Wüste, wilde Tiere, Salz, Geld und Montezumas Rache
Liebe BlogleserInnen,
Wie schnell doch die Zeit vergeht, eigentlich wollte ich mich früher melden, unsere Tage sind aber so ausgefüllt mit Sightseeingtouren, dass ich abends todmüde ins Bett sinke und das Blogschreiben schwänze. Sorry, Verzeihung, ’tschuldigung.
Die Wüste
Nachdem wir in Isfahan einen Tag früher als vorgesehen abfahren mussten (das Hotel brauchte unsere Zimmer), konnten wir den langen Weg nach Sharoud ganz gemütlich innert 2 Tagen unter die Räder nehmen. Das „Ausweichhotel“ in Khor entpuppte sich als wahrer Glücksfall. Das Balihotel ist ein Juwel. Eine kleine, ehemalige Karawanserei, liebevollst restauriert und als Familienbetrieb geführt. Der Papa, ein drahtiges Männchen mit Kraushaar, listigen Äuglein und einem Schnauz samt seinen bildschönen Töchtern und Söhnen. Die Mama ist in der Küche und kocht wie ein Herrgöttlein. Die Eingangshalle ist in der Mitte abgesenkt, mit Spring-Brünneli und gefliesten (und natürlich teppichbelegten) Bänken drumherum. Hier lässt’s sich gut sein. Der Tee kommt auch schon bald in Form von Thermoskannen mit Wasser und Teebeuteli (der einzige Stilbruch). Mein Zimmer ist für persische Gäste eingerichtet (die Betten sind zusammengerollt und für mich ist ein Bett hineingestellt worden.), die Dusche/WC ist aber westlich, einfach und tipptoppsauber. Vögel pfeifen, Rosen blühen und ringsum nichts als Wüste und Stille - ein Traum. Jetzt sind wir wirklich in Persien. Der Vater erlaubt uns – da wir die einzigen Gäste sind – die Kopftücher auszuziehen, welche Wohltat, mal wieder den Wind in den Haaren zu spüren.
Vor dem Nachtessen fahren wir in die Wüste, den Sonnenuntergang zu genießen. Unser „rasender Reporter“ Jürgen und Doli (unser Mechaniker von Setra) wollen den Bus filmen/fotografieren, wie er in den Sonnenuntergang fährt. Die beiden jagen – chauffiert vom Sohn des Hoteliers – hinter, vor und neben uns her (frei nach James Bond) und filmen, mit dem Ergebnis, dass wir den Sonnenuntergang nur vom Bus aus erleben, weil die Kerle zu spät wegfuhren. Schön war’s aber trotzdem. Auf dem neben der Straße liegenden Salzsee konnten dann Bubenträume verwirklicht und im Auto über den See gerast werden (nein nicht im Bus, im Familienauto der Hoteliers).
Der nächste Tag brachte sie dann, die Fahrt durch die Wüste nach Sharoud. Der absolute Wahn. Erst Salzwüste, d.h. Sand und Kies von Salz überzogen wie Raureif, unterbrochen von schneeweißen Salzseen. Topfeben, ganz weit weg umrahmt von Bergen. Dann kam viel, viel Sand, mal hügelig, mal flach bis zum Horizont. Dann wieder Sandsteinformationen, die aussehen wie riesige Elefantenfüße (bis zu 20/30 Meter hoch), in allen Farben leuchtend (schwefelgelb, lindengrün, ocker, rosa bis rost- und dunkelrot, dazu eine Vielfalt an Beige- und Grautönen). Einfach unfassbar schön. Ein Paradies für Stoffdesigner.
Am Nachmittag werfen ein paar Cumuluswölklein schwarze Schatten auf die Erde, sodass man von Weitem meinen könnte, es habe dort gebrannt, beim Näherkommen lösen sie sich dann in nichts auf. Sanddünen mit wunderbaren vom Wind geblasenen Mustern und und und. Man muss es gesehen haben, es ist unbeschreiblich im wahrsten Sinne des Wortes. Landschaftlich könnte das der Höhepunkt unserer Reise gewesen sein.
Unser Guide hat uns erzählt, es gebe Tiger hier, Wüstenfüchslein und wilde Kamele. Wir fuhren und fuhren und fuhren – unterbrochen von vielen Fotostopps – aber, außer einem Käfer bei einem kurzen Halt, wollte sich partout kein einziges Tier zeigen. Einmal meinte ich ganz in der Ferne 3 Kamele zu sehen, sie entpuppten sich beim Näherkommen als Lastwagen. Aber es gibt sie doch, die Kamele: Kurz vor Sharoud, dort wo die Wüste im Frühjahr etwas Regen bekommt, hat eine ganze Herde direkt vor unseren Nasen die Straße überquert. Etwa 40 bis 50 Tiere, davon viele Jungtiere, wurden von 2 Hirten über die Straße auf ein anderes Feld getrieben. Von wegen „wild“ - die Leitkühe hatten Glocken an. Das war wohl ein Sprachproblem: Die Tiere weiden zwar unbeaufsichtigt, sie gehören aber selbstverständlich einem Bauern oder Kamelzüchter, der sie von Weide zu Weide treibt. Kaum waren wir wieder im Bus, sahen wir am Horizont zwei noch größere Herden.
Die Grenzen
Wie mühsam und zähflüssig und manchmal auch skurril die Grenzübertritte sind, wird Euch Barbara berichten. Ich will dazu nur so viel sagen: Wir haben es sehr zu schätzen gelernt, in einem Europa ohne mühselige Grenzübertritte leben zu dürfen.
Das liebe Geld
Der bisherige Höhepunkt unserer Geldwechslerkarriere erlebten wir hier in Usbekistan. Wie schon in Persien und Turkmenistan ist auch die Usbekische Währung nicht viel wert. Für einen Euro bekommt man 2.400 Sum (CYM geschrieben), die größte Note ist ein 1.000-Sum-Schein. Für meine 70 Euros bekam ich ein Plastiksäcklein mit einem ca. 10 cm hohen Turm von 1.000er, 500er, 300er und 200er-Noten (total 168.000 Sum). Wir gehen jetzt alle mit Plastiktüten einkaufen, unsere Portemonnaies sind viel zu klein fürs Usbekische Geld.
Es tönt zwar schrecklich teuer, wenn man für ein Essen (Suppe, Salat, Hauptgericht, inkl. Tee und Brot) 10.000 Sum hinblättern muss, umgerechnet sind’s dann aber nicht mal 5 € pro Menu. A propos Brot: Unser Guide hier in Turkmenistan hat uns berichtet, dass das Brot in Samarkand das Beste des ganzes Landes sei. Es stimmt: rund, luftig und meist ganz frisch (noch lauwarm) schmeckt es herrlich.
Aber auch das beste Brot schützt uns nicht vor
Montezumas Rache
Obwohl wir uns die Zähne mit Mineralwasser putzen (seit Turkmenistan), uns so oft es geht die Hände waschen und beim Essen aufpassen, werden auch wir nicht verschont. Der Dünnpfiff geht um! Der erste Blick beim Frühstück gilt dem Teller: Wer nur trockenes Brot isst oder gar nichts, den/die hat’s erwischt. Mich hat’s in der Nacht vor der Abreise von Mary nach Buchara hingehauen, ab Mitternacht bis zur Abfahrt um 8 Uhr pendelte ich vom Bett zur Seufzer-Toilette und zurück (ich hatte eine Klobrille aus mit Plastik überzogenem Schaumstoff, die beim Hinsetzen ein Seufzergeräusch von sich gab!!!). Ein Stückchen eingelegte Bitterwurzel, von Ina verabreicht, hat innert Minuten den Magen beruhigt und Immodium stopfte den Rest. Die Fahrt nach Buchara habe ich verschlafen und den – so schien mir – ewig langen Gang über die Grenze ließ ich in „Trance“ über mich ergehen. Zum Glück dauert die ganze Misere meist nur gute 24 Stunden (die schweren Fälle leiden bis zu 3 Tagen). Die schöne Nebenwirkung: Die Pfunde sind gepurzelt, die Hosen sitzen lockerer, ach, wenn’s doch so bliebe. Die meisten von uns haben’s bereits überstanden, darum verlasse ich jetzt getrost das unappetitliche Thema und komme zu den
Gärten
Die Städte in Turkmenistan und Usbekistan sind voller wunderschöner Parks und Blumenrabatten. Die Rosen stehen in vollster Blüte, viele wunderbare alte Sorten sieht man hier, solche, die noch duften. Der Garten in unserem Hotel in Mary, einem sehr einfachen Haus, war eine reine Augenweide, ein riesengroßes Monet-Bild in Natura. Wunderschön.
Auch hier, in Samarkand, bewundern wir – neben den vielen tollen Baudenkmälern – die schön bepflanzte Parkanlagen und Gärten.
Morgen geht die Reise weiter nach Taschkent. Dort werden wir uns von einigen Freunden verabschieden müssen, neue werden dafür dazukommen. Und wenn ich Glück habe, kann ich von Taschkent aus auch dieses Mail abschicken, hier in Samarkand will es nicht klappen, das dauert Ewigkeiten hier und wir wollen essen gehen. Die Hotels in den Zentralasiatischen Staaten scheinen noch sehr UdSSR-geprägt. Da ist das Personal nicht für den Gast da, sondern der Gast fürs Personal.
Seid alle ganz herzlich gegrüßt von der ganze Truppe und Eurem Schreiberlein
Heidi Bisang