Im Reisebus von Freiburg nach Shanghai – auf der Seidenstraße um die halbe Welt
5Jun/10Off

Heidi Bisang: Nin Hao zum Zweiten

Wir sitzen in Dunhuang in einem sensationell schönen Hotel. Wie sich der kleine Moritz ein Oasenhotel vorstellt, einer Karawanserei nachempfunden mit vielen Innenhöfen. Nur ein Pool fehlt, das ist allerdings kein Wunder, hier ist Wasser ein zu rares Gut um darin rumzuplanschen. Von der Dachterrasse hat man eine tolle Aussicht auf die unmittelbar hinter dem Hotel liegenden – bis 300 Meter hohen!!! – Sanddünen.

Die Fahrt von Hami nach Dunhuang durch die schwarze Gobi ist ein Erlebnis. Stundenlang topfeben und beige-schwarz (Sand und zuoberst eine Schicht schwarzer Steine). Dann wieder wilde Passübergänge mit über- und hintereinander geschichteten Felsen/Bergen in allen Farbtönen. Die Straße von sehr gut über passabel bis zu Marke „Bachbett“. (Eine Autobahn ist teilweise schon befahrbar und teilweise noch im Bau.) Wir machen Mittagsrast an einer der raren Tankstellen (so etwa alle 100 bis 150 km gibt’s eine) und essen, waseli-was, natürlich die obligate Nudelsuppe. Immer anders und immer gut. Dutzende von den hier üblichen, überlangen (6 Achsen) Riesenlastern machen hier Pause. Unser Setra wirkt ganz klein und verloren dazwischen. Das ist sie jetzt, die Karawane des 21. Jahrhunderts. Schätzungsweise 90% aller Fahrzeuge auf den großen Überlandrouten sind schwere, lange LKWs (wohl etwa 80-Tonner), der kleine Rest bleibt den Bussen und Privatautos vorbehalten. Die Klos auf diesen Rastplätzen spotten allerdings jeder Beschreibung, meist sind es offene (entschuldigt den Ausdruck) Scheißplätze. Da haben wir Frauen den kleinen Aufstand geprobt, wir werden solche Orte nicht mehr benutzen, wofür haben wir denn ein sauberes Hüsli im Bus? Eben.

Die Zufahrt zu unserem Hotel in Dunhuang ist grandios. Quer durch die Stadt und auf einer langen schnurgeraden Straße direkt auf die Dünen zu. Wir kommen kurz nach 20 Uhr an. Also Gepäck in die Zimmer stellen, rasch die Hände waschen usw. und rauf auf die Dachterrasse und bei einem Glas kühlen Weißen (den ersten seit Bishkek) den spektakulärsten Sonnenuntergang genießen, den ihr euch vorstellen könnt. Ein Traum.

Hotels in China

Die Hotels hierzulande haben ein paar Eigenheiten, die erwähnt zu werden lohnen. In oder bei jedem größeren Hotel findet sich eine Karaoke-Bar oder ein Nightclub – meist mit lauter bis sehr lauter Musik und hauptsächlich dazu da, die männlichen Hotelgäste zu verwöhnen. Finden sich zu wenig Kunden, kann es vorkommen (so passiert in Hami), dass zwischen 23 Uhr und Mitternacht öfter mal das Telefon klingelt. Und das bei allen ausländischen Gästen, für die Chinesen ist halt nicht ersichtlich welche unserer Namen dem männlichen und welche dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind. In anderen Hotels werden einfach verschiedene Massagen angeboten, die teuren sind dann den Männern vorbehalten für die „Feinmassage“ – wie wir in Basel sagen.

Wer auf die ganz große Sauberkeit Wert legt, sollte nicht nach China reisen. Fleckige bis grausliche Teppiche sind fast die Regel. Verspritzte Spiegel in den Bädern normal. Wir sehen das schon gar nicht mehr. Die Reise bietet so viele Höhepunkte und ist so spannend, dass wir über solche Kleinigkeiten gerne hinwegsehen.

Schlitzohren

Die Chinesen haben nicht nur Schlitzaugen, es finden sich auch etliche Schlitzohren. Beispiele gefällig? Wir tanken, der Scheff weiß ganz genau wie viele Liter der Tank fasst, aber oh Wunder es gehen 75 Liter mehr rein. Der Tankwart akzeptiert sofort den Abzug für die 75 Liter, der nächste Kunde wird dann schon auf den Trick reinfallen, wer weiß denn schon so genau, wie viel sein Tank fasst?

Oder beim Geldwechseln auf der Bank (!!!) oder im Hotel. Mit Sicherheit wird probiert einem ein paar falsche Hunderter unterzujubeln. Gibt man die dann zurück, werden sie ganz selbstverständlich umgetauscht in Echte. Man kann’s ja mal probieren.

Das Wetter

Auf einer so langen Reise ist das Wetter kein Thema. Seit Venedig haben wir Frühlings- oder Sommerwetter. Außer in den Bergen ist es auch immer warm (zu Beginn der Reise) bis heiß (momentan). Gewitter und Regengüsse haben uns öfter mal bei der Einfahrt zu neuen Orten begleitet (Teheran, Ürgüp etc.). Wenn trockenes Wetter Voraussetzung für ein Unternehmen (Ballonfahrt) war, hat uns die Sonne immer gelacht. In der Wüste regnet es sowieso nie, es sei denn der Avantibus ist in Sicht. Am Rande der Gobi, kurz vor Hami, fuhren wir doch tatsächlich in einen (zugegeben kurzen) Regenschauer. Seit wir in der Hitze reisen, schützen wir uns mit den unterschiedlichsten Kopfbedeckungen. Nun fahren ein paar Queen Mums auf dem Weg nach Ascot, ein Dandy, ein paar Cowboys und 2 australische Crocodile Dundees (einer davon weiblich) im roten Bus gen Shanghai.

Bis zum nächsten Mal seid herzlich gegrüßt und Zai jian

Heidi Bisang

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5Jun/10Off

Barbara Volhard: Chinesisches

 

Nur noch mal zur Erinnerung: Alles Kursive ist die Beschreibung des Reiseverlaufs von Avanti. Ich zitiere es hier, um mir das Verfassen des Gleichen zu ersparen.

Jetzt ist aber mal fällig, dass ich über das Essen in China berichte. Das erste Mal, dass wir das so richtig mitbekamen, war am Sairam-See. Man sitzt etwa zu zehnt um einen runden Tisch, dessen größter Teil in der Mitte von einer großen, sich drehenden Glasplatte eingenommen wird. Jeder hat außerhalb dieser Platte etwa 30 cm Tisch-Platz. Dort hat man dann ein winziges Tellerchen, ein Schüsselchen und ein Porzellanlöffelchen zur Verfügung. Auf die Glasplatte kommen etwa sechs bis acht verschiedene Gerichte, diverse Gemüse, Fleisch, Nudeln und Reis, Warmes und Kaltes (Salate), Süßes und Salziges gleichzeitig, und nun beginnt man, mittels Stäbchen (!!!) eine Bohne, eine etwa ein Meter lange Nudel oder ein Stück Fleisch zu erhaschen, möglichst bevor die Platte sich weiterdreht, weil andere geschickter sind als du und an das nächste Gericht wollen. Eine Mitreisende traf es auf den Punkt: man kann vor dem vollen Teller verhungern. Denn nun hast du die Bohne, das Fleisch und die Nudel auf dem Tellerchen und musst sie von dort mit den Stäbchen in den Mund praktizieren. Kleckern inbegriffen. Während du also verzweifelt versuchst, wenigstens eine Kostprobe von jedem Gericht zu bekommen, werden leere Schüsseln bereits abgeräumt und die nächsten sechs Gerichte aufgetischt. Am Schluss hat es mindestens 15 verschiedene Sachen gegeben. 

 

Du lernst, dass du den Reis mit dem Löffel nehmen darfst und auch mit dem Löffel aus dem Schüsselchen essen darfst. Gottseidank, davon wenigstens kannst du satt werden! Das meiste ist köstlich, manches sehr scharf, aber es gibt ja reichlich Auswahl. Die Krönung des Essens am Sairam-See kam am Schluss: eine Schüssel mit Huhn. Aaah, denkt man, davon hätte ich auch gerne etwas. Und ein Stück Fleisch zu greifen ist auch einfacher als eine Bohne oder ein Maiskorn oder ein Stück glibbernden Chinakohl. Aber ach, in der Huhn-Schüssel befanden sich vor allem gekochte Hühnerfüße und Hühnerköpfe! Es gibt Leute – auch HP –, die das köstlich finden. Bei mir allerdings hört es dann auf. Uhrrg! Übrigens auch bei Schafkuddeln und Pferdefleisch, was wir beides inzwischen auch schon bekamen. Aber immerhin: Während der Scheff genüsslich an einem Hühnerkamm schlotzte (das Auge soll auch besonders gut sein!), verkündete er zu meiner  Beruhigung: „Aber Hund essen wir nicht!“

Die besseren Restaurants haben übrigens nicht wie bei uns einen großen Raum, in dem viele Tische stehen, sondern mehrere Räume, in denen jeweils entweder drei oder zwei oder auch nur ein Tisch stehen, sodass jede Gruppe oder Familie nicht nur ihren Tisch, sondern sogar ihren eigenen privaten Raum hat, quasi ein Separé. Im Übrigen gilt die Devise „Kitsch as Kitsch can“. Es glitzert nur so in chinesischen Restaurants.

Wenn wir mittags irgendwo, oft in einer kleinen Garküche am Straßenrand, einkehren, dann gibt es meist ein Nudelgericht, sehr gut, mit etwas Gemüse und/oder Fleisch und einer wohlschmeckenden Soße drin. Allerdings müssen wir dabei alle unsere Manieren vergessen: Es geht nur so, dass man sich mit den Stäbchen den Anfang von ein paar meterlangen Nudeln in den Mund schiebt, den Kopf tief über den Teller hängt, ein Stück hochschlürft, dann abbeißt und den Rest wieder in die Soße fallen lässt. Platsch.

Ein Problem: Das Frühstück unterscheidet sich vom Abendessen höchstens in der Anzahl der Gerichte, es gibt vielleicht nur acht, statt 15. Mit Fleisch gefüllte Teigtaschen, oder auch ungefüllte Teiglinge, die wie Dampfnudeln aussehen und ungesalzen sind, nebst Gemüse, Reis, Nudeln, Fleisch usw. Brot kennen die Chinesen offenbar nicht, auch Käse nicht, von Wurst, Butter oder Marmelade ganz zu schweigen. Das ist für Deutsche, bei denen es das täglich‘ Brot immerhin bis ins Vaterunser geschafft hat, schon mehr als gewöhnungsbedürftig. Nur in sehr vornehmen Hotels gibt es dann auch mal Toast bzw. „American Breakfast“, das ja auch nicht ganz unser Geschmack ist.

In Urumqi machte Linus uns auf eine Dépendance der französischen Supermarktkette Carrefour aufmerksam, wo man z.B. richtigen Kaffee und Käse kaufen könne. In mir stiegen Visionen von Baguette mit Camembert und Rotwein auf, und ich beschloss, mir das zum Abendessen zu gönnen. Baguette gab es nicht, aber Fladenbrot, das bisher auch immer sehr gut gewesen war, in Eile griff ich mir den einzigen Brie, den es gab, noch eine Flasche Great Wall Dry Red Wine, und abends freute ich mich schon auf mein tolles Abendessen. Leider stellte sich nur heraus, dass das Brot altbacken war, der Käse war in einer Büchse (!) eingeschweißt. Auf der Packung stand: „Manufactured by Käserei Champignon, Heising, Bavaria, Germany“, und so schmeckte er auch. In Freiburg hätte ich, von französischen Käsesorten verwöhnt, diesen Käse allenfalls mit Verachtung gestraft. Der Wein ließ auch zu wünschen übrig, kurz, die Sache war ein Reinfall. Ich werde reumütig zu Nudeln zurückkehren. Jedenfalls bald, denn noch sind wir in der Provinz Xinjiang (so groß wie Deutschland Frankreich, Spanien und Großbritannien zusammen!), die ja hauptsächlich von den Uiguren bewohnt wird. Die sind wie die Türken, Usbeken, Turkmenen, Kirgisen, Kasachen ein Turkvolk (die Sprachen sind untereinander sehr ähnlich) und kennen daher Brot, das man noch an Ständen an der Straße kaufen kann, aber im Gegensatz zu ihren Vettern und Nachbarn, bei denen es dazu wenigstens Käse gibt, haben sie sich offenbar schon an die asiatischen Verhältnisse angepasst, denn die Asiaten vertragen keine Milchprodukte, weil ihnen dazu ein Verdauungsenzym fehlt.

Ein zweites Thema ist Schlafen in China. Probiert mal die härteste Matratze, die es in Deutschland gibt, aus. Ich garantiere, dass die im Vergleich zu den brettharten chinesischen Matratzen noch weich ist. Ich vermisse das Hüftpolster, das mich seinerzeit beim Zelten auf meiner dünnen Schlafmatte vor blauen Flecken bewahrt hat! Aber immerhin gibt es wieder ordentlich bezogene Decken, nicht irgendwelche Wolldecken mit viel zu kurzen Laken drunter, die man dann am Morgen irgendso an den Füßen zusammengewurschtelt hat, während man unter der Wolldecke blank liegt und sich Hautschuppen und wer weiß was sonst noch mit seinen VorgängerInnen teilt.

Auch beim Schlafen kann man erkennen, was für ein fleißiges, arbeitsames Volk die Chinesen sind. Sie arbeiten buchstäblich Tag und Nacht. Besonders deutlich ist das, wenn du z.B. im 18. Stock eines Hotels wohnst, und dann nachts um 2 oder 3 Uhr hunderte schwere Eisenstangen auf der Betonplatte des 15. Stockwerks des gegenüberliegenden Baus abgeladen – oder besser: geschmissen ­– werden. Schlafmusik.

28.05. Freitag 45. Tag Urumqi Urumqi ist auch die wichtigste Stadt der Landschaft Dsungarei. Urumqi ist die am weitesten vom Meer entfernte Großstadt der Welt. Sie liegt am Nordfuß des Tianshan-Gebirges. Wichtigste Industrien sind die Petrochemie, Textil- sowie Eisen- und Stahlindustrie. Ebenso hat sich mit dem größten Windpark in China die Windenergie in der Region Urumqi etabliert. Die Eisenbahnlinie Peking – Almaty (Kasachstan) führt durch Urumqi. Es ist eine ganz moderne Stadt, die wir heute kennenlernen.

29.05. Samstag 46. Tag Urumqi – Turfan Weiter geht es, nun auf der Autobahn in das ca. 200 Kilometer entfernte Turfan, wo wir am Mittag eintreffen werden. Die ehemalige Oase Turfan hat eine lange Geschichte und war ein bedeutendes Zentrum der Seidenstraße. Vom 5. bis 7. Jahrhundert stand Turfan unter türkischer Herrschaft, 640 wurde es dann von China besetzt, das 790 von den Tibetern abgelöst wurde. 843 wurde Turfan Teil des zweiten uighurischen Reiches. In dieser Zeit breitete sich neben dem seit etwa Christi Geburt herrschenden Buddhismus auch das Christentum und der Manichäismus in Turfan aus.

30.05. Sonntag 47. Tag Turfan Die Stadt Turfan befindet sich am Nordrand der Turfan-Senke, die an ihrer tiefsten Stelle – an den Ufern des Aydingkol- Sees – 154,5 m unter NN liegt. Damit ist sie, nach dem Toten Meer, die zweittiefste Senke der Erde. Die Oase wird durch jahrhundertealte, unterirdische Kanäle (Qanate), die Schmelzwasser aus dem ca. 70 km entfernten Hochgebirge des Tianshan herbeiführen, bewässert. Angebaut werden vor allem Melonen, und Trauben, die zu Rosinen getrocknet werden. Da die Bevölkerung muslimisch ist, werden die Trauben nicht zu Wein verarbeitet. Ein Ausflug in die Umgebung macht uns mit diesem Bewässerungssystem bekannt, mit Ausgrabungsstätten und dem so genannten »Traubental«.

Diese Bewässerungsanlage ist in der Tat ein technisches Meisterstück! Seit 2.000 Jahren wird sie in gleicher Weise betrieben und aufrechterhalten. Das Wasser wird unterirdisch (um die Verdunstung zu verringern) in inzwischen über 3.000 km langen von Hand gebuddelten Tunnels herangebracht und ist glasklar.

Wir besichtigten die Ruinen der alten Stadt Jiaohe und die in den Fels gehauenen Bezikelik-Grotten, deren früheste aus dem 5. und 6. Jahrhundert stammen. In ihnen gibt es noch gut erhaltene Fresken, allerdings zum großen Teil zerstört von westlichen Wissenschaftlern, die sie zu Anfang des 20. Jahrhunderts einfach abgeschlagen und nach Berlin bzw. London gebracht haben. Dabei wurde geradezu brachial vorgegangen: aus einem Bild wurde z.B. einfach der mittlere Teil herausgebrochen, der Rest blieb stehen. Dabei erschließt sich die Bedeutung eines solchen Bildes natürlich nur aus seiner Ganzheit, nicht aus seinen Teilen. Skandal. Die Sache ist bis heute ein Politikum zwischen China und den beteiligten Ländern.

Ein weiteres Thema ist Wohnen in China. Das erste, was mir beim Eintritt nach China auffiel, ist die unglaubliche Armut der Landbevölkerung. Man fährt an Dörfern vorbei, deren buchstäblich verfallende, verrottende Lehmbauten einen zunächst glauben lassen, es handele sich um verlassene Geisterstädte, bis man sieht, dass sie tatsächlich BEWOHNT sind! Die Städte hingegen sind modern, mit großem Verkehrsaufkommen, aber die Häuser sind oft ungepflegt, überall liegt Müll herum, auch die Balkons der Hochhäuser scheinen vor allem als Müllabladeplatz zu dienen, und manchmal kann man aus dem Hotelfenster von oben sehen, dass hinter durchaus eleganten Fassaden die gleiche Armut herrscht, mit den genauso baufälligen Häusern wie auf dem Land. Bei großer Hitze übrigens schlafen die Leute auf den Dächern, tags sieht man überall die Betten mit zusammengerolltem Bettzeug herumstehen.

 

Hier muss ich etwas nachtragen, das mir in Samarkand/Usbekistan auffiel. Muslimische Völker legen ja großen Wert auf den Schutz ihrer Privatsphäre. In Vorderasien (Türkei, Iran) wird das Problem bekanntlich durch vergitterte Fenster gelöst, durch die man zwar hinaussehen, nicht aber von außen hineinsehen kann. In Samarkand nun fiel mir auf, dass in den Straßen, die noch altstädtisch zu sein schienen, also ein- bis zweistöckige Häuser hatten, es so gut wie gar keine Fenster gab. Man sieht entweder haushohe Mauern mit Toren, oder Häuser mit Türen, aber keine Fenster. Wenn da ein Fenster war, dann war es mit Sicherheit ein Ladenfenster.  Hin und wieder gelang es mir, durch ein nur angelehntes Hoftor hineinzuspähen: dann konnte ich sehen, dass die Häuser alle ihre Fenster nach innen, zu den Höfen hin hatten. Und in der Hitze, die hier herrscht, findet das Leben im Wesentlichen auf diesen Höfen statt. So scheint das auch noch in diesem Teil Chinas zu sein, der ja hauptsächlich von muslimischen Uiguren bewohnt wird. Ich konnte vom Hotel aus mal von oben in so einen Hof hineinfotografieren:

31.05. Montag 48. Tag Turfan – Hami Von Turfan geht es auf der Schnellstraße (ca. 400 km) weiter nach Hami, einer alten Oase, die im Uigurischen Kumul genannt wird. Hami ist außerhalb Chinas vor allem durch die nach ihr benannten Hami-Melonen (Hami Gua oder Honigmelonen) bekannt.

01.06. Dienstag 49. Tag Hami Hami ist eine halbwegs moderne Oasenstadt mit wenig Industrie und ohne antike Bauten. Besichtigen kann man aber eine 10 m hohe prächtige islamische Grabanlage (Hãmì Wángmù) aus dem Jahr 1840, ca. 2 km südlich der Stadt nahe der Moschee (Qïngzhën Sì), in dem einer der insgesamt neun uigurischen Könige von Hami mit Namen Bochir samt seinen Frauen begraben liegt. Auf dem Weg zum Grab kommt man am heiligen Grab Gai Sis (Gaìsï Mù) vorbei, der im 7. Jahrhundert als muslimischer Missionar nach China gekommen war. Die Hami-Könige hatten ihm an dieser Stelle ein Denkmal errichtet, das 1939 zerstört wurde. 1945 sammelten lokale islamische Honoratioren Geld, um das heilige Grab (Mazar, chin. Mazha) wieder aufzubauen.

Während die Gruppe mit dem Bus nochmal in die Berge fuhr, hatte ich mir frei genommen, besichtigte die Grabanlage und schlenderte durch die Stadt – als einzige Langnase unter lauter ChinesInnen. Man guckt ja ganz anders, als wenn man in einer Gruppe – und von den dabei geführten Gesprächen – abgelenkt wird. Es gab nicht einen Touristen, und die Leute scheinen die auch nicht gewöhnt zu sein. Denn dort, wo Touristen eine häufigere Erscheinung sind, werden sie auch umgehend von HändlerInnen in sehr aggressiver Weise bedrängt, etwas zu kaufen. Ich hingegen konnte völlig unbehelligt durch den Bazar gehen, in Ruhe schauen und das Leben dort beobachten.  Durch die engen Gassen wuseln kleine, der Enge angepasste Lieferwagen:

 

Männer spielen ein Brettspiel     Hausfrauen eilen hindurch und kaufen Obst und Gemüse, es ist voll. Auffallend, dass es kaum ältere Leute jenseits 40-50 Jahren zu geben scheint, dieses Volk ist ein junges! 

Schade nur, dass man mit niemandem reden kann. Sogar die mir durchaus geläufige Verständigung mit Händen und Füßen mithilfe von fünf bis zehn Wörtern, die überall sonst klappt, klappt hier nicht. Auch die Handzeichen sind nämlich anders: wenn du die Zahl zwei zeigen willst, wie bei uns üblich mit Daumen und Zeigefinger, dann bedeutet das hier eine acht. Eine sechs zeigst du nicht mit sechs Fingern, sondern mit Daumen und kleinem Finger, wobei die anderen drei Finger geschlossen bleiben usw. Auch in den Hotels können die Angestellten meist nur ein paar Brocken Englisch, und selbst da ist die Verständigung auch über einfachste Dinge schwierig.

Die chinesische Sprache scheint von der Grammatik her relativ einfach zu sein, das Problem ist die Aussprache. Dass es da verschiedene „Tonhöhen“ geben soll, hat man ja schon mal gehört, inzwischen weiß ich es etwas genauer. Es geht dabei um die Hebung oder Senkung des Tons, ähnlich wie wir am Ende einer Frage den Ton erhöhen, quasi von unten nach oben schieben: bei „kommst du morgen?“ sprechen wir das „mor“ etwas tiefer als das „gen“. Im Chinesischen kann sogar eine einzige Silbe (!) nicht nur von unten nach oben gesprochen werden, sondern auch von oben nach unten, manchmal sowohl als auch, d.h. der Ton der Silbe fängt oben an, senkt sich nach unten und geht dann wieder nach oben (bösartig beschreibbar als eine Art Jaulen). Ein dreisilbiges Wort könnte also bestehen aus einer Silbe, die wie beschrieben diesen Bogen macht, einer zweiten, die von oben nach unten und einer dritten, die von unten nach oben gesprochen wird. Dann gibt es noch im Ton gleich bleibende Silben und außerdem noch Unterarten dieser vier Betonungsarten. Das alles wäre noch nicht mal so schlimm, in der lateinischen Umschrift der Wörter gibt es dafür spezielle Akzente, aber die Umschrift selbst ist ein Problem. Wer immer sich das ausgedacht hat, hatte dabei jedenfalls nicht die deutsche Aussprache im Sinn. Da wird r wie j (Journal) ausgesprochen, q wie tj, x wie ch (in ich), a wie ä, i meist ebenfalls, manchmal aber auch nicht usw., und das soll man dann auch noch lernen. Ich lerne Fremdsprachen normalerweise recht schnell, hier aber schnalle ich ab.

Das, was diese Chinareise - mal abgesehen von den kulturellen Eindrücken - wirklich interessant machen würde, das Gespräch mit den Menschen, findet also nicht statt. Es gibt aber einen Ersatz. Der englische Journalist Rob Gifford, der jahrelang in China gelebt hat und chinesisch kann, ist am Ende seines Aufenthalts genau die Strecke gefahren, die wir auch fahren, nur anders herum: von Shanghai bis Korgaz, eben jenem Grenzposten nach Kasachstan, wo man unseren Bus fast nicht nach China hineingelassen hätte. Er hat die unterschiedlichsten Verkehrsmittel benutzt, Busse, Taxis, manchmal auch per Anhalter auf Lastern, und er HAT mit den Menschen gesprochen, gerade auch solchen aus den unterschiedlichsten Ethnien und darüber ein Buch geschrieben: „China Road“. Auf Deutsch unter dem albernen Titel „Chinas großes Herz.“ Dabei entstand ein sehr facettenreiches Bild dieses so heterogenen Landes, die Lektüre lohnt sich.

02.06. Mittwoch 50. Tag Hami – Dunhuang Auf Autobahnen und Landstraßen fahren wir weiter ins ca. 400 km entfernte Dunhuang in der Provinz Gansu. Dunhuang liegt am Westende des Hexi-Korridors inmitten von Wüstengebieten. Die Höhe beträgt 1.100 m. Unweit der Stadt Richtung Westen teilt sich die Seidenstraße in ihren nördlichen und südlichen Zweig zur Umgehung der Wüste Taklamakan.

Fahrt durch die Wüste Gobi, und zwar durch die „schwarze“ Gobi, die so heißt, weil sie von anthrazitfarbenem Geröll bedeckt ist, das nach einem Regen tatsächlich schwarz aussieht. Solche Wüstenfahrten sind sehr unterschiedlich. Manchmal gähnend langweilig, weil um einen herum alles flaches, graues Geröll ist, das einzig Interessante ist die Feststellung, dass der Horizont in der Tat rund ist und die Erde tatsächlich wie eine Scheibe wirkt. Und doch: es gibt auch Leben darin. Vereinzelt gedeihen kleine Sträucher, die sogar blühen. Dann aber kommen wieder atemberaubende Formationen, Hügel, Berge, raue Täler, Felsformationen, keineswegs nur „schwarz“, sondern häufig auch „blond“, und die Mischung aus beidem sieht dann besonders spannend aus.

   

Ab und zu kleine Oasenorte, dort wird es dann knall auf Fall saftig grün, es wachsen sogar Bäume. Und dann kommen wir nach Dunhunag, und am Ende der Straße sieht man schon die berühmten „singenden Dünen“, die allerdings nur unter bestimmten Windbedingungen „singen“. Wir haben ein wunderbares Hotel direkt daneben, von der Dachterrasse einen zauberhaften Blick.  

Mittags halten wir oft in dem, was einer Raststätte entspricht, kleine, dunkle Kneipen, in denen man die schon erwähnten Nudeln bekommt. Der Hauptgrund für das Halten dort ist aber eigentlich nicht das Essen, sondern die Tatsache, dass wir unterwegs keine Büsche fanden – ihr wisst schon. Nur machten wir die Entdeckung, dass es die dort auch nicht gibt (wieso auch, wir sind in der Wüste), ein Klo allerdings auch nicht. Es gibt nur die Open-Air-Toiletten in einer Kuhle irgendwo hinten, wo man dann zwischen den buchstäblich (ich übertreibe nicht!) Hunderten von Hinterlassenschaften anderer watend sich eine ca. 20 cm freie Stelle suchen darf. Wir verzichteten gerne und lernten wieder mal die Annehmlichkeiten des Reisens mit Avanti kennen: die Bordtoilette wird jetzt eben häufiger besucht.

03.06. Donnerstag51. Tag Dunhuang Dunhuang wurde im Jahre 111 v. Chr. vom Kaiser Wudi der westlichen Han-Dynastie gegründet. Aufgrund ihrer Lage an der alten Seidenstraße spielte sie als wichtigster chinesischer Knotenpunkt dieses Handelsweges eine bedeutende Rolle im Kultur- und Warenaustausch mit dem Westen. So breitete sich der Buddhismus ausgehend von Dunhuang in China aus. Im Jahre 366 wurde der Bau der Mogao-Grotten begonnen und bis ins 14. Jahrhundert fortgeführt. In Mogao haben buddhistische Mönche zwischen dem 4. und 12. Jahrhundert etwa 1.000 Höhlen in die Sandsteinfelsen geschlagen und mit buddhistischen Motiven (Buddha-Statuen, Skulpturen und Wandmalereien) verziert. 492 dieser Höhlen sind heute noch erhalten und zum Teil für Touristen zugänglich. Im Jahre 1900 entdeckte ein daoistischer Mönch rund 50.000 Dokumente aus dem 4. bis 11. Jahrhundert, die Mönche im Jahre 1036 in einer Höhle eingemauert hatten, um sie vor den heranstürmenden Mongolen zu schützen. Viele dieser Dokumente befinden sich heute im Besitz des Britischen Museums in London. 1942 wurde die Dunhuang-Akademie gegründet, um die Höhlen zu schützen und systematisch zu konservieren. Seit 1987 zählen die Mogao-Grotten zum Weltkulturerbe. Ausführliche Besichtigung am heutigen Tag.

Diese Grotten waren zweifellos das kulturell Beeindruckendste, was wir bisher in China zu sehen bekamen. Aber der Satz „ Viele dieser Dokumente befinden sich heute im Besitz des Britischen Museums in London“ zeigt ja schon, dass auch hier die Wissenschaft sich als Räuberei betätigt hat. Die Grotten werden sorgfältig im Dunkeln gehalten bei konstanter Temperatur, nur eine begrenzte Zahl von Besuchern wird zugelassen. Wir bekamen acht Grotten zu sehen, wobei eine ausgezeichnete Führerin uns genau erklärte, was noch im Original erhalten war (meist die Wandgemälde) und was restauriert (meist die Bemalung der Skulpturen), auch die Bedeutung der Bilder und die Geschichten, die sie z.T. erzählen. Was wir da an kunstvollsten Bildern zu sehen bekamen, war unglaublich. Gebäude schon im 8. Jh. perspektivisch gemalt (das kam in Europa erst sechs Jahrhunderte später!), Tiere und Menschen so lebendig und bewegt gezeichnet, es war erstaunlich. Natürlich durfte man nicht fotografieren, die Blitze hätten den Bildern geschadet. Ich habe aber mal eine Zeichnung von einer Postkarte abfotografiert und schicke sie euch.

 Am Schluss, als wir das ganze Programm absolviert hatten, fragte uns unsere Führerin, die wohl unser echtes Interesse und unsere Begeisterung bemerkt hatte, ob wir noch eine Grotte sehen wollten. Natürlich wollten wir, und nun zeigte sie uns den Höhepunkt: eine vollständig im Original erhaltene Grotte, in der auch die Skulpturen nicht restauriert waren. Die war die Schönste, denn sie war harmonischer als die anderen, in denen die Skulpturen eben doch lautere – weil neuere – Farben hatten als die übrigen Malereien.

04.06. Freitag 52. Tag Dunhuang Ruhetag Heute legen wir einen Ruhetag ein. Unser Hotel liegt am Rande der Stadt, unmittelbar neben den Sanddünen, die sich bis zu 300 m hoch auftürmen. Eine fantastische landschaftliche Umgebung, zu der auch der wenige Hundert Meter entfernte Mondsichelsee bei den Dünen gehört. Eine perfekte Gelegenheit, zu Fuß die Umgebung zu erkunden, zur Ruhe zu kommen, zu entspannen, mit Muße den Tag zu genießen und von der Terrasse des Hotels den Blick in die Wüste schweifen zu lassen.

Naja, und ich habe geschrieben. Damit ist jetzt aber wieder mal für eine Weile Schluss! Vorher will ich aber noch etwas sagen: Vor Jahrzehnten hatte ich meine erst und letzte (!) Busreise über Land, nämlich nach Spanien gemacht und mir geschworen, mir so etwas nie wieder zuzumuten. Die Vorstellung einer Busreise war für mich der reine Graus. DIESE Reise mit Avanti hatte ich nur deshalb gebucht und dabei in den sauren Apfel Busreise gebissen, weil ich sie anders nicht bekommen hätte. Ich kann nur sagen, ich habe mir inzwischen mit Interesse den Katalog von Avanti angesehen und überlege schon, ob ich nicht nächstes Jahr die Reise ums Mittelmeer (Libyen! Ägypten! Jordanien!) mitmache. Soviel zum Thema Busreisen. Aus der Saula wurde eine Paula.

Barbara Volhard

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5Jun/10Off

Inge Stagneth: Samarkand – Urumqi

13.5.      Samarkand

Prächtig fängt der Tag an.  Die Architektur ist wirklich atemberaubend. Die Gebäude auf dem Registan-Platz sind so wunderbar, dass ich mich kaum sattsehen kann und ich bin glücklich, dies alles mit eigenen Augen zu sehen. Wir durchwandern die Räume, bleiben natürlich bei den Waren, die im Innern angeboten werden, stehen, prüfen und kaufen und Reza bleibt geduldig. Wenn wir alle bei ihm stehen, erzählt er uns die alte Geschichte. Stunden verbringen wir wieder auf dem Bazar. Und hier kaufen wir die usbekischen Pampers. Im Geo Spezial Nr. 6/2007 steht die Geschichte über sie:

Man könnte sie für eigentümliche Pfeifen halten, doch weit daneben. Denn „Schumaks“ sind Urinale für Babys. Mit der breiteren Öffnung senkrecht zwischen den Beinen der Jungen oder Mädchen eingepasst, sorgen sie dafür, dass die kleinen Geschäfte der Kleinen flüssig vonstatten gehen. Das funktioniert allerdings nur im stationären Gebrauch, also in der Wiege, da die Schumaks nur dort zwischen den Beinen der Babys fixiert werden können. Und gelingt mittels breiter, oftmals aufwändig verzierter Fesseln, die um die Bettchen geschlungen werden. In die Kleider und Decken ist ein großes Loch geschnitten, ebenso in den Boden der Wiege. Darunter steht schließlich ein Töpfchen für den gelungenen Abschluss. Seit rund 1000 Jahren schwören Mütter in Chinas Nordwesten auf das sehr eigene Abwassersystem für ihre Jüngsten. Auf den Märkten der muslimische  Uiguren sieht man die aus Maulbeerbaumholz geschnitzten Urinale noch heute –eben auch in Kirgistan. Das Ende der Windeln kommt erst nach rund zwei Jahren – also dann, wenn die Kleinen trocken sind. Aber nicht nur diese mehrmalige Verwendung  ein und desselben Exemplars schont die Umwelt. Auch seine Entsorgung geht ökologisch einwandfrei vonstatten – eine Schumak wird letztlich im heimischen Herd verfeuert.

Ich habe natürlich diese Schumaks für ein paar Cent umgerechnet erstanden. Verena haben wir beim Kauf einer Mütze unterstützt. Und auf dem Heimweg bleiben wir noch in einem schönen Geschäft hängen, aber die Sachen sind mir alle viel zu eng. Den Abend verbringe ich mit Monika und Birgit in einer Medrese bei einem klassischen Konzert. Ich fühle mich in einen russischen Film versetzt: Drei Russinnen und ein Usbeke, der die usbekische Querflöte perfekt beherrscht, bestreiten das Programm. Die Dame mit dem Cello, gekleidet ist sie in einen schwarzen, langen Samtrock, ist die Ansagerin. Die Pianistin trägt ein enges, schwarzes Kleid, mit hohen Schuhen. Sie schaut kaum auf von ihrem Notenblatt. Eine ältere Sopranistin, singt russische Lieder. Wer möchte, kann Saft trinken. Außer uns ist noch eine italienische Gruppe da. Herausgeputzt, sodass ich mir mit meinem Rucksack und den nackten Füßen in den bequemen Sandalen etwas komisch vorkomme. Vor dem Konzert  habe ich mit einem jungen charmanten Guide gesprochen, der eine kleine Gruppe Amerikaner führt. Er spricht fließend Deutsch und er erzählt, dass er ein freiwilliges soziales Jahr in der Nähe von Fulda absolvierte und  dort mit Behinderten gearbeitet hat.

14.5.      Samarkand

Der Morgen beginnt mit der Besichtigung der Gräberstraße. Viele verschiedene Kuppeln gibt es zu bestaunen. Aber wir sind alle etwas übersättigt mit Besichtigungen. So sitzen wir auf den Stufen und lauschen den Ausführungen Rezas. Es ist herrlich diese Bauwerke zu betrachten und zu träumen.

Beim Besuch der Seidenweberei wird es dann wieder lebendiger. Der Besitzer erklärt uns die Herstellung so witzig, dass wir die Müdigkeit vergessen und gebannt zuhören. Wir schauen den Mädchen zu, mit welcher Fingerfertigkeit sie arbeiten. Eine Decke aus Seide habe ich mir ausgeguckt, aber der Preis hält mich davon ab, eine zu kaufen. Viele Politiker, u. a. auch Angela Merkel waren schon bei ihm zu Besuch.

Am Nachmittag schlendern wir nochmals über den Bazar und wollen noch das Minarett besteigen. Ich nehme Abstand, denn ich weiß nicht, ob das mit der Höhe klappt und vertrauenswürdig sieht das Treppenhaus nicht aus. Doch Birgit und Sigrid nehmen den  Aufstieg in Kauf. Im Innenhof der Medrese ist eine kleine Bühne aufgebaut und davor stehen die Diwans zum Teetrinken. Wir nehmen Platz, trinken Tee und erleben eine sehr schöne Aufführung, die auch das Hochzeits-Zermoniell zum Thema hat.

15.5.      Samarkand - Taschkent

Heute ist wieder ein Fahrtag. Ca. sechs Stunden werden wir fahren und uns aus dem Busfenster die Landschaft anschauen. Das Hotel ist ein Bau aus der Sowjetzeit. Ein riesiger Komplex, wie ein Bienenkorb sieht es aus. Eine moderne Stadt, mit großen Prachtbauten und großen Parkanlagen.

Zum Abendessen führt uns Reza in ein Restaurant. Wir sitzen im Garten, es wir Live Musik gespielt. Die Musik ist sehr laut, aber das scheint die Usbeken nicht zu stören. Die Tische sind schön eingedeckt und heute Abend sind wir viele, denn die Mitreisenden, die ab Taschkent dabei sind, sind eingetroffen und die, die uns in Taschkent verlassen, sind noch da. Eine richtig große Tafel. Am Nebentisch sitzt eine Geburtstagsgesellschaft und sie tanzen. Ich bewege mich etwas zur Musik. Plötzlich werde ich von einem jungen Mann aufgefordert und ich tanze mit ihm. So ganz wohl fühle ich mich nicht, denn ich weiß nicht, ob dies hier so üblich ist. Nach dem Tanz bringt mich der junge Mann an den Tisch zurück und der Kellner bringt mir eine Flasche Sekt von ihm. Mir ist das peinlich. Was bedeutet dies? Reza aber beruhigt mich und sagt, dass dies der Dank sie und alles seine Ordnung habe. Ich will es ihm glauben. Spaß hat es allemal gemacht.

16.5. Taschkent

Der Bazar hier ist überwältigend. Bunt, fröhlich, und laut. Die Menschen lachen, lassen sich aber nicht so gerne fotografieren. Bunte, schöne Kleider tragen die Frauen und auch hier zeigen sie alle ihre Goldzähne. Das Gemüse ist so schön, dass ich am liebsten alles einkaufen will.

Wir gehen zum Denkmal, welches für die Erdbebenopfer gebaut wurde, sehen eine aufstrebende moderne Stadt mit großzügigen Plätzen, Universitäten, Schulen, Kaufhäuser usw.-

Am Abend feiern wir Abschied in einem Lokal, zu dem wir wieder zu Fuß gehen können. Schade, dass uns sechs verlassen, zum Frühstück werden sie nicht mehr dabei sein. Aber wir werden uns mit den Neuen auch anfreunden.

17.5.      Taschkent - Taraz

Heute wieder früh los. Die Grenze erwartet uns. Zunächst geht alles schnell. Wir kommen um 9.30 Uhr an und werden an den Einheimischen vorbeigeschleust. Doch dann heißt es warten, der Bus steht zwar zur Ausfahrt bereit, aber es fehlt wohl ein Papier oder ein Stempel, dass wir Kasachstan befahren können. Wir üben uns in Geduld. Wir sitzen außerhalb des Zollgebäudes und vertreiben uns die Zeit mit Spielen, lesen, reden. Den Bus dürfen wir nicht betreten, müssen also draußen bleiben. Das Klohäuschen ist eine Bretterbude und stinkt entsetzlich, ist schmutzig und wüst. Es gibt keine Möglichkeit etwas zum Essen oder Trinken zu kaufen. Ina hat noch altes Brot und ein paar Kekse. Kaffee können wir nicht kochen, da der Bus abgestellt ist. Nach Stunden kommt ein Zöllner und bietet an, uns durch seine Mutter ein Eis bringen zu lassen. Einige von uns nehmen dies gerne an. Es heißt, dass wir um 20 Uhr fahren könnten, denn dann ginge es wohl auch ohne Stempel. Die Erlaubnis käme von oberster Stelle.

Unsere Reiseleiterin wird von manchen Zöllnern böse angemacht. Toli versteht etwas russisch. Das Mädchen ist so verstört, dass sie kaum mehr etwas mit uns redet. Die Zeit ist nun wieder um eine Stunde vorgestellt und um halb acht Uhr bekommen wir die Erlaubnis zum Wegfahren.

Hans-Peter kann im Schnitt kaum schneller als 54 km fahren. Die Straße hat tiefe Schlaglöcher und so sehen wir die Sonne untergehen. Um Mitternacht halten wir vor einem Gasthaus. Es ist sehr sauber. Wir können es kaum glauben, dass die Familie uns ein Essen mit Salat, Suppe und Fleisch zubereitet. Es schmeckt köstlich und wir bedanken uns bei den netten Menschen herzlich. Das wäre uns in Deutschland nicht passiert. Wir fahren weiter, schlafen so wie es geht und erreichen gegen 5 Uhr das Hotel. Hier werden wir erwartet und zu unseren Zimmern geleitet. Schnell verschwindet jeder in sein Bett, endlich die Glieder strecken und Ruhe haben.

18.5.      Taras - Bishkek

Wir fahren nach einem guten Frühstück um 12 Uhr los. Steppe…, dann taucht das Tien-Shan-Gebirge zu unserer Rechten auf. Es begleitet uns. Die Fahrt ist gut. Ich schlafe viel, weil ich sehr früh wach geworden bin. Die Berge sind etwas verborgen in den Wolken. Das große Hotel ist gut eingerichtet, hat einen Pool, vielleicht kann man ja schwimmen. Das Abendessen ist international, aber es mundet uns bestens, nach all den Spießen und orientalischen Sachen.

 19.5. Bishkek

Irina, unsere neue, junge Reiseleiterin, ist Klasse. Sie erzählt viel und heute Morgen geht es in die Berge. Früh um 6 stand ich auf meinem Balkon und betrachtete diese von der Sonne angestrahlten Schneeberge. Die roten und blauen Häuser bilden einen guten Vordergrund. Die Sonne wärmt schon.

Mit dem Bus fahren wir in die Berge, um bei einer kleinen Wanderung, die immer dem Fluss bergauf folgt, die Natur zu genießen. Den Nachmittag verbringen wir Frauen am Pool und ich natürlich gleich ins Wasser zum Schwimmen. Nachher erfahre ich, dass man das noch nicht hätte tun sollen, da es noch eine zu starke Konzentration von Chemikalien im Pool habe. Aber auch die anderen lassen sich nicht abhalten, sich abzukühlen. Herrlich, wir haben Ferien!!!

20.5.

Los geht es mit dem Bus bei strahlendem Sonnenschein und tiefblauen Himmel an den Issyk-Kul-See. Unterwegs bei einem alten Turm nehme ich das Landschaftsbild dieser Weite in mich auf. Es ist gigantisch, wie die Berge mit ihren Gletschern uns begleiten. Ich erfahre, im wahrsten Sinne des Wortes, zum ersten Mal, wie groß und verschiedenartig unsere Erde ist. Auf den Feldern arbeiten die Menschen mit einfachen Hilfsmitteln, Tierherden werden von berittenen Hirten und Hunden bewacht. Ab und zu kleine Häuser mit Gemüsegärten und Obstbäumen. Pappeln begleiten als Alleen unseren Weg. Die Berge werden uns noch tausende von Kilometern begleiten sagt Hans-Peter.

Nach 4 Stunden auf einer holprigen mit Schlaglöchern versehenen Straße sehen wir den tiefblauen, türkisfarbenen See aufleuchten. Und wenig später stehen wir an seinem Ufer. Der Weg zu unserem eigentlichen Ziel wäre noch zu weit und bei dieser Straße benötigten wir dafür noch Stunden. Der See ist zehnmal so groß wie unser Bodensee und er ist salzig, hat keinen Abfluss, das Wasser verdunstet und lässt das Salz zurück.  Ein kleines Meer. Schneckenhäuser liegen am Strand und die Berge leuchten über dem See wie eine Fata Morgana, von Horizont zu Horizont. Hans nimmt wagemutig ein kurzes Bad, das Wasser ist nicht so kalt aber es geht ein sehr frischer Wind. Wir begnügen uns, mit den Füßen in das Wasser zu gehen. Wenn wir uns umdrehen, sehen wir niedrigere Berge, nicht ganz so hoch aber sie sind begrünt und geben einen schönen Kontrast zu den Bergriesen mit ihren weißen Flächen.

Am Straßenrand haben wir Fische gekauft und wir sättigen uns bei einem üppigen Picknick mit Rotwein, Tomaten, Gurken, Käse, Wurst, dem obligatorischen Knoblauch, den Waltrun bei jedem Picknick mit viel Liebe und Geschick so klein schneidet, dass sich das Olivenöl, welches Hans-Peter aus Andalusien, wo er jeden Olivenbaum und den Bauern persönlich kennt, mitgebracht hat. Wir sind süchtig danach… Ich schaue und schaue, scanne die Bilder in meinen Kopf, keines möchte ich davon missen. Auf der Rückfahrt noch eine kurze Pause. Wir bestimmen Blumen und finden Steine. Ina hat einen kleinen schwarzen mit einem feinen Gesicht gefunden.

21.5.

Heute sehr schlechtes Wetter. Es regnet. Wir haben Ruhetag. Mit Taxis fahren wir zum Markt. Schlendern darüber, kaufen Kleinigkeiten und fahren dann zu dritt in einem abenteuerlichen Taxi, das fast auf den Felgen fährt, weiter zu einem anderen Markt, dort, so sagt Irina gab es schon des Öfteren Unruhen. Buntes Gedränge. Ab zu und zu ein Guss von oben, weil sich das Regenwasser in den Folien der Abdeckungen gesammelt hat. Wir finden schöne Beute, die wir in einem besseren Taxi ins Hotel bringen.

23.5.

Früh verlassen wir das Quartier, denn heute fahren wir in Richtung chinesischer Grenze nach Almaty. Bei der Ankunft fängt es an zu regnen. Hier begrüßt uns Linus unser deutscher Reiseleiter für China. Wir scheuen den Regen nicht und laufen zu einer russisch-orthodoxen Kirche, schön im Zuckerbäckerstil aufgebaut. Dort findet ein feierlicher Pfingst-Gottesdienst statt. Die Menschen sind feierlich bekleidet. Patriarch Alexander, soviel verstehen wir, leitet die Liturgie. Ein Chor und Solisten, wunderbare Männerstimmen, begleiten musikalisch das Ganze. Fast 2 Stunden nehmen wir diese Feierlichkeit stehend in uns auf.

 24.5.

Nach einem beeindruckenden Fahrtag erreichen wir Zarkent, die letzte Kleinstadt vor der chinesischen Grenze. Hier übernachten wir fast familiär in kleinen Zweibettzimmern. Bekommen sehr früh am Morgen das liebevoll gerichtete Frühstück ins Zimmer serviert und los geht es zur Grenze, auf nach China. Was wird uns wohl erwarten? Nach gut einer Stunde erreichen  wir die erste Sperre. Drei Busse stehen schon da. Wir beobachten die anderen, die an der Straße frühstücken. Sie steigen aus Schlafbussen aus, strecken sich, spucken auf den Boden und schütteln sich. Und dann  hebt sich die erste Schranke. Beim nächsten Halt, so teilt uns Linus mit, müssen wir unser ganzes Gepäck aus dem Bus nehmen und zu Fuß weitergehen. Damit habe ich nicht gerechnet. Die Taschen haben sich um eine vermehrt, die Einkaufstasche. Aber alle helfen mit, denn auch die Picknick-Sachen müssen mit. Für uns Fußvolk geht alles glatt. Die Koffer und Taschen werden zwar alle durchwühlt, den PC und den Pass muss ich abgeben. Zum Glück geht es den anderen auch so. Nach einer Weile bringen sie alles zurück. Bis auf Gabrieles. Inzwischen ist es Mittag geworden. Der Zoll schließt und unser Bus musste parkieren. Nichts geht. Wir stehen in China und warten. Durch das Fenster sehen wir den Bus, aber auch Hans-Peter darf nicht hin. Die Zeit vergeht. Eine kleine Schlägerei entwickelt sich unter den Taxifahrern aber nach kurzer Zeit, nachdem gleich auch Militär anrückte, ist der Spuk vorbei und der Streithahn hat sich beruhigt. Frauen schleppen Kartons um Kartons. Es sind uigurische Frauen, die frische Ware ins Land bringen wollen. Darunter große, schwere, gefüllt mit Bonbons. Ich bekomme einen, wahrscheinlich schaute ich so hungrig.

Langsam wird es ruhiger, weniger Menschen kommen durch den Zoll. Es tut sich nichts. Endlich, Hans-Peter kann den Bus wegfahren, denn dieser muss noch desinfiziert werden und durch den Zoll. Wir gehen mittlerweile mit Che, unserem chinesischem Führer und Linus nach draußen auf die Straße. An einer Straßenkreuzung sollen wir warten. „Der Auszug aus Jerusalem“, Jeder zieht, schiebt, trägt seine und andere Lasten dorthin. Sofort setzen sich zwei kleine Wagen, die Getränke anbieten, in unsere Richtung in Bewegung. Ja, das Wasser tut gut, auch das Bier. Da sehen wir auf dem Zollhof unseren Bus, er fährt, nein er fährt nicht, er parkt ein. Es ist mittlerweile 17 oder 18 Uhr. Das wird heute nichts mehr mit dem Bus. Linus hat bereits die Agentur angerufen um einen „Chinesenbus“ zu organisieren, der uns in unser nächstes Quartier bringen wird.

Da wir alle hungrig sind, sucht Linus mit uns ein Restaurant. Unsere Koffer werden an der Straßenecke von Toli, Wolfram und Che bewacht. Das erste Haus ist Linus nicht geheuer, die Küche, die er gesehen hat, wohl nicht sehr vertrauenswürdig. So geht es weiter. Ein Auto hält an und sagt, dass wir die Straße hinunter gehen sollten, dort sei ein gutes Restaurant. So ist es, die Herren im Auto waren Polizisten. Linus muss mit zur Dienststelle, um uns dort anzumelden. Der Bus, mit dem wir weiterfahren, ist klein und eng, nicht so gut gefedert. Aber wir haben Glück, denn es ist eine neue Autobahn und der Fahrer ist sehr gut. Unser Gepäck und alle Crewmitglieder sind wieder an Bord. Unser „Baby“ steht nun einsam auf dem Zollhof. Toli, unserem Mechaniker, bricht es schier das Herz.

Im Hotel wird kräftig gebaut, doch das stört uns nicht, tragen uns doch die Hotelangestellten die Koffer in den zweiten Stock.

25.5.

Unsere Crew, bis auf Che und Linus, ist schon unterwegs zum „Baby“, als wir zum Frühstück erscheinen. Monika kommt mir mit zwei Polizisten entgegen, sie suchen Linus als Übersetzter. Monika war am Morgen auf die Straße gegangen, um sich ein wenig umzusehen. Kaum war sie ein paar hundert Meter gegangen, stiegen aus einem Auto zwei Männer aus, die sie als äußerst nett bezeichnete und die sie auch fragte, ob sie sie nicht fotografieren dürfe, bis ihr ein englisch sprechender Herr erklärte, dass dies Polizisten seien. Sie wurde gebeten, ins Auto zu steigen, was sie jedoch nur tat, als der nette Herr bereit war auch miteinzusteigen, denn ihn verstand sie. So wurde sie die paar Meter im Polizeiauto zurück gebracht.

Mittlerweile ist klar, dass es heute mit dem Bus nicht mehr klappen wird. Für ihn ist noch TÜV angesagt, für die Fahrer eine Fahrprüfung, ein chinesisches Nummernschild, chinesische Führerscheine. Die Zeit läuft und läuft…

Wir versorgen uns in 1 ½ Stunden mit Geld. Der Papierkrieg in der Bank ist unglaublich. Die Menschen warten sehr lange, bis sie an der Reihe sind. Und nun wollen wir einen Spaziergang zum Park machen. Wir kommen nicht weit. Nach ca. 600 Metern werden wir von der Polizei angehalten. Wir haben auch bemerkt, dass wir aus schwarzen Autos beobachtet werden. Mehrere Fahrzeuge bewachen uns. Linus muss angeben, was wir hier machen. Nach längerem Hin und Her bekommt er ein Papier, mit dem wir in den Park gehen dürfen. Also laufen wir. Aber nach ca. 400 Metern wieder Polizei. Hin und Her. Das Ende ist, dass die Polizei uns Taxis ruft, die uns zum Hotel zurückbringen, mit der Auflage, dass wir uns nur mit einem Radius von ca. 200 m Umkreis vom Hotel aufhalten können. Es sei alles nur zu unserem Schutz.

Wir verlassen Yinning und fahren mit unserem neuen Bus zum Sairam-See. Der Fahrer hat wohl auch hier übernachtet und wir hoffen, dass wir das „Baby“ heute Abend wiedersehen werden. Zunächst ist es eine gute Fahrbahn. Aber die Straße wird zur Autobahn  umgebaut und das bedeutet, schlechter Straßenzustand. LKW an LKW. Es geht bergauf. Wir passieren ungesicherte steile Geröllhalden, die jederzeit Steine auf die Straße werfen können. Wir sehen Frauen und Männer große Steine schleppen und auf Lastwagen hieven. Schwerstarbeit, billigstes Material. Überhaupt ist hier viel kleine Handarbeit mit sehr vielen Menschen. Nach einer Kurve, ein gigantischer Anblick. Die Autobahn wird einst in ca. 500 m Höhe liegen. Pfeiler und Brückenteile überspannen schon hier das Tal. Das hätte Peter interessiert. Mir kommt es vor wie der Turmbau zu Babel. Foto-Stopp. Hoffentlich übersteht diese Straße einmal die kalten Winter. Unser Fahrer bringt uns zuerst zum See.

Ganz andere Aussichten. Die Berge und die Wiesen - alles spiegelt sich in diesem blauen See. Unser Hotel liegt auf 2.000 Meter Höhe und je, es so kalt. Das Haus unbeheizt, erst aus dem Winterschlaf erwacht, wir sind die ersten Gäste auch die Jurten der Nomaden sind noch nicht aufgeschlagen. Beim Nachtessen ist uns kalt und in der Nacht ziehe ich alles an, was wärmt.

26.5.

Die Sonne wärmt. Nach dem Frühstück kann, wer Lust hat, Landeskunde und Sprachunterricht mit Linus auf der Terrasse genießen. Dann machen sich ein paar mit ihm auf den Weg zu einer kleinen Bergtour. So viele Bergblumen, die hier sprießen und uns Freude bringen! Auf dem zweiten Gipfel dann liegt uns der See mit seinen Spiegelungen zu Füßen. „Gucken, gucken, gucken.“ Wir überqueren kleine Schneefelder, sehen den Nomaden beim Aufbau der Jurten zu, fotografieren ein Hochzeitspaar am See und laufen zurück. „Der Bus ist unterwegs“. Wir erwarten ihn sehnsüchtig, natürlich nicht nur ihn, sondern auch die Crew. Da kommt er! Alle sind wieder zusammen. Es ist immer noch kalt am Abend, wenn die Sonne untergegangen ist. Typische chinesische Küche. Damit hat mein Magen Probleme. Hoffentlich wird es nicht schlimmer. Es gibt kein Brot. Ich esse gerne warm am Morgen, aber nicht so scharf. Auch das Fett bekommt mir nicht so. Ich bin zuversichtlich, dass ich gesund bleibe.

27.5.

Wir fahren nach Urumqi. Nichts Außergewöhnliches. Im Bus sitzen und schauen. Durch Kohleabbaugebiete, Industrieanlagen geht die Fahrt, aber auch durch begrüntes Land.

An der größten Windkraftanlage Chinas machen wir eine Fotopause. Auch hier hat sich diese Art der Stromgewinnung verbreitet, in einem Ausmaß wie wir es uns in unserem Schwarzwald nicht vorstellen können.

Den Abend verbringen wir zunächst bei gutem Essen außerhalb des Hotels und dann erforschen wir den großen Platz, auf dem es von Menschen nur so wimmelt. Garküche reiht sich an Garküche. Alle Plätze sind besetzt, es herrscht ein Stimmengewirr und es riecht nach allen Essenszubereitungen. Man glaubt weit auf dem Land zu sein aber die Städte hier überschreiten in aller Regel die Millionengrenze.

28.5.

Am Morgen ist ein Spaziergang früh zum Park angesagt. Frühsport, Chi Gong. In Gruppen und mit Musik sind alle Altersklassen dabei. Manche tragen gleiche Kostüme. Andere machen alleine Sport, singen dabei, oder sie üben sich im Reden. Manche trainieren das Rückwärtsgehen, wieder andere springen in Froschhaltung die Treppe hinauf. Wir kommen zum „Turm der ewigen Liebe“ Die Frischverliebten kommen hierher und schließen kleine Schlösser mit ihren Namen in die Absperrung. Von hier hat man einen guten Blick auf einen Teil der Stadt. Eine moderne Industriestadt voller Leben.

Wir besichtigen einen buddhistischen Tempel, Linus erzählt uns vom Buddhismus. Auf der Straße tobt das Leben. Zwei lassen sich die Haare schneiden. Wir anderen essen in der Garküche Nudelsuppe, scharf, gut. Ein kleines dreijähriges Mädchen nimmt uns ganz in Beschlag.

Beim Essen am Abend teile ich mir eine Portion frisch gebratenes Lamm. Wir können sagen, welches Teil wir gerne wollen. Es schmeckt wunderbar. Wir vergnügen uns und genießen es hier zu sein. Ein Deutscher, der hier seit zwei Jahren unterrichtet, ist glücklich, dass er wieder einmal Deutsch reden kann.

Inge Stagneth

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