan also russisch, während einer kurzen Periode (ich weiß nicht mehr, wann) auch mal unabhängig und im ersten Weltkrieg von den Sowjets wieder zurück erobert. Dabei wurde z.B. in Buchara der Ark, eine imposante, 20 m hohe und bis zu diesem Zeitpunkt uneinnehmbare Festung im Zentrum der Stadt, bombardiert und fast völlig zerstört. Ein Jammer.

Und diese Zerstörung traf auf fast alle Moscheen, Medressen (Koranschulen) und Karawansereien Bucharas zu. Ihre Wiederauferstehung verdankte sich nicht etwa ihrer Restaurierung, das war gar nicht mehr möglich: Wir haben Fotos gesehen von dem Zustand, in dem sie waren: Ruinen, denen kaum noch anzusehen war, was die Gebäude einmal waren (siehe Bilder). Nein: sie wurden völlig neu wieder aufgebaut. Dabei wurde gelegentlich Material, das man noch gefunden hat, ein paar Kacheln z.B., wieder verwendet, aber das meiste ist neu. Eindrucksvoll, sicher, aber doch irgendwie steril, vor allem, weil die Bauten eben nicht in das alltägliche Leben der Stadt eingebettet sind. Hinzu kam, dass während der Sowjetzeit Moscheen verboten waren, und soweit solche alten Gebäude noch nutzbar waren, wurden sie als Militärlager u.ä. verwendet, aber nichts zu ihrer Erhaltung getan, so dass auch sie verrotteten. Wir bekamen also eine Art Freilichtmuseum zu sehen, dessen Besichtigung uns aber noch vergällt wurde dadurch, dass innerhalb dieser Gebäude die Flächen an Souvenirstände vergeben waren, wobei wir während der Besichtigungen dann ständig von den HändlerInnen bedrängt wurden, etwas bei ihnen zu kaufen. Wir wurden also von Moschee zu Medrese zu Mausoleum zu Moschee zu Medrese geschleppt, und hatten bald genug davon. Jedenfalls einige von uns. Wirklich eindrucksvoll war allerdings das erste Bauwerk: ein Mausoleum der Samaniden aus dem 10. Jahrhundert, das die Leute damals vor Dschingis Khan versteckt hatten! Und zwar indem sie es unter einem riesigen Sandberg begruben, der dann als Friedhof diente. Das war nach seiner Freilegung noch einigermaßen erhalten, nicht gerade ein Prachtbau (es gab noch nicht die Verkachelung, die die Bauten sonst verzieren), aber mit interessanten und höchst kunstvollen Backsteinverzierungen. Unglaublich, was man alleine mit gebrannten Ziegelsteinen an Mustern zuwege bringen kann.

Aber ich will nicht ungerecht sein. Der Wiederaufbau dieser Baudenkmäler war eine ungeheure Leistung, sowohl finanziell als auch technisch. Denn man musste sich wieder auf die alten Techniken besinnen, die zum Glück noch nicht verloren waren. Wir haben Werkstätten gesehen, in denen wir beobachten konnten, wie mühsam und kunstvoll die Hand-Bemalung der Kacheln ist. Begonnen wurde mit der Restaurierung erst gegen Ende der Sowjetzeit, das meiste aber nach der Unabhängigkeit durch den usbekistanischen Staat. Und ja, es sind prachtvolle Gebäude wieder erstanden. Wir haben uns gefragt, wer das wohl alles bezahlt hat. Auf die Frage nach der Steuerlast in Usbekistan allerdings meinte Murat, die sei gering. Die Einkommen allerdings sind es auch: etwa 300 Dollar im Durchschnitt.

Und dann kamen wir nach Samarkand.

12.05. Mittwoch 29. Tag Samarkand Nach dem Frühstück geht es in die Umgebung von Buchara, um den Bahauddin Nakschband Komplex anzuschauen. (Mausoleum, Moscheen und die Gräber vieler Herrscher) Pilgerstadt der Muslime, wo die Pilger als Opfer ein Schaf schlachten oder das Essen an die anderen Pilger verteilen. Dann geht es weiter nach Samarkand. Unterwegs ist eine alte Karawanserei und ein Wasserspeicher »Sard Oba« (in der Übersetzung aus dem Persischen: »Anfang des Wassers«) aus dem 10.–11. Jahrhundert zu besichtigen. Baumwollfelder und Maulbeerbäume für die Seidenzucht prägen das Bild, aber auch Bauern, die ihr Obst und Gemüse entlang der Straße verkaufen. Abendessen und Übernachtung in Samarkand.

Unterwegs die Besichtigung einer Seidenraupenzucht. Das sagt sich so dahin, aber Murat hatte einfach in irgendeinem Dorf gefragt, ob wir uns das mal angucken könnten. Und so fielen wir in dieses Dorf ein, dessen Bewohner alsbald zusammenliefen, um uns zu begucken, denn für sie waren WIR die Sensation. Die Zucht selbst: Ein kleiner Raum, etwa 8 qm, ausgelegt mit Zweigen von Maulbeerbäumen. Darauf unzählige Raupen. Sie fressen etwa eine Woche lang, dann ruhen sie einen Tag, fressen wieder eine Woche, ruhen zwei Tage, fressen wieder, ruhen drei Tage usw., irgendwann fangen sie an, sich zu verpuppen. Das dauert etwa 4 Wochen, dann werden die Viecher in den Kokons gekocht und so getötet. Ein Kokon liefert einen Seidenfaden von etwa 1,2 km Länge. Übrigens sind die Schmetterlinge, die aus den Raupen entstehen (wenn sie denn entstehen) nicht flugfähig.

Noch am Abend unserer Ankunft in Samarkand ging ich mit einigen anderen zum Registan (Sandplatz), dem zentralen Platz der Stadt. Und da blieb mir dann doch die Luft weg. In der Mitte dieses riesigen Platzes, der eigentlich eine großzügige Parkanlage ist, ein Ensemble aus drei wunderbar verkachelten Gebäuden,  angestrahlt von der Abendsonne: wunderschön. Da konnte man wirklich etwas von der Pracht erahnen, die Samarkand einst zur schönsten Stadt der Welt machte. Sie ist auch heute noch wesentlich schöner als Buchara oder Taschkent.

Am nächsten Tag wieder Besichtigungen, eindrucksvoll eine ganze Straße von schön verkachelten Mausoleen, in denen alle die Verwandten von Timur begraben liegen. Abends Essen im Innenhof einer ehemaligen Koranschule, mit Folklore-Tänzen und Modenschau. Sehr farbenfroh und schön

Aber ich muss mich sputen. Denn ich bin schon längst nicht mehr in Taschkent, wo ich diesen Bericht angefangen habe, sondern in Almaty (Alma Ata) in Kasachstan. Ich schaffe es einfach nicht, fortlaufend zu berichten. Dabei haben wir inzwischen auch schon Kirgistan hinter uns gebracht. Daher bekommt ihr jetzt nur noch die Reisebeschreibung von Avanti, und dann erzähle ich noch, wie wir hierher gekommen sind.

13.05. Donnerstag 30. Tag Samarkand Im fruchtbaren Flusstal des Serafschans liegt eine der ältesten Städte Asiens: Samarkand. Schon im 4. Jahrhundert vor Christus wurde die Oase von Alexander dem Großen erobert. Die Araber erreichten Samarkand im Jahre 712, errichteten die ersten Moscheen und Koranschulen. Samarkand entwickelte sich schnell zum zentralen Umschlagplatz an der Großen Seidenstraße, zur Drehscheibe an der bedeutendsten Karawanenstraße von Persien nach China. Hier kreuzten sich Waren und Kulturen, wurden Güter aus Persien, Indien, der arabischen Halbinsel und China umgeschlagen. Ihre Blütezeit verdankt die Stadt aus Tausendundeiner Nacht den Eroberungszügen eines despotischen Feldherrn, der seinen Herrschaftsbereich vom Ganges bis zum Mittelmeer ausdehnte. Samarkand war das Zentrum dieses Weltreiches, die Residenzstadt Timur Lenks, Timur des Lahmen. In Feldzügen bis nach Europa und Indien ließ Timur und seine Horde Städte zerstören, die Bevölkerung massakrieren. Die besten Handwerker und Künstler jedoch verschleppte er nach Samarkand. Sie schufen im 14. Jahrhundert jene atemberaubende Architektur, die Samarkands Ruf begründete »schönste Stadt der Welt« zu sein. Nach dem Frühstück Stadtbesichtigung mit dem Bus und zu Fuß: Wir sehen das Mausoleum Gur Emir, wo Timur Lenk und seine Nachkommen begraben sind, den Registanplatz und die drei Medresen Ulugh Bek Medrese Scherdor, Medrese Tillakori, die Moschee Bibi Hanym, und gelangen zum orientalischen Basar. Nach dem Mittagessen im Restaurant könnten bei Interesse weitere Punkte auf dem Programm stehen. Übernachtung im Hotel in Samarkand.

14.05. Freitag 31. Tag Samarkand Wenn wir schon entlang der Seidenstraße fahren, sollten wir auch sehen, wie Seide produziert wird und was daraus hergestellt wird. Deshalb besuchen wir die Teppichknüpferei »Samarkand – Buchara «, in der uns das alles erklärt wird. Und besuchen anschließend die Sternwarte von Ulugh Bek aus dem 15. Jahrhundert und den Schahi Sinda Komplex 11.–15. Jahrhundert. Nachmittag frei.

15.05. Samstag 32. Tag Samarkand – Taschkent 350 km lange Fahrt nach Taschkent mit dem Bus. Unterwegs sind Baumwollfelder und viele grüne Berge zu sehen. Die Wüsten, durch welche wir so lange Zeit gekommen sind, sind auf dieser Strecke erst einmal vergessen. Grün ist jetzt die vorherrschende Farbe in der Landschaft. Am Rande der Straße sind bei den Verkäufern verschiedene Sorten von Äpfeln und Honig zu kaufen. Die Fahrt dauert rund sechs Stunden und führt durch die Städte Dschissak, Yangiyer und Gulistan. Taschkent ist mit über zwei Millionen Einwohnern die Hauptstadt Usbekistans. Sie liegt im nördlichen Bereich der Großen Seidenstraße an der Grenze zu Kasachstan, im Tal des Flusses Tschirtschik. Im Herzen der Stadt blieben sehr schöne Bauwerke alt-usbekistanischer Architektur erhalten – so die Kukeldasch- und die Barak-Chan-Medresse aus dem 16. Jahrhundert. Drumherum spielt sich ein echt orientalisches Durcheinander ab mit verwinkelten Gassen und einem übervölkerten Basarviertel. Doch außerhalb der malerischen Altstadt präsentiert sich Taschkent als eine sehr modern gebaute Großstadt, als bedeutendes Wirtschaftszentrum. Zu Zeiten der UdSSR war Taschkent deren viertgrößte Metropole, die mächtigste Stadt außerhalb der Republik Rußland. Wir sehen das Museum für angewandte Kunst, es wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts im traditionellen usbekischen Stil gebaut, ebenso wie den Mustakillik Platz (Unabhängigkeitsplatz). Übernachtung im Hotel in Taschkent.

16.05. Sonntag 33. Tag Taschkent

Nach dem Frühstück im Hotel gibt es eine halbtägige Stadtbesichtigung. Medrese »Kukeldasch« 16. Jahrhundert, Basar »Chorsu«, Hasti Imam Komplex – Kaffal Schaschi Mausoleum, Freitagsmoschee und Islamische Uni. Wer Lust hat, fährt mit der Metro zum Platz der Völkerfreundschaft und zur Medrese »Abul Kosim« aus dem 19. Jahrhundert, wo sich heute eine Handwerkerstation befindet. Freizeit und Übernachtung in Taschkent.

Interessant an Taschkent war vor allem, dass es im Frühjahr 1966 ein großes Erdbeben dort gab, das die Altstadt völlig zerstörte und große Teile der Bevölkerung obdachlos machte. Und dann fand eine beeindruckende Aufbauleistung statt: Aus allen Teilen der Sowjetunion kamen Menschen zum Helfen, und bis zum Herbst hatten alle wieder eine Wohnung! Allerdings gab es ein Problem: die Menschen, die gewohnt waren, in einstöckigen Lehmbauten zu wohnen, mochten nicht in die Plattenbau-Hochhäuser ziehen. Es blieb ihnen aber angesichts des nahenden Winters nichts anderes übrig. Aber die Sache hatte zur Folge, dass viele der Helfer in der Stadt blieben, so dass bis heute mehr als 100 verschiedene Ethnien in der Stadt zusammenleben.

17.05. Montag 34. Tag Taschkent – Taraz Gleich nach Tashkent passieren wir den Grenzübergang nach Kasachstan. An der Grenze treffen wir unsere kirgisischen Reiseleiter, die uns während der folgenden Tage in Kasachstan und Kirgistan begleiten werden. Auf einer mehr oder weniger gut ausgebauten Straße fahren wir über die Stadt Shymkent nach Taraz. Abendessen und Übernachtung.

Überschrift: Mein Geburtstag.

Er begann damit, dass ich um 6 Uhr aufstehen musste, für ein Geburtstagskind, das noch dazu eine Nachteule ist, eine glatte Zumutung. Aber je nun, ich bin auf einer großartigen Reise, was nützt da Jammern, ich füge mich also ächzend in mein Schicksal. Nochmal zur Erinnerung: Am Tag davor hatte ich mir den kleinen Zeh gebrochen, auch so’n Geburtstagsgeschenk. Den muss ich jetzt immer mittels Heftpflaster an den Fuß ankleben, weil er sonst ganz falsch absteht. Beim Frühstück überreichen mir Ina und HP einen wunderhübschen Blumenstrauß, alle gratulieren, der Tag könnte doch noch nett werden. Vielleicht machen wir ja nach dem Grenzübergang ein schönes Picknick?

Um 9.15 Uhr sind wir an der Grenze Usbekistan-Kasachstan. Dort wird uns mitgeteilt, dass die Grenzer jetzt leider bis 10 Uhr Kaffepause hätten. Aber gnädigerweise lassen sie uns dann doch schon um halb 10 Uhr rein. Das übliche Prozedere, das ich schon beschrieben habe. Um 10,30 Uhr sind wir alle durch, nur der Bus noch nicht. Wir warten also, sind’s ja schon gewöhnt. Begrüßt werden wir von einer (zum Glück nur Übergangs-)Führerin, einer Barbiepuppe mit wallenden blonden Glasfaserlocken, die in jeder Hinsicht keine Hilfe ist. Sie stellt sich nicht vor, irgendwann erfahren wir durch Zufall, dass sie (auch noch!) Diana heißt.

Wir sitzen auf den Steinfliesen und Treppenstufen der Terrasse am Zollgebäude, lesen, unterhalten uns, machen Spiele. Es wird 11, es wird 12, nichts passiert. Um 12 erfahren wir, dass die Grenzer jetzt bis 14 Uhr Mittagspause haben. Irgendwann erfahren wir auch, dass schon wieder irgendeine Genehmigung für den Bus fehlt. Gelegentlich schreitet unsere Barbiepuppe mit wippender Lockenpracht von dannen, kommt wieder und weiß nichts. Auch nicht, dass wir, die wir ja schon abgefertigt waren, ohne Bus durchaus aus dem Zollgelände hätten hinausgehen können und direkt dahinter Läden und Restaurants vorgefunden hätten.

Es gibt nichts zu essen oder zu trinken. Es  wird 14, 15, 16  Uhr. Die Toilette soll in einem abenteuerlichen Zustand sein, ich ziehe es vor, sie zu meiden. Am späten Nachmittag gelingt es Ina, aus dem Bus wenigstens Wasser, etwas altes Brot (sozusagen mein Geburtstagskuchen) und ein paar Kekse zu holen, die gerecht verteilt werden. Die Steinfliesen sind wirklich hart. Meine Hüftknochen haben sich schon bald durch mein altersschwaches Sitzfleisch gebohrt und sind eine schmerzhafte Verbindung mit dem harten Untergrund eingegangen. Irgendwo anlehnen kann ich mich nicht, weswegen auch mein Kreuz schmerzt. Die anderen können ab und zu aufstehen und etwas herumgehen, ich muss das wegen des gebrochenen Zehs auf ein Minimum begrenzen. Irgendwann macht das Gerücht die Runde, dass bei einem Telefongespräch mit der Hauptstadt von dort die Anweisung gekommen sei, man solle uns ziehen lassen, die Beamten vor Ort jedoch damit nicht einverstanden seien. Frage an den Scheff: er weiß auch nichts, bekommt keinerlei Informationen.

Ein Spiel ist sehr hübsch: Eine/r muss Buchstaben würfeln, daraus zwei Wörter bilden, der/die Nächste eine Geschichte erzählen, in der diese beiden Wörter vorkommen. Die dichterischen Verrenkungen dabei lösen lautes Gelächter aus. Die Zöllner denken, wir machen uns über sie lustig und wollen uns von der Terrasse – der einzigen Sitzgelegenheit – verjagen. Es kann gerade noch abgewendet werden, aber jetzt trauen wir uns nicht mehr, über irgendetwas zu lachen. Es wird 17, 18, 19  Uhr. Das Gerücht macht die Runde, dass wenn die Genehmigung bis 20 Uhr nicht da ist, wir fahren dürfen, weil die Grenzstation dann dicht macht. Diejenigen, die das nicht glauben können, unken, dass wir die Nacht vielleicht auf dieser Terrasse zubringen müssen.

Aber tatsächlich: kurz vor 20 Uhr (nach neuneinhalb Stunden!!!) kommt die Genehmigung und wir dürfen fahren. Große Erleichterung. Aber wir haben noch etwa 8 Stunden Fahrt vor uns bis Taraz, zu dem bestellten Abendessen dort kommen wir auf keinen Fall. Die nächste Möglichkeit, etwas zu essen zu bekommen, ist in einer Stadt, die angeblich 3 Stunden weg ist. Wir kommen wegen miserabler Straßen dort nach 4 Stunden an, um Mitternacht. Die Leute in dem Restaurant zaubern tatsächlich noch ein frisch gekochtes 3-Gänge-Menü für uns hin, es gibt Bier und ein Steh-Klo, in das ein Kleinkind leicht hineinfallen könnte. Da ist Beinespreizen angesagt. Aber wir sind dankbar. Um 1 Uhr geht es weiter, und nach weiteren vier Stunden Fahrt sind wir um 5 Uhr morgens tatsächlich in unserem Hotel in Taraz. Dieser denkwürdige Geburtstag hat also nahezu 24 Stunden gedauert!

18.05. Dienstag 35. Tag Taraz – Bishkek  Weiter geht es durch Kasachstan. Wir durchfahren die Steppe, während zu unserer Rechten das Tien-Shan-Gebirge mit schneebedeckten Gipfeln, die teilweise über 5.000 m hoch sind, auftaucht und die wir noch auf tausende von Kilometern bis nach China hinein immer wieder sehen werden. Eine Landschaft, die ihresgleichen sucht in ihrer Weite und Einsamkeit. Am Mittag reisen wir nach Kirgistan ein und kommen in die Hauptstadt des Landes, nach Bishkek. Abendessen und Übernachtung.

Erst mal mussten wir wieder aus Kasachstan raus und nach Kirgistan hinein und fragten uns, wie lange es wohl diesmal dauern würde. Es waren aber nur drei Stunden, das ist sozusagen normal. Die Landschaft ist in der Tat sehr schön: Man fühlte sich wie in der nordamerikanischen Prärie.

19.05. Mittwoch 36. Tag Bishkek und Ala Archa Nationalpark Heute Vormittag lassen wir es geruhsam angehen. Am Nachmittag besuchen wir den südlich der Stadt gelegenen Ala Archa Nationalpark. Wir fahren zunächst mit dem Bus ca. 30 km in den Canyon und können dann nach einer kurzen Wanderung einen schönen Aussichtspunkt erreichen. Von hier aus bietet sich ein herrliches Panorama auf die Berge im Süden, deren Gipfel bis über 5.000 m Höhe erreichen.

20.05. Donnerstag 37. Tag Bishkek – Issyk Kul See Wir fahren von Bishkek aus auf einer der Hauptrouten des Landes nach Osten zum Issyk Kul See. Der See liegt auf ca. 1.600 m Höhe und ist damit einer der größten und tiefsten Gebirgsseen der Welt. Große Bereiche seines Ufers stehen unter Naturschutz. Am Nordufer des Sees fahren wir bis zur Ortschaft Chok-Tal (ca. 220 km), zu Sowjetzeiten ein beliebter Badeort. Im Norden sehen wir die beeindruckende Bergkette des Grenzgebirges zu Kasachstan, ein beliebtes Revier für Trekking- und Klettertouren. Am Abend fahren wir wieder zurück nach Bishkek.

Ja, Kirgistan ist ein landschaftlich wunderschönes Land. Die Schweizer unter uns meinen, wie bei ihnen zuhause. Der See ist grandios: türkis blau vor der Alpenkette mit weißen Gipfeln und riesig: nach den Titicaca-See der größte Bergsee der Welt mit 800 km Länge und 160 km Breite, eigentlich ein Meer. Für die Zahlen allerdings übernehme ich keine Garantie, unsere Führerin hat damit nämlich manchmal Probleme (vor allem mit den Nullen, die hinter einer Zahl sind, ob es also hundert oder tausend sind, weiß sie nicht immer so genau).

21.05. Freitag 38. Tag Bishkek Freier Tag in Bishkek, wo wir Gelegenheit zu Spaziergängen in den zahlreichen Parks oder in den belebten Straßen der Stadt haben.

Nix Spaziergänge, es regnete. Ich war im Bazar, habe mir dort eine Armani-Hose (!!) für ganze 9 Dollar gekauft und dann an diesem Bericht weiter geschrieben. Amen.

22.05. Samstag 39. Tag Bishkek – Almaty  Wir verlassen die kirgisische Hauptstadt Bishkek und fahren nach Norden zur Grenze nach Kasachstan bei der Kleinstadt Korday. Nach ca. 200 km voller traumhafter Landschaftseindrücke erreichen wir Almaty (Alma Ata), die frühere Hauptstadt Kasachstans. Am Nachmittag lernen wir die von hohen Bergen umsäumte Metropole bei einer kleinen Stadtrundfahrt kennen. Abendessen und Übernachtung

So, da sind wir jetzt, es gießt und gleich gibt es Abendessen. Ich mache Schluss. Morgen geht es an die Grenze nach China, noch eine Übernachtung in Kasachstan und dann kommt nur noch China.

Dieser Bericht wird länger als die anderen, wann ich ihn abschicken kann, steht noch in den Sternen. Denn ich bin nicht bereit, 15 Euro pro angefangene Stunde Internet zu zahlen. Vielleicht irgendwann in China, aber in diesen ehemaligen Sowjetrepubliken werdenWesttouristen schlichtweg geplündert. In den Hotels herrscht der glatte Nepp.

23.05. Sonntag 40. Tag Almaty – Zarkent Weiter geht es durch Kasachstan, Richtung chinesischer Grenze. Wir garantieren Ihnen, dass Sie diese Landschaften des südöstlichen Kasachstans wieder sehen wollen! Immer wieder legen wir Stopps zum Fotografieren ein. Riesige Herden von Pferden grasen friedlich in der Weite der Ebenen und leichten Hügel. Jurten, ein paar Kamele und vereinzelte Reiter sind oftmals die einzigen Fixpunkte in einer scheinbaren Unendlichkeit, die dann doch von fernen Bergzügen begrenzt wird. Wir kommen nach Zharkent, den letzten Ort vor der chinesischen Grenze zur Übernachtung.

24.05. Montag 41. Tag Zharkent – Yinning Heute üben wir uns in Geduld. Wir sind gespannt, wie lange wir dieses Mal für die Grenzformalitäten brauchen. Beim letzten Mal brauchten wir sechs Stunden für die Ausreise aus Kasachstan und drei Stunden dauerte es, bis wir die chinesischen Grenzposten verlassen konnten. Am Abend in der chinesischen Stadt Yinning feiern wir dann, dass dies der letzte Grenzübertritt war für die nächsten Wochen.

Von wegen feiern. Hab ich mich über die Einreise nach Kasachstan an meinem Geburtstag beklagt? Die wurde diesmal noch getoppt. zunächst hatten wir alles – wirklich alles! – Gepäck einschließlich der vielen inzwischen dazugekommenen Kleinigkeiten aus dem Bus nehmen und eigenhändig durch den Zoll schleifen müssen. Während ich nur einen Koffer aufmachen musste, dessen Inhalt flüchtig begutachtet wurde, meinen Laptop aus dem Rucksack holen musste, worauf der Zollbeamte nur begeistert sagte: „oh, Computer!“, ging es anderen schlechter. Von einer Mitreisenden wurde verlangt, dass sie ihr Passwort für den Computer (auf dem viel Geschäftliches war) bekannt geben müsse. Als sie sich weigerte, wurde ihr der Pass eingezogen. Sie musste mehrere Stunden auf die Rückgabe warten.

Nach mehr als 10 Stunden Warten auf einen Stempel für den Bus – wieder auf einer Terrasse und ihren Stufen, es gab keine andere Sitzgelegenheit – wurde uns schließlich gesagt, wir könnten aus dem Zollgelände heraus und draußen auf den Bus warten, der gleich käme. Draußen überfielen uns dann Scharen von Kasachen, die uns anboten, Geld zu wechseln, wovor unser Reiseleiter für China, Linus Schlüter, uns aber dringend gewarnt hatte, weil man dann leicht Falschgeld bekommen kann. Wir marschierten also, um dem zu entkommen, samt Gepäck etwa einen halben Kilometer weiter und warteten dann an einer Straßenkreuzung auf den Bus, der nicht kam und nicht kam und nicht kam.

Schließlich erfuhr Linus über Telefon, dass der Stempel (der aus der Hauptstadt Urumqi gefaxt werden sollte) nicht gekommen sei und der Bus über Nacht im Zollgelände bleiben müsse!! Nach einer weiteren Weile stießen dann auch der Scheff und unser chinesischer Führer Chi mit ihrem Gepäck zu uns. Wirklich phantastisch aber war, wie glänzend mit dieser verzweifelten Situation von den Veranstaltern unserer Reise umgegangen wurde. Während wir unser Gepäck an der Straßenkreuzung ließen, wo es von HP, Chi, Toli und Wolfram bewacht wurde, wurden wir von Linus erstmal in ein Restaurant zum Essen geführt. Inzwischen wurde ein chinesischer Bus organisiert, der uns zu unserem etwa eine gute Stunde entfernten Hotel fahren sollte.

Der allerdings war ein Abenteuer für sich. Knallharte Federung, enge, harte Sitze, wir spürten jedes Schlagloch. Als HP damit ankam, sagte er: „Wenn ihr darin sitzt, werdet ihr wissen, warum ihr so viel Geld bezahlt habt!“ So war es. Wir lernten „unseren“ Avanti-Bus wirklich noch einmal besonders schätzen!

25.05. Dienstag 42. Tag, Yinning – Sairam-See Während der Bus beim örtlichen TÜV (!) einer ausgiebigen Prüfung unterzogen wird, neue Führerscheine (!!), Nummernschilder und Fahrzeugpapiere (!!!) ausgestellt werden, haben Sie die erste Gelegenheit, sich an China heranzutasten. Sie werden begeistert sein von der Freundlichkeit und Offenheit der Menschen, ihrer Fröhlichkeit und Neugierde, mit der Sie Ihnen entgegentreten und den vielen Kontakten, die sich auch ohne Sprachkenntnisse ergeben. Am Nachmittag fahren wir in das Bergland und kommen an den Sairam-See.  Abendessen und Übernachtung.

Der Bus kam tatsächlich erst nachmittags aus dem Zoll heraus, und während der Scheff TÜV, Führerschein usw. hinter sich brachte, fuhren wir mit dem chinesischen Bus zum Sairam-See. Zunächst kamen etwa anderthalb Stunden Autobahn, das ging ja noch. Aber die war noch nicht fertig, deshalb kamen dann zweieinhalb Stunden Straße im Bau, sprich: eine von tiefen Schlaglöchern, Bodenwellen und Schräglagen durchsetzte Sandpiste, auf der wir mehr als durchgerüttelt wurden und ich manchmal Angst hatte, der Bus könnte umkippen. Der chinesische Fahrer mühte sich redlich, die vielen unendlichen Staub aufwirbelnden Laster und Tankwagen, die vor uns fuhren, zu überholen. Endlich hatte er es geschafft, da schrien wir: „Fotostop!!“ Denn vor uns erhob sich die halbfertige Autobahnbrücke, die in etwa 500 m Höhe über uns das Tal überqueren wird, das wir gerade so mühsam hochkrochen. Ein atemberaubender Anblick!

 

Danach hatten wir die ganzen Laster natürlich wieder vor uns.

Ansonsten: Alpen. Eine schweizerische Mitreisende sagte, als wir am Hotel, in dessen Nähe auch einige Jurten stehen: „Interlaken mit Jurten. Für mich schon ein eigenartiges Gefühl“.

26.05. Mittwoch 43. Tag Am See Ruhetag im Westen Chinas in einer grandiosen Gebirgslandschaft, die an einen riesigen See grenzt. Nomaden haben sich mit ihren Jurten in mehreren kleineren »Dörfern« an den Ufern des Sees niedergelassen, Pferde und Kamelherden bestimmen die weite Graslandschaft der Umgebung. Wer möchte, unternimmt eine Wanderung oder reitet mit dem Pferd aus, lässt sich die Jurten zeigen, trinkt Tee und kommt ins Gespräch.

Naja, mit Wanderung ist es nix für meinen gebrochenen Zeh. Ich habe einen kleinen Spaziergang gemacht und sitze jetzt, die Aussicht genießend, und schreibe. Es ist vier Uhr nachmittags, und der Avanti-Bus ist immer noch nicht da. Hoffentlich schafft er es, heute noch zu kommen! Tatsächlich: um 6 Uhr ist er endlich da. Wir sind gottfroh: wir hatten uns schon ganz heimatlos gefühlt. In dem Bus fühlen wir uns richtig zuhause.

27.05. Donnerstag 44. Tag Sairam-See – Urumqi Dann geht es nach Urumqi, Hauptstadt des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang in der Volksrepublik China. Xinjiang ist für seine ethnische Vielfalt bekannt. Es wird überwiegend von Turkvölkern bewohnt, von denen die größte Gruppe Uiguren darstellen. Islamistische und pan-türkische Organisationen der uigurischen Separatisten sorgen immer wieder für regionale Unruhen mit der Forderung nach Unabhängigkeit, da die Bevölkerung ihrer Ansicht nach einem Sinisierungsdruck ausgesetzt ist. Den nördlichen Teil der Region bevölkern größtenteils Kasachen, im Westen gibt es zahlreiche Minderheiten, darunter Kirgisen, Mongolen und Tadschiken. Schon seit dem Altertum war Xinjiang, durch den der größte Teil der östlichen Seidenstraße führt, Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Völkern und Stämmen.

Und in diesem Zuhause ging es heute nach Urumqi. Im Hotel: jedes Zimmer hat einen Computer, dessen Anschluss man aber herausziehen und an seinen Laptop stecken kann. Super. So kann ich dies endlich abschicken.

Barbara Volhard

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26Mai/10Off

Grenzen…

Die Fahrt zur kasachisch-chinesischen Grenze am Pfingstmontag beginnt um 6.30 h, bei 14 Grad Außentemperatur rollen wir unter einem frühsommerlich blaustrahlenden Morgenhimmel nach Osten. Es ist so klar, dass links wie rechts die schneebedeckten drei- bis fünftausend Meter hohen Gebirge nicht nur zu erahnen sind, sondern überdeutlich am Horizont über der kasachischen Ebene schweben. Nach einer dreiviertel Stunde ist Schluss, am ersten Vorposten der Grenze stehen bereits zwei chinesische Busse und warten. Kleinbusse fahren vor, werden auf einem Seitenstreifen an uns vorbeigeleitet. Wir aber warten, mittlerweile sind weitere große Busse bei uns eingetroffen. Nach einer Stunde kommt Bewegung auf, ein kasachischer Zöllner kontrolliert alle Pässe, wir passieren eine Schranke, bilden nach knapp fünf Kilometern Fahrt erneut einen Omnibuskonvoi. Weitere Passkontrolle, neuer Schlagbaum und wir stehen vor dem eigentlichen Zollhof. Alle Fahrgäste steigen aus, Wolfram und ich steuern den Bus in die Halle, in der die Fahrzeuge untersucht werden. Ein blau Uniformierter schüttelt uns die Hand, füllte einen Zettel aus und ruft einen grün Gekleideten mit hoher Mütze herbei, der uns zum ersten Büro führt. Keine fünf Minuten später haben wir den ersten Stempel, nach einer Viertelstunde im nächsten Büro den zweiten, dann den dritten... In eineinhalb Stunden sind alle sechs Stempel auf unserem Papier, nach einer kurzen Kofferraumkontrolle und einem Kaffee mit den Zöllnern aus unserer Espressomaschine rollen wir aus der Halle, beklatscht von unseren wartenden Mitreisenden Richtung chinesischem Schlagbaum. Mein Angstgegner kasachischer Zoll, der uns vor zwei Jahren sechs Stunden lang in brütender Julihitze schmoren ließ und nicht ausreisen lassen wollte, hat sich als freundlichste Abfertigung der letzten Wochen erwiesen.

Dieses Mal sind es die Chinesen, die nicht wollen. Sie lassen den Bus nicht durch! Die Passagiere werden abgefertigt, warten auf der Ausreiseseite des Zollgebäudes, aber der Bus bleibt bei der Einreise stehen. Ich darf nicht fahren. Stunden um Stunden vergehen. Ein Fax aus Urumqi, der Hauptstadt der westlichen, autonomen Provinz Xinjang, das die korrekte Anmeldung unseres Fahrzeugs beim chinesischen Zoll bestätigen soll, trifft nicht ein. Es ist auch nicht gegen halb sieben am Abend da und die Grenze schließt um sieben. Längst haben wir mit der Umsetzung von Plan B begonnen. Während unsere Gruppe im Grenzort zu Abend isst, trifft ein chinesischer Bus ein, der uns nach Yining bringen soll, wo wir unser Hotel haben. Ein optisch gefälliger Higer-Bus ist es, aber als wir losfahren, verstehen unsere Mitreisenden, welche Welten zwischen unserem und einem chinesischen Bus liegen! Unser roter SETRA bleibt im Zollgelände, wir sollen morgen wiederkommen.

 Mit den beiden chinesischen Führern fahren wir - also Wolfram, der als zweiter Fahrer in China dabei ist und Toli, unser Mechaniker - am Dienstag mit dem Taxi die 80 Kilometer zum Zoll zurück. Und während unsere beiden Chinesen wieder verhandeln und telefonieren, bringen wir den Bus auf Hochglanz. Bis zur Mittagspause des Zolls tut sich sonst nichts. Dann kommt Che, einer der beiden chinesischen Begleiter und eröffnet uns, dass es vielleicht noch zwei Tage gehen könnte, und dass es immer noch am Hauptzollamt in Urumqi liegt, dass wir stehen bleiben müssen. Plan C tritt in Kraft: Die Gruppe wird von Yining aus mit einem chinesischen Bus an unser nächstes Ziel gefahren, den Sairam-See. Unsere Laune ist auf dem Tiefpunkt. Es kann noch zwei Tage gehen, bis wir hier herauskommen. Und dann ist immer noch der chinesische TÜV zu erledigen, ein neues Nummernschild zu machen und unsere chinesische Führerscheinprüfung abzulegen. Super!

 Aber um 16.30 Uhr, wir drei haben es uns im Bus bequem gemacht und dösen vor uns hin, ruft es plötzlich: "Los, fahren, fahren, der Bus darf durch!" Welch eine Erleichterung! Der Bus geht durch! Nur noch die Formalitäten sind zu erledigen. Auf der neuen Autobahn donnern wir nun im roten Blitz nach Yining. Dort wartet ein Polizeifahrzeug, das uns zum TÜV bringen soll, zur Zulassungs- und Führerscheinbehörde. Hinter dem Polizeifahrzeug haben wir freie Fahrt, es gibt keine roten Ampeln mehr und auch keine Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts, denn die Zeit drängt und die Ämter schließen bald. Wir schaffen den TÜV, wir brettern mit Karacho hinter der Polizei zum Landratsamt, wir bekommen unser chinesisches Nummernschild - aber den Führerschein schaffen wir heute nicht mehr. Schon für das Nummernschild haben die Beamten Überstunden gemacht, aber der Arzt, der unsere Fahrtauglichkeit untersuchen soll, ist längst zu Hause. 
Und so gehen wir ins Hotel und entdecken vis-a-vis einen Platz mit vielen kleinen Garküchen, wo es duftet, brutzelt, schmort... Hammelfüße, Schafsköpfe, Innereien, Eintöpfe, Spieße, frisch gezogene Nudeln: Jetzt sind wir wirklich in China. Den Führerschein machen wir morgen. Und dann fahren wir der Gruppe hinterher zum See in den Bergen...

Hans-Peter Christoph

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25Mai/10Off

China & Schafskopf

Für alle, die sich fragen, wo die Reisenden geblieben sind, hier eine Nachricht von HP per SMS: "Alles in Ordnung so weit, Gruß aus Yinning/China."

Nun warten wir drauf, dass GPS wieder funktioniert. Schlamperei, das!

Sigrid Hofmaier

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23Mai/10Off

Nachlese von Sigrid & Klaus Ehrmann

Karlsruhe, 23.5.10

Seit sechs Tagen sind wir wieder „daheim“. Daheim? Was ist das? Über 4 Wochen war es eindeutig ein großes rotes Vehikel auf drei Achsen mit 10 Rädern, an dessen Fenster weite Landschaften vorbeigleiten, sanfte begrünte Hügelketten, am Horizont wild zerklüftete rote, gelbe und braune Felsformationen, dann unendliche Sandflächen, jetzt im Frühjahr gesprenkelt mit grünen Büschen und dazwischen ein Haufen schwarzer und brauner Punkte, Schaf- und Ziegenherden, Kamele.

Die Bilder werden klarer, Venedig taucht wieder auf. Die verwinkelten Gassen und kleinen Kanäle sind von der hohen Warte des Sonnendeck der auslaufenden Fähre im Gewirr des Häusermeeres mehr zu erahnen, die Hafenfront öffnet sich und bietet einen grandiosen Blick auf die Häuser am Canale Grande und den Markusplatz. Langsam werden die Bilder flauer und Venedig versinkt im Dunst. Dafür drängen sich die Moscheen Istanbuls in den Vordergrund, die mächtigen Kuppeln der Blauen Moschee gegenüber der Hagia Sofia, dahinter in einer schmalen Gasse zwischen dem Topkapi-Palast die Holzhäuser unseres Hotels mit den Guillotine-Fenstern- Inge wird sie wohl kaum vergessen. Mir fällt die Aufregung ein, als es hieß, Inge sei durch ein herabstürzendes Fenster ziemlich verletzt worden, die Erleichterung, als die Nachricht kam, sie könne wahrscheinlich am nächsten Tag wieder das Krankenhaus verlassen und die Freude, als sie – zwar mit Beule an der Stirn, grün- blauem Auge und genähter Lippe - wieder vor uns steht. Das Hotel - ein Kleinod von Museum- reizend und in der Lage nicht zu übertreffen.

Fauchend jagt der Brenner meterlange Flammen in den Bauch des Ballons, wir steigen langsam auf, die in Stein gehauenen Pilze Kappadokiens unten werden kleiner, zwischen den Felsformationen tauchen ringsum in der aufgehenden Sonne Dutzende roter, grüner, blauer und gelber Ballons auf. Unendliche Farbenpracht. Dann wird der Schatten unseres eigenen Ballons an eine gegenüberliegende Felswand geworfen, wir scheinen in dem Felsenmeer zu versinken. Vor uns ziehen die Spitzen von Pappeln vorbei, die Blätter zum Greifen nahe. Die Pilotin steuert uns sicher durch den ganzen Irrgarten. In ständigem Auf und Ab tun sich immer neue Perspektiven auf.

Jetzt nur ein kleiner Gedankensprung – real waren es 2 Tagereisen –: Der Ararat mit schneeweißer Kuppe scheint alles zu überragen. Die ganze Umgebung scheint nur dafür gemacht, diesen Berg imposant und mächtig erscheinen zu lassen. Man fühlt sich klein und winzig angesichts des mächtigen Massivs, versteht plötzlich, warum sich so viele Legenden um diesen Berg ranken, warum Noahs Arche gerade hier wieder Grund unter den Kiel bekam.

In rascher Folge fliegen Bilder aus dem Iran an mir vorbei, blaue und grüne Kuppeln von Moscheen, farbenprächtig ausgestatte Iwane, die Brücken von Isfahan, das pompöse Abassi-Hotel und das wunderschöne Bali-Hotel in der Wüste.

Dazwischen bleibt eine Reihe von Bildern hängen- der Versuch unserer Damen, im Vorhof der großen Moschee von Quom ihre Leiber mit einem Tschador zu verhüllen, um ins Innere der Moschee gelangen zu können. Ein Gewirr von Armen und Leibern, die versuchen sich mit dem Stoff zu verhüllen, immer wieder taucht hier und dort ein Arm auf, das Gesicht ist plötzlich ganz verhüllt und keine Sicht mehr, das Tuch fällt auf einer Seite zu Boden, die nächste tritt darauf… Der Tschador macht einfach nicht was er soll. Was bin ich froh, dass ich das nicht tun muss. Ich betrachte es amüsiert und lese in den Gesichtern der umstehenden Iraner/innen: Es geht ihnen ähnlich.

Ich sitze vor dem Bildschirm und hinter der Schrift wird das große Heiligtum der Schiiten eingeblendet - die Anlage von Maschhad. Goldene Kuppeln lösen grüne Innenhöfe mit silbernen Iwanen ab, mit Kristallspiegeln ausgelegte Eingangstore werden überlagert von bizarren Minaretten in allen Farben.

Ihr seht, die Reise hat mich noch voll im Griff, es könnte stundenlang so weitergehen, durch Turkmenistan mit Mary, den Vorbereitungen für die Siegesfeier am 9. Mai, die turkmenische Hochzeit am Abend, über Merv nach Uzbekistan durch Buchara, Samarkand und zum Schluss Taschkent.

Eigentlich habe ich mich nur vor den Bildschirm gesetzt, um Euch zu sagen, dass ihr phantastische Reisebegleiter (incl. Reiseleiter und Fahrer) wart und seid, die mit dazu beigetragen haben, aus einer interessanten Reise ein unvergessliches Erlebnis zu machen. Gerne wären wir noch länger im Bus mit Euch geblieben, auch die 11-stündige Wartezeit an der Grenze verliert dabei ihre abschreckende Wirkung.

Als kleines Dankeschön und um Eure Neugier weiter wach zu halten, sofern überhaupt nötig, haben wir uns ein kleines Bilderrätsel ausgedacht:

Zu Bild A1- A3:

   

Wie heißt dieser See (chin. Bezeichnung)?
(Hinweis: Er liegt ca. 50 Km westlich entfernt von einer Stadt, die die Chinesen Wulumutschi aussprechen. Lt. Wikipedia Heute pilgern täglich tausende Touristen von Nah und Fern dahin.)

Zu B1 – B2:

 
Wie ist der Name dieses Minaretts und wann wurde es gebaut?

Zu C1- C2:

 
Wo stehen diese Gebäude und wozu werden sie gebraucht?

Zu D1:


Wie heißt dieser See (dt. Übersetzung)?

So, seid also weiterhin schön aufmerksam auf eurer Reise, sprecht mit den Menschen, dann dürfte Euch die Lösung nicht schwer fallen. Übrigens, es warten attraktive Preise und teilnehmen kann jeder, der im Bus sitzt oder auch nur eine Teilstrecke mitgemacht hat… Bei mehreren richtigen Antworten entscheidet das Los, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 23.7.10, 12 Uhr und die Anwort ist zu richten an kde@bs-line.de.

Mit lieben Grüßen aus Durlach

Klaus & Sigrid

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21Mai/10Off

Heidi Bisang: Kasachstan – Kirgistan

Liebe Daheimgebliebene,

Reisen ist schön, manchmal – zugegeben ganz selten – kann’s auch etwas an den Nerven zerren, davon will ich Euch heute berichten.

Rekorde

Am letzten Montag um 8Uhr h sind wir in Taschkent losgefahren Richtung Kasachischer Grenze. Um 9.15 Uhr waren wir schon da, der Scheff kam vom Zollhüsli zurück und berichtete, dass gerade Znünipause sei, wir sollten noch ein wenig im Bus bleiben. Schon 10 Minuten später hieß es aber, aussteigen und vorwärts Marsch zur Passkontrolle. Die ging recht zügig voran, unsere Barschaften hatten wir am Vorabend gezählt, wir mussten nur noch das Formular (kannten wir ja schon von der Einreise her) ausfüllen. Keine/r von uns wurde kontrolliert, weder Gepäck noch Moneten, innert 3/4 Stunden waren wir durch. Weiter also zur Passkontrolle der Kasachen, auch da ging’s wie durch Butter. Alles in allem waren wir nach nur 90 Minuten durch und vor dem Zollgebäude auf kasachischem Boden, der Bus konnte kommen. Aber der kam nicht und kam nicht und kam nicht. Dafür kam der Scheff, die würden mal wieder um einen Stempel streiten. Der Agent ließ sogar in die Hauptstadt telefonieren und sich betätigen lassen, dass alle Papiere in Ordnung seien und alles seine Richtigkeit habe. Das interessierte den Oberzöllner am Grenzübergang aber nicht. Vermutlich hätte er sonst sein Gesicht verloren.

Kurz: Er ließ uns schmoren, buchstäblich, denn es war stinkheiß und der Schatten wurde immer rarer. Das Wasser ging uns aus und der Hunger meldete sich. Wir aßen, was noch so da war und durften gnädigerweise sogar Wasser mit aus dem Bus nehmen. Wir fingen an ein Kinderspiel zu spielen (wir würfelten Wörtlein und machten daraus Geschichten), so verging wenigstens die Zeit im Fluge und wir amüsierten uns königlich. Das wiederum passte aber dem Chefzöllner gar nicht: Wenn das Gelächter nicht aufhöre, würde er uns vom Platz weisen. Also hörten wir damit auf und unterhielten uns nur noch im Flüsterton, wir wollten ja um gar keinen Preis den nötigen Stempel auf den Autopapieren verzögern. Es nützte alles nichts. Ein netter Zöllner (wohl ein Neuling, der nichts zu verlieren hat) kam dafür mit einem Eis für Barbara, – die hatte nämlich an diesem denkwürdigen Tag Geburtstag – und nahm gerne Bestellungen für weitere Glacés auf. Seine Mutter brachte uns dann die Erfrischung und dazu noch jede Menge Riegel, die wir ihr natürlich alle abkauften. Nach 9 1/2 Stunden ausharren (1 Stunden ging durchs Uhr vorstellen drauf), um 19.45 Uhr, kurz vor Büroschluss um 20 Uhr, wurden wir dann endlich „freigelassen“, wohl weil ein Zöllner mitfahren wollte bis zu seinem 30 km entfernten Heimatdorf. 6 Stunden Autofahrt lagen noch vor uns. Uns war das wurscht, wir waren nur glücklich und froh, endlich in unserem roten Liebling zu sitzen und den Motor schnurren zu hören. Was für ein schönes Geräusch!

Auf halbem Weg – kurz vor Mitternacht – hielten wir dann vor einer größeren Wirtschaft. Ich glaubte, wir bekämen höchsten noch ein Bier und die Brotreste des Tages. Denkste, die Wirtsleute rannten in die Küche und bereiteten für uns eine vollständige Mahlzeit zu: Suppe, Salat, Teigtaschen und Spießli à gogo. Ganz einfach köstlich und hinreißend. Das sollte mal eine Busladung Menschen in Deutschland oder der Schweiz probieren, vergebene Liebesmüh‘, solche Wirtsleute müssten erst mal er(ge)funden werden.

Um 5 Uhr morgens sind wir dann vor dem Hotel in Taraz vorgefahren. Ein nettes Haus – momentan zwar noch schwer in Renovierung – mit sauberen Zimmern und vor allem einem tollen Frühstücksbuffet bis 11 Uhr!! Wir konnten ausschlafen. Mir kam’s vor wie an der Fasnacht: Beim Morgengrauen ins Bett, 5 Stunden gut schlafen, schön frühstücken und dann wieder ab uf d’ Gass.

Um 12 Uhr mittags sind wir dann wieder losgefahren. Diesmal gerüstet mit mindestens 1 Liter Wasser pro Nase, mit süßen Brötchen und salzigen. Mit Spielen (die man „leise“ spielen kann) und mit genügend Lesestoff, denn unser „Angstgegner“ lag ja wieder vor uns, wir mussten raus aus Kasachstan und rein nach Kirgistan.
Doch erstens kommt es anders... Wir Fußgänger kamen – wie schon am Vortag – zügig durch und ließen uns häuslich auf Mäuerchen nieder, da kam auch schon – wie eine Fata Morgana – unser Bus angebraust. Der Jubel war groß! Es gibt sie also doch noch, Grenzübergänge ohne Schikane! Jetzt bleiben uns nur noch zwei Grenzen, morgen zurück nach Kasachstan und am Montag die Überfahrt nach China, wir sind gespannt, was uns da blüht. Eines ist ganz sicher: Wenn wir die Chinesische Grenze hinter uns haben, wird ganz groß gefeiert. Prost!

Ein Land, zwei Zeiten: von Neuneinhalb- zu Anderthalbstunden.

Halbzeit in Kirgistan

Wir sagen Kirgistan, so wie es die Kirgisen auch tun, da kann das EDA (CH) und das Auswärtige Amt noch lange Kirgisistan sagen.

Wir sitzen in Bishkek und feiern Halbzeit unserer Reise mit einem völlig freien Tag. Im Gegensatz zur bisherigen Reisezeit kommt uns die Zeit hier (4 Nächte) wie „richtige“ Ferienzeit vor. Ein Hotel mit Swimmingpool, eine Bergkette höher und länger als die Alpen, eine Landschaft (fast) wie Interlaken, was will man mehr. Mal nicht in der großen Gruppe durch die Gegend ziehen, sondern zu zweit oder dritt auf Erkundungstour gehen. Und vor allem nicht in der großen Gruppe essen gehen, für mich zu Beginn der Reise (jetzt habe ich mich daran gewöhnt) der Albtraum schlechthin denn...

Herr Ober, zahlen

Kann mir jemand sagen, weshalb in Deutschland (und leider auch in gewissen deutschschweizer Orten, Basel gehört zum Glück nicht dazu) alle immer einzeln bezahlen wollen? Wenn 6 Badener im Wirtschäftle – jeder bei einem Viertele und einem Wurstsalätle sitzen – dann wird 6 mal einzeln bezahlt, so wurde ich belehrt, das gehöre sich so. Dass in der ganzen übrigen Welt tischweise abgerechnet wird, kümmert sie nicht, sie beharren auf Einzel-Bezahlung. So auch bei etlichen unserer ReisegenossInnen. Das führt dann zur grotesken Situation, dass an jedem Tisch (mindestens) eine/einer auf Einzelrechnung besteht (denn er/sie hatte ja „nur“ eine Suppe und die anderen Spieße). Die Differenz Suppe zu Spieße beträgt notabene höchstens 25 bis 30 Cents!!! Dass das Brot und oft auch der Tee, die ungefragt auf die Tische gestellt und auch konsumiert werden, auch bezahlt werden müssen, wird dabei einfach vergessen. Weil unsere lokalen Reiseleiter mit den jeweiligen Wirten (global) abrechnen, entstehen Fehlbeträge, die dann halt doch auf alle umgelegt werden müssen, sollen sie nicht am jeweiligen Reiseleiter hängenbleiben.

Manchmal versteh ich die Welt nicht mehr. Aber die Hoffnung bleibt: In China ist nichts mehr mit Einzelabrechnung, da bestellt jede/r 1 bis 2 Gerichte, die dann mitten auf die Tische gestellt werden, wo sich dann alle an allem erlaben. Die kleinen Differenzen bei den Getränken (ich hatte Bier, Du trankst Wein, er/sie nur Wasser) werden dann hoffentlich unter uns zu lösen sein und nicht auf dem Buckel der Kellner. Ich will mich nicht mehr schämen müssen!!

Soviel für heute, wir wünschen Euch allen schöne Pfingstfeiertage mit endlich schönem Wetter (diesbezüglich hören wir nur Horrormeldungen aus Europa).

Heidi Bisang

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18Mai/10Off

Bishkek

Seit gestern Abend können wir den Bus nicht mehr "sehen". Das liegt daran, dass in Kirgistan die GPS-Ortung nicht funktioniert.

SMS von Hans-Peter Christoph,17.24 Uhr:
"Bishkek! Alles wunderbar, Blick auf die Berge, ein Traum das alles. Und tolles Essen, super Stimmung."

Sigrid Hofmaier

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16Mai/10Off

Samarkand

Neue wunderbare Fotos von Anatoli Reklin aus Samarkand

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16Mai/10Off

Inge Stagneth: Von Täbriz nach Samarkand

27. April Täbriz

Mit Reza bewundern wir die „Blaue Moschee“. An einer Stelle sehen wir ein Blau, als ob es aus dem Ozean kommt. Ich beneide zwei Iraninnen, die die Kunst beherrschen, in Speckstein kunstvolle Formen zu zeichnen. Diese werden mit Farbe ausgemalt und gebrannt. Beim anschließenden Besuch des Museums treffen wir auf Schulmädchen, die kaum fassen, was sie sehen. Wir fühlen uns im Blitzlichtgewitter wie Stars. Sie zeigen auf uns, kichern, fotografieren mit ihren Handys bis sie das Zutrauen fassen, uns anzusprechen. Selbst die Lehrerinnen sind nach anfänglicher Skepsis stolz, sich mit uns fotografieren zu lassen. Die Jungs die uns beim Hinausgehen begegnen, sind da zurückhaltender. Verstohlen schauen sie zu uns hin. Sie dürfen keine Frauen anschauen, aber lachen dürfen sie. Einer fasst sich ein Herz, er spricht Tibor an und der Freund macht mit seinem Handy ein Foto.

Den Nachmittag verbringe ich mit zwei Mitreisenden im Bazar. Es ist herrlich, durch die Gassen zu schlendern und die Gerüche, Farben und die Menschen aufzunehmen. Wir sind für die Iraner so exotisch angezogen, dass sie stehenbleiben, sich umdrehen und vor allem lachen. Für die Männer ist es unverständlich, dass wir allein ohne männliche Begleitung unterwegs sind. Wir prüfen des Öfteren, ob unser Kopftuch richtig sitzt.

Halbwüchsige Jungs laufen hinter uns her und unterhalten sich lautstark und prusten vor Lachen. Im Geschäft - wir möchten uns von den wunderbaren getrockneten Früchten kaufen - schaut uns der Verkäufer nicht an, da er das ja nicht darf. Ich versuche mit ihm in Kontakt zu kommen, aber es ist nicht möglich. Schließlich ruft er seinen Chef und dieser bedient uns mit ausgesuchter Höflichkeit. Ich kaufe mir eine lange Bluse, um dann festzustellen, dass diese mir viel zu groß und wahrscheinlich für die Iraner zu bunt ist. Aber wir sind sowieso „bunte Vögel“, also wenn ich den Mut aufbringe, werde ich die Klamotte mal anziehen. Todmüde kommen wir ins Hotel, nachdem ich zuvor Birgit immer wie ein Kleinkind fragte: Wie weit ist es denn noch? Haben sie vielleicht das Hotel versetzt? Doch es klappt. Das Hotel ist noch da und zunächst schlafe ich erst mal eine Stunde.

Nach dem Abendessen ist die Welt in Ordnung. Doch die Nacht ist nicht gut, denn durch die Tür Ritze zieht Zigarettenrauch vom Nebenzimmer in meines. Der Raucher oder die Raucherin ist die ganze Nacht sehr aktiv.

28. April Täbriz - Teheran

Der Himmel ist bewölkt aber es ist warm und so fahren wir frohgemut von dannen. Nach zwei Stunden Fahrt wird der Bus von der Polizei angehalten. Es fehlt wohl ein Papier oder ein Stempel, der es uns erlaubt, Täbriz zu verlassen. Hans-Peter wird angewiesen, dem Polizeiauto nachzufahren. So befinden wir uns auf der Rückfahrt nach Täbriz . Wir haben die Hoffnung, unterwegs den Stempel zu bekommen, denn immerhin liegt heute eine Strecke von ca. 700 km vor uns. Aber wir müssen die 2 Stunden bis Täbriz zurück.

Vor einem, wie wir denken, Gefängnis parkt unser Bus. Hans-Peter und Reza fahren mit dem Taxi in die Stadt und wir vergnügen uns derweil in einem kleinen Park mit Keksen und Wasser. Leni will erkunden, was es mit dem Gebäude wirklich auf sich hat ,aber zwei Wärter begleiten ihn nach draußen. Um 15 Uhr dann endlich kommen die beiden zurück. Reza hat Brot eingekauft etwas Käse und Wurst haben wir noch vom Picknick übrig. so geht es wieder los, mit der Auflage, dass wir an jeder Polizeistelle auf der Autobahn uns einen Stempel geben lassen müssen. Beruhigt können wir nun den Iran durchfahren. Was ein Glück, dass wir Reza haben, denn ohne persische Sprachkenntnisse wäre es sehr schwierig hier in so relativ kurzer Zeit klar zu kommen.

Das Wetter ist schlechter geworden, der Himmel ist schwarz, es blitzt und die Berge sehen dramatisch schön aus mit hellen Nebelwolken, die wie Wasser in die Täler fließen. Es regnet wie aus Kübeln und Schnee mischt sich in den Regen. Es ist, dunkel. Stefan muss beim Fahren sehr wachsam sein, denn die kleinen und großen Bodenwellen werden nicht angekündigt. Eine neue Mitfahrerin erwartet uns in Teheran und wir hoffen, dass sie nicht ungeduldig wird, wenn sie so lange auf uns warten muss.

Um 22.30 Uhr erreichen wir ohne weitere Probleme unser Hotel. Das Büfett ist noch nicht abgeräumt und wir können uns stärken. Das Zimmer ist sehr dunkel eingerichtet und im Bad ist es, na, solala. Ich schaue auf eine Straße, das Licht geht nicht richtig, aber wir gehen zum Essen. Doch ich bin viel zu müde - die Fahrt war sehr lang und so bin ich froh, bald im Bett zu liegen und mich zu fragen, worauf ich mich da eingelassen habe. Mein Bauch grummelt und ich habe Heimweh. Doch ich muss bald eingeschlafen sein, denn erst der Wecker weckt mich früh. Es geht mir wieder besser und auch das Heimweh ist fast weg.

29. April Teheran

Alle sind mehr oder weniger ausgeschlafen und mit Reza gehen wir los zum alten Stadttor und anschließend in das National-Museum. Hier werden wir erst einmal von Schülerinnen und deren Lehrerinnen in Beschlag genommen. Blitzlichtgewitter ergeht über sie und uns. Die Mädchen lachen und vergessen, warum sie im Museum sind. Im nächsten Saal sitzen junge Studentinnen und zeichnen. Hier ist die Lehrerin sehr streng. Birgit und ich essen am Rande des Bazars eine kleine Mahlzeit und stürzen uns dann in den Bazar.

Wir suchen die Moschee, die älteste von Teheran. Durch viele Windungen und Ecken und Fragen finden wir die Moschee. Stille. Ein großes Wasserbecken für die rituellen Waschungen spendet Kühlung. Zunächst beobachten wir nur, wohin die Frauen gehen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir hineindürfen. Eine Frau bedeutet uns, dass wir hineingehen können. So sitzen wir beide in dem kleinen abgetrennten Raum und lauschen dem Gebet des Imam. Die Männer antworten im Chor. Eine Frau stillt ihr Kind und ich bin tief berührt. Lange sitzen wir hier, bevor wir uns wieder in das Gewühl stürzen. Beim Verlassen der Moschee verlieren wir die Orientierung und laufen, laufen, laufen. Wir durchqueren einen großen Lagerraum, der in einem Innenhof endet. Die Tür, die auf die Straße geht, ist verschlossen. Also zurück. Ich male mir aus, wie wir hier im Bazar eingeschlossen werden und niemand in der Gruppe weiß, wo wir uns befinden,. Wie wir hier die Nacht zubringen… Aber wir finden den Weg, zumindest einmal zurück auf die Bazar-Straße. Hier lassen wir uns von dem Menschenstrom zu einem Ausgang treiben. Und wie vermutet, sind wir am anderen Ende herausgekommen. Jetzt laufen wir außen um den Bazar herum. Es regnet, aber tapfer laufen wir unsere Kilometer, die bestimmt die 10er Marke überschritten haben. An einer Bushaltestelle erklärt uns ein Busfahrer, der extra seinen Bus verlässt, den Weg zum Hotel. Den Abend verbringen wir gemeinsam mit der Gruppe in einem wunderschönen iranischen Restaurant. In dem Gebäude war früher eine Badeanstalt. Es ist so zauberhaft umgebaut, dass ich mich fühle wie in Tausendundeinernacht. Das Essen ist wunderbar und ich genieße es, mit netten Leuten zusammen zu sitzen und mich verwöhnen zu lassen.

30. April Teheran - Isfahan

Wir fahren nach Süden .Die Landschaft ist öd, Wüste, aber dennoch schön. Die Berge, karg .Isfahan unsere Partnerstadt erwartet uns. Unterwegs Aufenthalt in Qom. Es ist Freitag und hunderte Pilger sind unterwegs. Der Bus parkt außerhalb der Stadt und wir warten mit den anderen Pilgern auf einen heimischen Bus, der allerdings nur für uns reserviert ist. Die Frauen steigen, so wie es die Sitte vorschreibt, hinten ein, die Männer vorne. Das Gedränge in Richtung Moschee wird immer größer.

Am Eingang zum Heiligtum erhalten wir den Tschador, mit dem ich nicht umzugehen kann. Es ist ein langes Stück Stoff, welches so um den Körper zu schlingen ist, dass nur das Gesicht freibleibt. Der Hals muss bedeckt sein. Gott sei Dank hilft mir Reza beim Anziehen. Aber wie den Tschador von innen festhalten, sodass die Hände nicht zu sehen zu sind? Schuhe auszuziehen mit nur zwei Händen? Vier Hände sollte ich schon haben. Wir sehen sehr lustig aus. Ein junger Iraner tritt Sigrid hinten auf den Tschador. Der Schleier öffnet sich und beide lachen. Schnell alles wieder zusammennehmen, und wir laufen weiter hinter Reza her. Die Zeit drängt, denn nach Beginn des Gebets müssen wir das Heiligtum verlassen haben.

Ein Iman empfängt uns. Er redet etwas über den Islam, wir machen einige Fotos und in Windeseile verlassen wir die Moschee. Die Absperrungen sind schon da, das Gebet beginnt. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie so viele Menschen, Hunderte, dem Gebot Mohammeds folgen. Am Nachmittag erreichen wir unser Hotel, die ehemalige Karawanserei, das Abbasi-Hotel.

Von meinem Zimmer bin ich enttäuscht auch Birgit möchte nicht in ihrem Zimmer bleiben, so nehmen wir Doppelzimmer und sind glücklich, denn es ist im alten Teil des Gebäudes und der Balkon liegt zum schönen parkähnlichen Innenhof. Vor dem Abendessen laufen wir zum großen Imam-Platz. Es ist überwältigend, auf diesem Platz zu stehen, der als Poloplatz gebaut wurde und heute mit Wasserbecken, Rasen und Blumen als Erholungsort dient. Eingerahmt wird er von kleinen einstöckigen Gebäuden die im Inneren einen wunderschönen Bazar beherbergen-Es ist Freitag, viele Familien sind beim Picknick, spielen und erzählen hier. Wir kommen mit einigen ins Gespräch. Viele Kinder sprechen englisch und werden von den Eltern aufgefordert, dies mit uns zu sprechen.

Nach dem Abendessen kann ich es kaum erwarten, zur Brücke zu gehen. Es ist warm, es geht ein leichter Wind. Auf der Brücke herrscht reger Betrieb, die Menschen genießen hier den schönen Abend. Wir setzen uns unten ans Wasser und trinken Tee, beobachten die Leute, bis uns ein heftiger Windstoß zurück ins Hotel treibt und Regen mit Gewitter ankündigt. Wir sind in der Wüste und es regnet.

1. Mai Isfahan

Der Himmel ist bedeckt. Nicht so gut zum Fotografieren. Die strahlende Sonne fehlt. Das hält uns nicht davon ab, diese herrliche Stadt zu erkunden. Wir besichtigen den Palast der 40 Säulen, wobei sich 20 davon im Wasser spiegeln. Lassen uns von Reza die Bilder erklären und wissen nun etwas mehr über die Kriegsführung der damaligen Zeit.

Auf dem Imam-Platz steigen wir die hohen Stufen zum Musikzimmer empor, um von dort den großen Überblick über den Platz und einen Teil der Stadt zu haben. Im Anschluss daran nimmt mich die Moschee in ihren Bann.
Für mich wird es Zeit, mit Reza und Monika zum Zahnarzt zu fahren. Meine Lippe ist immer noch ein wenig dick und die Fäden stören mich. Mein Kopf scheint in Ordnung zu sein, denn lachen kann ich noch immer. Ein sehr netter jüngerer Mann erwartet uns. Er schaut mir in den Mund und ist der Meinung, dass ich die fehlende Ecke meines Zahns zuhause reparieren lassen soll, da er nicht die passende Farbe hat. Er erzählt, dass er oft in der Schweiz ist und erst vor einigen Tagen wegen der Vulkanasche Zwangspause in Genf einlegen musste. Außerdem kennt er Freiburg, wo er schon des Öfteren von Basel aus war. Die Fäden zieht er mir und ich bin fertig. Monika bekommt ihren Zahn gezogen und kommt erst später mit Reza im Taxi ins Hotel.

Am Abend laufen wir natürlich wieder zur Brücke und ich finde doch tatsächlich das Restaurant, in welchem wir 2002 mit der Städtepartnerschaft waren. Das freut mich natürlich. Wir essen gut und sitzen nachher noch im Garten unseres Hotels und trinken Tee.

2. Mai Isfahan

Die Freitagsmoschee ist ein weiterer Höhepunkt in Isfahan. Die vielen Säulen, die Muster und die wunderbaren Kuppeln brauchen Zeit, betrachtet zu werden. Es ist wunderschön, diese Formen auf sich wirken zu lassen und ich lasse mich in Gedanken in die Zeit von Tausendundeinernacht entführen. Wir sind zu Fuß vom Hotel hierher gelaufen und haben unterwegs die riesige Baustelle betrachtet. Isfahan bekommt eine U-Bahn und eigentlich sollte sie längst fertig sein, aber es kann noch dauern. Es ist abenteuerlich, so nah an dieser recht tiefen Baustelle vorbeizugehen und ich muss sehr konzentriert gehen, um nicht abzurutschen.

Für heute sind die Besichtigungen zu Ende. Ich habe Herbert versprochen, mit ihm nach einem Armband für seine Freundin zu suchen. So schlendern wir durch den Goldbazar und das macht hungrig. Die Aktion ist erfolgreich, zwar kein Gold, aber wunderschöne kleine Halbedelsteine. Gabriele gesellt sich zu uns, ebenfalls müde und hungrig. In einer Teestube lassen wir es uns gutgehen. Beim weiteren Einkaufen treffen wir auf andere Mitreisende und zusammen erstehen wir Tischdecken oder andere Waren, die es bei uns nicht gibt. Wir schauen, handeln und kommen glücklich zum Hotel zurück. Den Abend bleibe ich im Hotel, sitze auf dem Balkon und betrachte das Treiben im Park.

3. Mai Isfahan - Wüste

Wir müssen das Hotel einen Tag früher verlassen, da die Regierung Besuch bekommt und wir - ganz wie die Kinder, die ihre Kinderzimmer räumen, wenn Gäste kommen - ziehen weiter. Aber bevor wir Isfahan verlassen, schauen wir uns noch die zwei schönsten Brücken an. Der Fluss hat sehr viel Wasser und ich kann es kaum glauben, in der Wüste zu sein. Wir rollen weiter.

Viele haben heute etwas Kopfweh, vielleicht auch deshalb, weil Isfahan auf 1.600 Metern liegt. Die Landschaft ist grandios. Wir bestaunen die vielen Farben und Formen der Felsen, von grün, rot, gelb und das Weiß des Salzes. Unser rollendes Wohnzimmer setzt sich als Foto-Star in Szene. Hans-Peter wendet den Bus und fährt an uns vorbei, sodass wir ihn voll im Bild haben.

Und dann unsere ersten Kamele! Eine Herde von Stuten mit ihren Jungen will die Straße überqueren. Fotostopp! Die Stars sind jetzt die Kamele und der Bus. Toli, unser Mechaniker an Bord, wagt sich mitten in die Herde hinein, um „seinen“ Bus zwischen dem Höcker eines Kamels unterzubringen. Jürgen, unser Fernsehreporter, ist wieder bei uns und hat alle Hände voll zu tun. Hans-Peter und Ina freuen sich, dass wir so glücklich sind. Die Bemerkung von Reza, dass die Kamele wie Haustiere gehalten werden, kann unsere Begeisterung nicht bremsen. Nach ausgiebiger Foto-Rast geht es weiter. Eine ehemalige Karawanserei ist heute unsere Herberge. Die Zimmer sind einfach, aber die Freundlichkeit der Wirte und der Familie macht alles wett. Für den Sonnenuntergang fahren wir ein Stück von der Oase weg und wir erleben die untergehende Sonne vom Bus aus, was uns nicht hindert, das Ereignis zu genießen. Wir fahren noch ein Stück und kommen zu einem riesigen Salzsee. Jürgen fährt mit in einem PKW, um die Weite des Sees zu erleben. Das Abendessen ist liebevoll und sehr schmackhaft zu bereitet und ich schlafe wie in Abrahams Schoß. Dank sei der Regierung, die uns diesen unerwarteten Tag bereitet hat.

4. Mai Wüste – Sharoud

Früh ist wieder Abfahrt. Die Reisebeschreibung von Hans-Peter über die Landschaft die uns heute erwartet, hat nicht übertrieben: Die Landschaft ist einmalig und großartig. Ich genieße den Blick aus dem Fenster und das leichte Schaukeln des Busses. Wir sehen Seen, die keine sind, meinen Häuser zu sehen - Fata Morgana! Der Himmel ist nicht wolkenlos, zum Glück, denn die Wolkenformationen lassen herrliche Welten erahnen.

5. Mai Sharoud - Mashhad

Die Landschaft ist weiterhin großartig. Der Reiseprospekt hat auch für heute nicht zu viel versprochen. Wir fahren und schauen. Und tatsächlich: Das Unterwegssein kann schon zur Sucht werden. Die Einfahrt nach Mashhad ist beeindruckend. Unser Hotel liegt nicht weit vom Heiligtum entfernt. Die Gruppe wird das Heiligtum nicht gemeinsam besuchen und so gehen wir zu viert los, nicht ohne vorher einen Tschador zu kaufen. Denn, wenn wir den Tschador an der Moschee ausleihen, können wir uns drinnen nicht frei bewegen, sondern bekommen, wenn wir Glück haben eine Führung. Der Verkäufer hilft mir beim Anlegen des Tschadors und wir kommen problemlos durch die Kontrolle. Hunderte haben das gleiche Ziel. Hier ist das Heiligtum der Schiiten.

Die Ausdehnung des Geländes nimmt uns zuerst gefangen. Wir durchlaufen einen riesigen Innenhof, der von den Moscheen und Medresen umrahmt ist. Es geht weiter in einen anderen Innenhof. Hier stehen wir vor dem Heiligtum. Die goldene Kuppel leuchtet. Der Schrein, verborgen durch eine durchbrochene Steinmauer, steht vor uns. Die Menschen berühren ergriffen die durchbrochene Mauer und beten.

Birgit und ich sind mittlerweile allein, die beiden anderen sind zurückgeblieben. Wir betreten eine Moschee, die ganz mit Silber ausgeschlagen ist. Die Enge ist drangvoll. Wir lassen uns schieben, aber so richtig wohl ist es uns nicht. Wir sind Fremde hier und Ungläubige. Riesige Leuchter hängen von der Decke, laut werden Gebete vorgetragen. Die Menge schiebt uns durch die Moschee und ich bin froh, als ich wieder an der frischen Luft bin. Es wird dunkler, da beginnt ein lautes Trommeln, das einmal stärker, einmal schwächer klingt, mit Fanfaren dazwischen. Ich merke, wie ich in einen Zustand der Erregung komme. Die Menschen klammern sich an das Heiligtum und Birgit wird von der Menge mitgerissen in das Innerste. Ich bin froh, als sie nach einiger Zeit wieder herauskommt. Die Lichter sind nun angegangen. Die Minarette strahlen und es ist wie im Märchen. Ich hätte den Ausgang nicht mehr gefunden. Aber Birgit läuft zielsicher darauf zu. Die Innenhöfe sind nun mit Gebetsteppichen ausgelegt und das Abendgebet beginnt. Wir verlassen das Gelände und langsam lässt auch die Erregung nach.

6. Mai Mashhad

Früh beginnt heute der Tag. Ich bin auf dem Dach des Hotels, um mit drei anderen den Sonnenaufgang zu erleben. Aber dicke, schwarze Wolken decken den Himmel zu. Die Beleuchtung des Heiligtums ist trotzdem schön zu sehen und sowie es hell wird, gehen die Lichter am Heiligtum aus. Monika ist schon dort, denn am Vorabend wurde sie weggeschickt. Wie Ameisen sehen die Menschen aus, dort in dem Innenhof, den wir von hier aus sehen können. Schnell laufen sie von einer Seite nach der anderen.

Nach dem Frühstück steht Besichtigung auf dem Programm. Das wohlverdiente Mittagessen nehmen wir über einem See mit Blick in die Berge wieder typisch persisch, also auf dem Boden, ein. Das Fleisch wird direkt vor uns gegrillt. Gut erholt geht es weiter.

Der Nachmittag ist frei und nach dem Bazar-Besuch kaufen wir Ina einen Tschador, zunächst ist es sehr schwierig, denn er will bei Ina auf dem Kopf nicht halten. Das Kopftuch fällt, nachdem sie sich nach vorne beugt über das Gesicht und die dabeistehenden Iranerinnen müssen nun auch lachen. Dann bringt der Verkäufer eine Edelausführung mit Ärmeln und Kapuze, schwarz mit Silberstreifen vorne. Sie sieht richtig gut aus in dem Tschador, dass auch die Iranerinnen begeistert sind. Sie kommen, berühren Ina und wünschen ihr Glück. Ina ist sehr aufgeregt, als wir zum Heiligtum laufen. Ich auch. Bei der Kontrolle ist alles wieder gut. Heute ist Freitag und es sind noch viel mehr Menschen da als gestern. Die Trommler haben schon getrommelt, die Gebetsteppiche in der Moschee sind gelegt, aber wir kommen durch bis zu einer Moschee, wo die Familien sind. Wir sitzen eine Weile mit den Betenden am Boden, schauen wer kommt und geht und hören den Vorbetern zu. Dann wollen wir weitergehen, aber der Innenhof vor dem Allerheiligsten ist dicht besetzt mit Pilgern. Wir laufen zurück. Es ist eine für mich überwältigende Erfahrung, unter Hunderten von schwarzgekleideten Frauen, Hunderten von Männern, eine Ausländerin und Andersgläubige zu sein. Erkannt zu werden als Fremde, als Außenseiterin, geduldet zu sein.

8. Mai Mary - Merv

Schnell im Supermarkt Wasser kaufen und einsteigen in den Bus. Mary ist eine moderne Stadt mit vielen Bauten aus der Sowjetunion. Breite Straßen, die man jedoch leichter überqueren kann als die im Iran, auch weniger Verkehr. Elena entschuldigt sich dauernd für die schlechten Straßen und die Zimmer. Sie spricht sehr gut Deutsch und freut sich auf ihren Urlaub in Deutschland. Nachdem wir uns bei der Polizei haben registrieren lassen, fahren wir nach Merv, die alte historische Stadt. Wir besichtigen alte Steine und am Fuße eines kleinen Hügels können wir diesen besteigen und haben eine herrliche Aussicht auf das alte Merv. Hier gibt es kleine Seen und einen Bewuchs mit kleinen Bäumen und Büschen. Der Wind spendet Kühlung.

Im Hotel ist für mich erst einmal etwas Ruhe angesagt und dann schlendern wir, was wohl, durch den Bazar. Allerdings sehen wir noch einen kleinen Ausschnitt aus den Proben für den morgigen Tag der Befreiung. Ein Feiertag, der mit einem historischen Spiel auf der Straße begangen wird. Im Bazar sehen wir eine Braut fertig geschminkt und angezogen, starr wie eine Puppe im Schaufenster. Sie sitzt hier nicht zur Dekoration, denn wir werden sie am Abend in unserem Hotel sehen und vor ihr stehen. Denn als wir eintreffen, begegnen wir dem Brautvater. Er lädt uns ein und plötzlich sitzen wir beim Essen in dem Raum für die Männer. Ohrenbetäubende Musik beschallt die Gesellschaft. Wir essen und trinken und dann führt uns der Brautvater zum Brautpaar, das immer noch bewegungslos an seinem Platz sitzt und mit wechselnden Personen fotografiert wird. Wir haben eine kleinere Summe Geld an den Brautvater überreicht, der es seiner Tochter zusteckt. Ich tanze mit den Frauen und alles wird auf Video aufgenommen. Wir stehlen dem Brautpaar fast die Schau und so verabschieden wir uns. Trinken mit unseren Mitreisenden noch einen letzten Trunk und gehen in unsere zellenähnlichen Zimmer.

9. Mai Mary –Buchara/Usbeskistan

Heute bei der Abreise und bevorstehender Grenze heißt es wieder früh wegfahren. Um 8 Uhr stehen wir parat. Die Sonne scheint, nachdem es in der Nacht wieder geregnet hat. Wer unter uns der Regenmacher ist, haben wir noch nicht ausgemacht. Aber die Wolken folgen uns. Wir fahren durch die turkmenische Tiefebene. Und dann kommt ein großer Knüller: Wir überqueren eine Pontonbrücke, die über den Oxus führt. Einen solch breiten, reißenden Strom habe ich noch nie zu Fuß überquert.

Aus Sicherheitsgründen verlassen wir den Bus, bewaffnet mit Wasser, Sonnenhut und Sonnenbrille Oh weh, der Fluss hat Hochwasser. Dicht über dem Wasser geht die Überquerung los. Ein Kilometer liegt vor uns. Das Wasser bringt sehr viel Lehm mit, es ist braun und viele Äste werden mitgerissen. Kommt ein Lastwagen, biegt sich die Brücke fast 10 cm und ich muss sehr konzentriert gehen, damit ich nicht über diese Unebenheit stolpere. Wir laufen im Gänsemarsch, neben uns die Autos. Viel Luft zwischen den Pontons und dem Wasser gibt es nicht. Es dürfen keine Bilder gemacht werden wegen eventueller Spionage. Dafür hätte ich allerdings auch keine Zeit und kein Auge frei. In ungefähr der Mitte bleibe ich kurz stehen und versuche mir vorzustellen, ob ich wohl schwimmen könnte, wenn ich müsste. Bei dieser Strömung sicher nicht. Es ist ein gigantisches Gefühl, so der Natur ausgeliefert zu sein. Die Einheimischen beobachten aufmerksam den Fluss, um ggf. die Brücke zu sperren. Wir erreichen das Ziel und alle sind erleichtert, heil angekommen zu sein. Der Bus kann auch gleich fahren, da nicht viel Verkehr ist und Stefan nimmt uns in Empfang.

Die Fahrt geht weiter. Wir biegen von der Hauptstraße ab und finden einen schönen Platz am Fluss, wo wir Picknick machen können. Es ist wie immer so gut, dass ich wieder viel zu viel esse. Und dann stellt sich heraus, dass wir kurz vor der Grenze sind. Wir nehmen Abschied von Elena und verschwinden schon in dem kleinen Zollgebäude. Wir bekommen jeder ein Formular in zweifacher Ausfertigung in kyrillischer Schrift, das wir ausfüllen müssen. An der Wand hängt ein Muster auf Englisch, wie wir dieses Formular auszufüllen haben. Da zwei mit ihrem Formular schon durchgekommen sind, schreiben wir dieses ab und füllen etliche Spalten falsch aus. Ich schreibe auch, dass ich eine Turkmenin bin. Zum Glück übernehme ich nicht die Devisen. Ich komme noch durch, der junge Beamte schaut mich aber schon komisch an, wahrscheinlich denkt er, dass ich halt schon alt bin und ein wenig daneben. Die anderen, die bei mir abgeschrieben haben, müssen einen neuen Zettel ausfüllen.

Und doch sind wir auch dieses Mal schnell über der Grenze, nach 2 Stunden sitzen wir im Bus mit unserem neuen Führer Murat. Er ist ein bisschen streng mit uns. Aber wir gewöhnen uns aneinander. Er macht etwas langsamer und wir etwas schneller - je nachdem, wie viel wir fotografieren oder uns eben nach etwas anderem umschauen wollen. Wir sind jetzt wieder in einem großen Hotelkomplex untergebracht. Das hat den Vorteil, dass wir in 10 Minuten in die Altstadt laufen können. Eine besonders schöne Stelle ist dabei: An einer kleinen Kreuzung sind immer Kinder jeden Alters, die spielen, herumtollen und uns großen Spaß machen.

Zum Abendessen führt uns Murat zum „Laber-Platz“. Der Name kommt jedenfalls nicht von Laber-Laber, obwohl ich den Eindruck schon gleich am ersten Abend habe. Am Rand des Platzes sind Tische an einem kleinen künstlichen See installiert. Uralte Maulbeerbäume aus dem 14. Jahrhundert stehen hier und spenden Schatten. Enten und Gänse bevölkern das Wasser. Viele Menschen sitzen hier, Einheimische und Touris, genießen ein gutes Essen und labern. Bei dunkler Nacht, es gibt keine Straßenbeleuchtung, kehren wir zum Hotel zurück.

10. Mai Buchara

Mit Murat besichtigen wir heute Grabmäler, Medresen, Minarette, Moscheen. Es ist wunderbar, diese Bauwerke alle zu sehen und durch den Bazar zu gehen. Hier hat Murat allerdings größte Schwierigkeiten, uns Frauen von den Ständen wegzubringen. Er sagt zwar, dass wir am Nachmittag Zeit hätten, aber was versteht schon ein Mann, wenn wir Westlerinnen in einen so schönen östlichen Bazar kommen? Hunderte Dinge gibt es zu bewundern, zu betasten und zu überlegen, ob man diesen oder doch lieber jenen Gegenstand kaufen sollte. Es ist sehr schwül und das Gehen fällt schwer. Unser Regenmacher beschert uns heute ein tolles Gewitter, das wir in einer Medrese verbringen. Es schüttet, Murat will weiter, aber wir wollen im Trockenen bleiben und so schlendern wir durch die Säulengänge der Moschee oder Medrese.

Der Durchfall breitet sich in der Gruppe aus und immer wieder wird dringend ein Häuschen gesucht. Hans-Peter hatte uns ja schon gesagt, dass es uns einmal erwischen wird aber ich hoffe doch noch davonzukommen-
Also: Wir hörten und hören viel von der vergangenen und aktuellen Geschichte der Länder. Aber das will und kann ich nicht alles aufschreiben - schon deswegen nicht, weil ich keine Zeit dafür habe. Ich müsste, so wie heute, eine Nachtschicht einlegen. Ich nehme mir vor, zu Hause nachzulesen. Jetzt will ich einfach „erleben“!

Es ist wunderbar, durch die Stadt zu gehen und all diese großartigen Gebäude zu sehen. Um 18 Uhr gehen Monika, Birgit und ich in das Marionettentheater. Es ist sehr schön. Die jungen Leute spielen ein Stück in englischer Sprache, mit dem Inhalt, dass ein junges Paar zusammengeführt wird und heiratet. Es ist recht lustig, ich verstehe nicht alles, schlafe mal kurz ein, was Monika rechts neben mir auch passiert. Die Mädchen tanzen auch vor der Bühne in hübschen landestypischen Kleidern. Die Musiker sind drei junge Männer. Das Stück beginnt mit einem Trommler, der Zweite kommt in Windeseile von draußen und nach kurzer Zeit schiebt der Dritte sein Fahrrad hinter die Bühne und gesellt sich dann mit seiner Trommel dazu. Wir sind 13 Zuschauer und als Gastgeschenk erhalten wir ein kleines Deckchen als Andenken. Zum Schluss tanzt ein junger Mann mit einer auf den Bauch gebundenen Puppe den Hochzeitstanz.

Vor der Vorstellung hat Birgit schnell noch einen Termin für den nächsten Tag für uns drei im Frauen-Hamam gemacht und ich bin sehr neugierig, was da auf mich zukommt.

11. Mai Buchara

Was steht auf dem Programm? Moscheen! Also los. Wir besichtigen die Freitagsmoschee mit ihren Holzpfeilern aus Nussbaum und bemalt. Wir laufen zu dem großen Palast, sitzen dort und trinken Tee, bewundern einen Aussichtsturm aus der Sowjetzeit, besuchen das Museum und setzen uns mit der alten Zeit auseinander. Ich fahre mit dem Bus zurück zum Hotel, schlafe erst einmal eine Stunde und bereite mich dann auf den Hamam vor. Monika und ich finden den Hamam auch wieder und so gehen wir erwartungsvoll mit Birgit hinein. Es ist wunderbar. Die Wärme, die Massage und der Tee…

Leider kann ich heute Abend nicht mit zur Folklore und zum Essen gehen. Es scheint mich erwischt zu haben mit dem Durchfall.

12. Mai Buchara -Samarkand

Ich fühle mich schlapp, habe Bauchschmerzen, kann nicht essen, es ist mir einfach elend. Herbert geht es auch nicht gut. Er hat seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen, hatte Fieber und wir beide bilden heute das Lazarett, betreut von unserer „Schwester Maria Ina“ die für uns Bananen einkauft, Tee bereitet und uns gut zuredet. Wir sind also gut aufgehoben. Essen kann ich nicht viel. Ein wenig Brot… Beim Mittagessen legen Herbert und ich uns neben den Tisch und schlafen. Auch im Bus verschlafe ich heute fast den ganzen Tag.

Doch beim Besuch einer Seidenraupensucht, die heute nur noch von Familien durchgeführt wird, bin ich hellwach. Murat fragte auf der Straße, wohin wir wohl gehen könnten und ein kleiner Junge führt den Bus als unser neuer Guide zu seiner Familie. Das Dorf ist für mich auferstanden aus längst vergangenen Tagen. Der Backofen steht neben dem Haus. Hühner, Kühe, Kälbchen, Hunde laufen durch die Felder. Die Straßen sind unbefestigt. Es staubt. Schnell spricht sich herum, dass Fremde durch das Dorf gehen. Der rote Bus ist auch nicht zu übersehen. Der Bauer zeigt uns das kleine Haus, in welchem viele, viele Seidenraupen sich an den Maulbeerblättern sattfressen. Murat erklärt, wie die Entwicklung der Raupen vonstattengeht und wir sind begeistert von den freundlichen Menschen, die uns mit gleicher Neugier bestaunen, wie wir sie. Die ganze Gesellschaft begleitet die Fremden die Straße zurück zum Bus, den sie von allen Seiten betrachten.

Inge Stagneth

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15Mai/10Off

Wüste, wilde Tiere, Salz, Geld und Montezumas Rache

Liebe BlogleserInnen,

Wie schnell doch die Zeit vergeht, eigentlich wollte ich mich früher melden, unsere Tage sind aber so ausgefüllt mit Sightseeingtouren, dass ich abends todmüde ins Bett sinke und das Blogschreiben schwänze. Sorry, Verzeihung, ’tschuldigung.

Die Wüste

Nachdem wir in Isfahan einen Tag früher als vorgesehen abfahren mussten (das Hotel brauchte unsere Zimmer), konnten wir den langen Weg nach Sharoud ganz gemütlich innert 2 Tagen unter die Räder nehmen. Das „Ausweichhotel“ in Khor entpuppte sich als wahrer Glücksfall. Das Balihotel ist ein Juwel. Eine kleine, ehemalige Karawanserei, liebevollst restauriert und als Familienbetrieb geführt. Der Papa, ein drahtiges Männchen mit Kraushaar, listigen Äuglein und einem Schnauz samt seinen bildschönen Töchtern und Söhnen. Die Mama ist in der Küche und kocht wie ein Herrgöttlein. Die Eingangshalle ist in der Mitte abgesenkt, mit Spring-Brünneli und gefliesten (und natürlich teppichbelegten) Bänken drumherum. Hier lässt’s sich gut sein. Der Tee kommt auch schon bald in Form von Thermoskannen mit Wasser und Teebeuteli (der einzige Stilbruch). Mein Zimmer ist für persische Gäste eingerichtet (die Betten sind zusammengerollt und für mich ist ein Bett hineingestellt worden.), die Dusche/WC ist aber westlich, einfach und tipptoppsauber. Vögel pfeifen, Rosen blühen und ringsum nichts als Wüste und Stille - ein Traum. Jetzt sind wir wirklich in Persien. Der Vater erlaubt uns – da wir die einzigen Gäste sind – die Kopftücher auszuziehen, welche Wohltat, mal wieder den Wind in den Haaren zu spüren.

Vor dem Nachtessen fahren wir in die Wüste, den Sonnenuntergang zu genießen. Unser „rasender Reporter“ Jürgen und Doli (unser Mechaniker von Setra) wollen den Bus filmen/fotografieren, wie er in den Sonnenuntergang fährt. Die beiden jagen – chauffiert vom Sohn des Hoteliers – hinter, vor und neben uns her (frei nach James Bond) und filmen, mit dem Ergebnis, dass wir den Sonnenuntergang nur vom Bus aus erleben, weil die Kerle zu spät wegfuhren. Schön war’s aber trotzdem. Auf dem neben der Straße liegenden Salzsee konnten dann Bubenträume verwirklicht und im Auto über den See gerast werden (nein nicht im Bus, im Familienauto der Hoteliers).

Der nächste Tag brachte sie dann, die Fahrt durch die Wüste nach Sharoud. Der absolute Wahn. Erst Salzwüste, d.h. Sand und Kies von Salz überzogen wie Raureif, unterbrochen von schneeweißen Salzseen. Topfeben, ganz weit weg umrahmt von Bergen. Dann kam viel, viel Sand, mal hügelig, mal flach bis zum Horizont. Dann wieder Sandsteinformationen, die aussehen wie riesige Elefantenfüße (bis zu 20/30 Meter hoch), in allen Farben leuchtend (schwefelgelb, lindengrün, ocker, rosa bis rost- und dunkelrot, dazu eine Vielfalt an Beige- und Grautönen). Einfach unfassbar schön. Ein Paradies für Stoffdesigner.

Am Nachmittag werfen ein paar Cumuluswölklein schwarze Schatten auf die Erde, sodass man von Weitem meinen könnte, es habe dort gebrannt, beim Näherkommen lösen sie sich dann in nichts auf. Sanddünen mit wunderbaren vom Wind geblasenen Mustern und und und. Man muss es gesehen haben, es ist unbeschreiblich im wahrsten Sinne des Wortes. Landschaftlich könnte das der Höhepunkt unserer Reise gewesen sein.

Unser Guide hat uns erzählt, es gebe Tiger hier, Wüstenfüchslein und wilde Kamele. Wir fuhren und fuhren und fuhren – unterbrochen von vielen Fotostopps – aber, außer einem Käfer bei einem kurzen Halt, wollte sich partout kein einziges Tier zeigen. Einmal meinte ich ganz in der Ferne 3 Kamele zu sehen, sie entpuppten sich beim Näherkommen als Lastwagen. Aber es gibt sie doch, die Kamele: Kurz vor Sharoud, dort wo die Wüste im Frühjahr etwas Regen bekommt, hat eine ganze Herde direkt vor unseren Nasen die Straße überquert. Etwa 40 bis 50 Tiere, davon viele Jungtiere, wurden von 2 Hirten über die Straße auf ein anderes Feld getrieben. Von wegen „wild“ - die Leitkühe hatten Glocken an. Das war wohl ein Sprachproblem: Die Tiere weiden zwar unbeaufsichtigt, sie gehören aber selbstverständlich einem Bauern oder Kamelzüchter, der sie von Weide zu Weide treibt. Kaum waren wir wieder im Bus, sahen wir am Horizont zwei noch größere Herden.

Die Grenzen

Wie mühsam und zähflüssig und manchmal auch skurril die Grenzübertritte sind, wird Euch Barbara berichten. Ich will dazu nur so viel sagen: Wir haben es sehr zu schätzen gelernt, in einem Europa ohne mühselige Grenzübertritte leben zu dürfen.

Das liebe Geld

Der bisherige Höhepunkt unserer Geldwechslerkarriere erlebten wir hier in Usbekistan. Wie schon in Persien und Turkmenistan ist auch die Usbekische Währung nicht viel wert. Für einen Euro bekommt man 2.400 Sum (CYM geschrieben), die größte Note ist ein 1.000-Sum-Schein. Für meine 70 Euros bekam ich ein Plastiksäcklein mit einem ca. 10 cm hohen Turm von 1.000er, 500er, 300er und 200er-Noten (total 168.000 Sum). Wir gehen jetzt alle mit Plastiktüten einkaufen, unsere Portemonnaies sind viel zu klein fürs Usbekische Geld.

Es tönt zwar schrecklich teuer, wenn man für ein Essen (Suppe, Salat, Hauptgericht, inkl. Tee und Brot) 10.000 Sum hinblättern muss, umgerechnet sind’s dann aber nicht mal 5 € pro Menu. A propos Brot: Unser Guide hier in Turkmenistan hat uns berichtet, dass das Brot in Samarkand das Beste des ganzes Landes sei. Es stimmt: rund, luftig und meist ganz frisch (noch lauwarm) schmeckt es herrlich.

Aber auch das beste Brot schützt uns nicht vor
Montezumas Rache

Obwohl wir uns die Zähne mit Mineralwasser putzen (seit Turkmenistan), uns so oft es geht die Hände waschen und beim Essen aufpassen, werden auch wir nicht verschont. Der Dünnpfiff geht um! Der erste Blick beim Frühstück gilt dem Teller: Wer nur trockenes Brot isst oder gar nichts, den/die hat’s erwischt. Mich hat’s in der Nacht vor der Abreise von Mary nach Buchara hingehauen, ab Mitternacht bis zur Abfahrt um 8 Uhr pendelte ich vom Bett zur Seufzer-Toilette und zurück (ich hatte eine Klobrille aus mit Plastik überzogenem Schaumstoff, die beim Hinsetzen ein Seufzergeräusch von sich gab!!!). Ein Stückchen eingelegte Bitterwurzel, von Ina verabreicht, hat innert Minuten den Magen beruhigt und Immodium stopfte den Rest. Die Fahrt nach Buchara habe ich verschlafen und den – so schien mir – ewig langen Gang über die Grenze ließ ich in „Trance“ über mich ergehen. Zum Glück dauert die ganze Misere meist nur gute 24 Stunden (die schweren Fälle leiden bis zu 3 Tagen). Die schöne Nebenwirkung: Die Pfunde sind gepurzelt, die Hosen sitzen lockerer, ach, wenn’s doch so bliebe. Die meisten von uns haben’s bereits überstanden, darum verlasse ich jetzt getrost das unappetitliche Thema und komme zu den

Gärten

Die Städte in Turkmenistan und Usbekistan sind voller wunderschöner Parks und Blumenrabatten. Die Rosen stehen in vollster Blüte, viele wunderbare alte Sorten sieht man hier, solche, die noch duften. Der Garten in unserem Hotel in Mary, einem sehr einfachen Haus, war eine reine Augenweide, ein riesengroßes Monet-Bild in Natura. Wunderschön.

Auch hier, in Samarkand, bewundern wir – neben den vielen tollen Baudenkmälern – die schön bepflanzte Parkanlagen und Gärten.

Morgen geht die Reise weiter nach Taschkent. Dort werden wir uns von einigen Freunden verabschieden müssen, neue werden dafür dazukommen. Und wenn ich Glück habe, kann ich von Taschkent aus auch dieses Mail abschicken, hier in Samarkand will es nicht klappen, das dauert Ewigkeiten hier und wir wollen essen gehen. Die Hotels in den Zentralasiatischen Staaten scheinen noch sehr UdSSR-geprägt. Da ist das Personal nicht für den Gast da, sondern der Gast fürs Personal.

Seid alle ganz herzlich gegrüßt von der ganze Truppe und Eurem Schreiberlein

Heidi Bisang

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11Mai/10Off

Iran – Turkmenistan – Usbekistan

05.05. Mittwoch 
22. Tag Shahrud – Mashhad

Aus dem Katalog: "Auch heute sind wir viel unterwegs, unterbrochen vom Besuch einer alten Koranschule und den üblichen Pausen, aber ans Fahren haben wir uns mittlerweile gewöhnt, und morgen ist schließlich wieder ein Ruhetag. Auf Achse zu sein ist mittlerweile fast schon zur Sucht geworden, und die intensiven Eindrücke der persischen Landschaften sind einfach unglaublich. Am Nachmittag erreichen wir Mashhad."

Naja, Sucht? Ist wohl etwas übertrieben, aber ich empfinde die Fahrerei durchaus als erholsam. Der Bus ist sehr bequem, man lässt die Landschaft an sich vorüber gleiten, aber da sie nicht immer spektakulär ist, kommt man auch mal zum Lesen. Dann wieder teilt die liebe Ina Kaffee aus, und die Zigaretten- bzw. Pinkelpausen sind auch nicht zu weit auseinander. Aber die alte Koranschule hab ich ausgelassen, denn das Programm ist ja nicht Pflicht: ich habe lieber die pittoresken kleinen Läden fotografiert, die es in diesem von Touristen völlig unbeleckten Vorort von Shahrud gab. Die zeige ich euch später.

06.05. Donnerstag
23. Tag Mashhad

Aus dem Katalog: "Die Hauptstadt der Provinz Khorasan, die im Nordosten Irans an Afghanistan und Turkmenistan grenzt, liegt auf knapp 1.000 m Höhe inmitten eines wasserreichen Tales und ist eine der landwirtschaftlich produktivsten Regionen Irans. Bekannt ist Mashhad als bedeutendster Wallfahrtsort der Schiiten durch das Grab des achten Imam Ali Reza. Besichtigung verschiedener Denkmäler und Bauwerke, anschließend Mittagspause in einem schönen Ausflugsort der Städter in der Nähe von Mashhad. Der restliche Tag steht zur freien Verfügung, eventuell gibt es die Möglichkeit zur individuellen Besichtigung des Heiligtums."

Merkwürdiges Gefühl, so nahe an Afghanistan vorbeizufahren! Mashhad ist eine wirklich sehr sehr heilige Stadt, die heiligste Irans, sie kommt wohl gleich nach Mekka. Es gibt hunderttausende von Pilgern, die wie die Fliegen über diese ansonsten ziemlich uninteressante Großstadt herfallen und durch deren Gewusel man im Basar kaum durchkommt. Auffallend die vielen in schwarzem Tschador gehüllten Frauen, die dieses Tuch vorschriftsmäßig von innen (!), damit man auch ihre Hand nicht sieht, zusammenhalten.

Ein Wort zur Reisegruppe ist hier wohl angesagt: Nach wie vor gibt es keine Spannungen, und dabei hätten die hier ausbrechen können. Es gab nämlich unterschiedliche Ansichten darüber, ob es wohl angebracht wäre, das Heiligtum zu besichtigen oder nicht. HP berichtete, wie er sich vor zwei Jahren in dem Hotel in der Nähe des Heiligtums inmitten dieser zutiefst ergriffenen Menschen eigentlich unwohl oder deplatziert gefühlt habe. Einige von uns fanden daher, dass wir nicht dorthin gehen sollten, um die Leute zu beobachten, andere aber sind hingegangen. Wir haben uns unsere unterschiedlichen Meinungen zwar mitgeteilt, aber es kam darüber nicht zu Auseinandersetzungen. Man nahm die andere Ansicht einfach zur Kenntnis und tat, was man für richtig hielt.

Ich selbst habe mir überlegt, wie ich mich wohl gefühlt hätte, wenn ich, vergleichbar ergriffen – vielleicht am Grab einer mir sehr nahe stehenden Person – von einer japanischen Reisegruppe beobachtet worden wäre und bin nicht hingegangen.

Die Mittagspause an einem See war sehr schön. Wir lagerten auf Divans, das Essen wurde vor unseren Augen gegrillt, das hat großen Spaß gemacht (siehe Bild anbei).

07.05. Freitag 
24. Tag Mashhad – Mary 
Grenze Iran/Turkmenistan

Aus dem Katalog: "Fahrt von der iranischen Stadt Mashhad zur Grenze nach Sarakhs. Einreise nach Turkmenistan in Serahs. Befreites Aufatmen der Frauen: Die Kopftücher dürfen weg! Weiterfahrt in der turkmenischen Wüste bis nach Mary (ca.160 km ab der Grenze). Ein erstes Bierchen nach elftägiger Abstinenz. Wie »westlich« oder sowjetisch und wenig orientalisch uns nun alles erscheint. Abendessen und Übernachtung im Hotel in Mary."

In der Tat: Wir rissen uns jubelnd die verschwitzten und juckenden Dinger vom Kopf, und es war uns völlig wurscht, was für angeklatschte „Frisuren“ darunter zum Vorschein kamen! Eine Frau, die erst in Teheran zu uns gestoßen war, bekam uns das erste Mal ohne Kopftuch zu sehen! Sehr komisch, sie hatte keine Vorstellung davon, wie wir wohl „wirklich“ aussähen.

Grenzübergänge: Es wurde ja angekündigt, dass sie mehrere Stunden dauern könnten, und das taten sie auch. Zumeist heißt es Schlange stehen oder sitzen. Also: Erst muss der Beamte des zu verlassenden Landes einen Ausreisestempel in den Pass tun. Meist darf er das nicht alleine, ein zweiter muss kontrollieren, ob er das auch richtig gemacht hat. Dann halten wir uns eine Weile im Niemandsland zwischen den beiden Ländern auf, weil ja auch der Bus noch kontrolliert, abgestempelt werden oder sonstwas muss. Solange der Scheff nicht mit dem Bus wieder auftaucht, passiert erst mal nichts. Dann steigen wir wieder ein, fahren einige zig Meter durchs Niemandsland und steigen wieder aus. Jetzt heißt es wieder Schlange stehen. Dann muss ein weiterer Beamter einen Einreisestempel in den Pass tun, ein zweiter muss kontrollieren (siehe oben), ein dritter übernimmt die Gesichtskontrolle, ein vierter guckt auch nochmal in den Pass, ob denn auch alles mit rechten Dingen zugegangen ist, und ein fünfter muss noch ein Häkchen irgendwo hin malen.

Im Falle Usbekistan kam noch hinzu: Vor der ganzen Passgeschichte steht da ein weiß gewandeter Herr und hält jedem ein Messgerät vor die Stirn. Dann guckt er es an, dreht es herum, damit wir auch lesen können, was da darauf steht, z.B. 35,8, und sagt zufrieden: „norrrmalll“. Wir begreifen: Er ist Arzt und misst unsere Temperatur, damit wir auch ja keine Schweinegrippe ins Land tragen. Zum Glück hat gerade niemand von uns Fieber. Und dann die Zollerklärung. Natürlich auf kyrillisch, kein Mensch kann das lesen, und das ins Englische übersetzte Musterexemplar, das da oben an der Wand hängt, ist so weit oben und auch noch in winziger Schrift, dass man es auch nur mit Mühe lesen kann, und diejenigen, die kein Englisch können, schon mal gar nicht. Und so tragen dann einige das Einreisedatum als ihr Geburtsdatum ein, andere benennen ihr Geburtsland mit Turkmenistan und ihre Staatsangehörigkeit mit Usbekistan, Männer bezeichnen sich als weiblich und Frauen als männlich, es ist ein heiteres Durcheinander. Einige müssen wegen vieler Streichungen und Korrekturen nochmal ausfüllen, weil der arme Zollbeamte nicht mehr drauskommt.

Und dann sitzen wir wieder und warten, denn der Bus muss auch noch durch eine Art TÜV und dafür über ein ähnliches Loch fahren und von unten kontrolliert werden, wie unsere Autos beim TÜV auch, von der Kontrolle der Fahrzeugpapiere, der Versicherung, der Genehmigung, durchs Land zu fahren ganz zu schweigen, und erst dann können wir weiter.

11. Mai

Heute Nachmittag haben wir „frei“, ich aber habe genug vom Herumlaufen in Buchara, wo man an jeder Ecke bedrängt wird, Teppiche, Seide, Keramik, Metallziselierungen oder Schmuck zu kaufen. Ich habe vier Schälchen gekauft, als Mitbringsel, und vor dem Hotel sind sie mir dann aus der Hand gefallen und alle kaputt. Frust. Aber jetzt habe ich erst mal Zeit, mich an Turkmenistan zu erinnern.

Der Übergang vom Iran nach Turkmenistan bedeutete einen ziemlich abrupten Wechsel von so ziemlich allem. Wir bekamen sehr nette neue Führer: Elena, die gut deutsch spricht und Mussa, der perfektes Englisch kann. Aber auch sonst ein plötzlicher Wechsel: der Landschaft, der Gebäude, der Kleidung der Frauen, der Buchstaben und Zahlen, der Fahrweise der Autos und… und… und…

Wechsel der Landschaft: Im Iran sind wir ja meist durch die karstigen Gebirge der Wüste gefahren, jetzt wird die Landschaft für kurze Zeit sanft wellig, wandelt sich in Steppe, wo wir auch eine Kamelherde samt Hirten antreffen (angeblich gibt es hier auch wilde Kamele), aber urplötzlich wird das Land topfeben und saftig grün, unwillkürlich fühlt man sich an die nordamerikanische Prärie erinnert, wo man angeblich einen Hund drei Tage lang beim Weglaufen beobachten kann. Eine ungeheure Weite, immer wieder durchzogen von Bewässerungsgräben und von dem in Schleifen durch das Land geführten etwa Dreisam-breiten Kanal.

Dessen Wasser wird dem Amu Darya entzogen, der aus dem Pamir kommend das Land durchfließt und zusammen mit dem durch Usbekistan fließenden Syr Darya ursprünglich dem Aral See das Wasser zugeführt hat. Die ökologische Katastrophe des austrocknenden Aral-Sees wird allerdings auch hier deutlich: Das Salz des Seewassers, das jetzt nicht mehr gebunden ist, wird durch den Wind in diese turkmenische Ebene getragen (auch in die usbekische). Wir sehen immer wieder weiße Flecken. Zusammen mit der intensiven Bewässerung dürfte das bald zur Versalzung dieser fruchtbaren Böden führen.

Noch aber hat man drei Weizenernten (!) pro Jahr, oder aber man sät Winterweizen und anschließend Baumwolle. Die ist ein Hauptexportprodukt neben Bodenschätzen wie Öl und vor allem Gas. Etwa 40% der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, der Boden gehört dem Staat, kann aber gepachtet werden. Dann muss 70% dieses Bodens mit entweder Weizen oder Baumwolle bepflanzt und die Ernte an den Staat verkauft werden, und zwar zu einem inzwischen anständigen Preis, anders als zu Sowjetunion-Zeiten. Auf den restlichen 30% kann der Bauer anbauen, was er will und es privat verkaufen. Es gibt geschätzte 20% Arbeitslosigkeit (offizielle Zahlen werden nicht bekanntgegeben), das Land ist weder kommunistisch noch demokratisch, sondern folgt einem sogenannten dritten Weg, hat aber in vielem noch kommunistische Züge. Die Leute sind nicht gerade zufrieden, aber sie mucken nicht auf, denn, wie Elena erklärt, die Mieten sind lächerlich niedrig, Strom, Wasser und Gas gibt es kostenlos. Elena zahlt für ihre privatisierte Wohnung 70 Euro im Jahr (!), die staatlichen Wohnungen sind noch billiger.

Wechsel der Gebäude: Die Dörfer, durch die wir kommen, sind zwar ärmlich, aber doch nicht ganz so elend, wie manche iranischen Dörfer. Die im Iran durchgängig üblichen Flachdächer werden nun abgelöst durch Walmdächer. Der Einfluss der Sowjetunion ist deutlich sichtbar. Die Schrift an Geschäften und Straßen ist aber nur selten kyrillisch, sondern für uns wieder lesbar, auch die Zahlen: Die turkmenische Sprache ist mit dem Türkischen so eng verwandt, dass der Scheff, der etwas türkisch kann, die Turkmenen versteht. Und das Straßenbild wird bunter: Die Frauen tragen bildhübsche bunte lange Kleider, und ja, mit Kopftüchern, meist passend zum Kleid, aber schick nach hinten gebunden oder zu einer Art Turban, Hals, Dekolleté und Arme sind frei, also nicht mehr die triste schwarze Farbe, die von den meisten Frauen im Iran getragen wird, mit oder ohne Tschador. Die Kopftücher in Turkmenistan haben keine religiösen Gründe, sondern sind Bestandteil der Nationaltrachten, die hier noch getragen werden. Und wir dürfen unsere Fußnägel wieder lackieren. Wir sind übrigens nicht mehr unter Schiiten, sondern unter Sunniten. Wenn man mit dem Taxi fährt, stellt man befriedigt fest, dass nun wieder auf zwei Fahrspuren auch zwei Autos nebeneinander fahren und nicht drei oder dreieinhalb, das halbe noch irgendwie dazwischen gequetscht, und vor dem Zebrastreifen wird doch tatsächlich angehalten!

08.05. Samstag 
25. Tag Mary, Merv

Aus dem Katalog: "Von Mary aus besichtigen wir die historische Stadt Merv,einst neben Bagdad, Damaskus und Kairo eine der bedeutendsten Städte der islamischen Welt und eines der wichtigsten Handelszentren an der Seidenstraße. Aufgrund der einzigartigen Gestaltung der Stadt kann man nebeneinander die Bauwerke vieler verschiedener Epochen sehen. Die ältesten erkennbaren Ansiedlungen stammen aus dem 6. Jahrhundert vor Christus. Am Nachmittag Rückkehr nach Mary. Übernachtung wie am Vortag im Hotel in Mary."

Eigentlich ist Merv ein riesiges Ausgrabungsgebiet. Aber interessant war es doch. Außerdem habe ich zum ersten Mal bewusst Tamarisken gesehen. Apropos Bäume: Es gibt in Turkmenistan wie auch in Usbekistan massenhaft Maulbeerbäume, die wohlschmeckende süße Früchte haben. Heute habe ich wieder mal welche geerntet! Neu für mich: Diese Maulbeerbäume eignen sich nicht für die Seidenraupenzucht, nur diejenigen, die keine Früchte haben. Seide wird längst nicht nur in China hergestellt, sondern auch in Turkmenistan und Usbekistan.

Mary selbst (gesprochen Maari) ist wohl eine typisch sowjetische Stadt, mit breiten Alleen, viel Grün und vielen Parkanlagen, riesigen sowjetischen Monumenten und Prachtbauten. Es scheint allerdings, dass Plattenbauten nicht so sehr eine sowjetische, sondern eher eine DDR-typische Bauweise waren. Wir waren dort am 8. Mai., am Vorabend des Nationalfeiertages, an dem in offenbar allen ehemals sowjetischen Republiken das Ende des 2. Weltkrieges gefeiert wird. Vor allen Monumenten wurde gefegt und gescheuert, und Schauspieler probten in den Straßen Stücke, die dann am nächsten Tag aufgeführt werden sollten. Und abends konnten wir bei Bier und Wein draußen sitzen: eine Seltenheit! Meist ist das in diesen orientalischen Ländern nicht üblich.

09.05. Sonntag 
26. Tag Mary – Buchara, Turkmenistan – Usbekistan

Aus dem Katalog: "Wir fahren von Mary nach Norden durch die turkmenische Tiefebene. Dabei passieren wir das streng geschützte Wüstenreservat Repetek. Aufgrund seiner Bedeutung für die Erforschung und den Erhalt einer einzigartigen Flora und Fauna hat das Schutzgebiet seit 1979 den Status eines internationalen Biosphärenreservates. Wir überqueren den Amudarya, den die alten Griechen den Oxus nannten und passieren bei Farab die Grenze zu Usbekistan. Nach dem Passieren der Grenze sind noch rund 90 km zu fahren bis nach Buchara. Abendessen und Übernachtung in Buchara."

Hübsche Blümchen und Sträucher gibt es in diesem Wüstenreservat. Ein beeindruckendes Erlebnis jedoch: die Überquerung des Amu Darya. Es gibt nur eine Pontonbrücke, für die der Bus im Grunde zu schwer ist. Wir mussten also aussteigen und drüber laufen. Drei Kilometer!! Ein mächtiger Strom - der Rhein bei Karlsruhe ist dagegen ein Wässerchen. Die Strömung ist ungeheuer, wenn man da in der Mitte hineinfiele, würde man im Nu mehrere Kilometer stromabwärts geschwemmt, und es wäre fraglich, ob man überhaupt an ein Ufer schwimmen könnte. Elena hat uns pflichtschuldigst darauf aufmerksam gemacht, dass es verboten ist, Flüsse und Brücken zu fotografieren, aber das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Außerdem habe ich mich verwundert gefragt, wieso dieser Strom nicht genug Wasser hat, um in den doch nicht mehr so weit entfernten Aral-See zu münden, sondern irgendwo davor zu versickern. Die Aufklärung kam durch Mussa: Zurzeit schmelzen der Schnee und das Eis der Gletscher des Pamir, sodass der Fluss Hochwasser hat. Er ist jetzt etwa 4 m hoch. Im Hochsommer, wenn diese Wasserzufuhr nicht mehr kommt, ist er so flach, dass man hindurchwaten kann, das Wasser geht einem dann nur bis zur Hüfte.

Wir müssen uns also klarmachen: eigentlich ist diese ganze Gegend – Turkmenistan und Usbekistan – Wüste. So saftig grün ist sie nur durch diese künstliche Bewässerung und auf Kosten des Aral-Sees. Wie lange noch?

Barbara Volhard

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