Im Reisebus von Freiburg nach Shanghai – auf der Seidenstraße um die halbe Welt
15Mai/10Off

Wüste, wilde Tiere, Salz, Geld und Montezumas Rache

Liebe BlogleserInnen,

Wie schnell doch die Zeit vergeht, eigentlich wollte ich mich früher melden, unsere Tage sind aber so ausgefüllt mit Sightseeingtouren, dass ich abends todmüde ins Bett sinke und das Blogschreiben schwänze. Sorry, Verzeihung, ’tschuldigung.

Die Wüste

Nachdem wir in Isfahan einen Tag früher als vorgesehen abfahren mussten (das Hotel brauchte unsere Zimmer), konnten wir den langen Weg nach Sharoud ganz gemütlich innert 2 Tagen unter die Räder nehmen. Das „Ausweichhotel“ in Khor entpuppte sich als wahrer Glücksfall. Das Balihotel ist ein Juwel. Eine kleine, ehemalige Karawanserei, liebevollst restauriert und als Familienbetrieb geführt. Der Papa, ein drahtiges Männchen mit Kraushaar, listigen Äuglein und einem Schnauz samt seinen bildschönen Töchtern und Söhnen. Die Mama ist in der Küche und kocht wie ein Herrgöttlein. Die Eingangshalle ist in der Mitte abgesenkt, mit Spring-Brünneli und gefliesten (und natürlich teppichbelegten) Bänken drumherum. Hier lässt’s sich gut sein. Der Tee kommt auch schon bald in Form von Thermoskannen mit Wasser und Teebeuteli (der einzige Stilbruch). Mein Zimmer ist für persische Gäste eingerichtet (die Betten sind zusammengerollt und für mich ist ein Bett hineingestellt worden.), die Dusche/WC ist aber westlich, einfach und tipptoppsauber. Vögel pfeifen, Rosen blühen und ringsum nichts als Wüste und Stille - ein Traum. Jetzt sind wir wirklich in Persien. Der Vater erlaubt uns – da wir die einzigen Gäste sind – die Kopftücher auszuziehen, welche Wohltat, mal wieder den Wind in den Haaren zu spüren.

Vor dem Nachtessen fahren wir in die Wüste, den Sonnenuntergang zu genießen. Unser „rasender Reporter“ Jürgen und Doli (unser Mechaniker von Setra) wollen den Bus filmen/fotografieren, wie er in den Sonnenuntergang fährt. Die beiden jagen – chauffiert vom Sohn des Hoteliers – hinter, vor und neben uns her (frei nach James Bond) und filmen, mit dem Ergebnis, dass wir den Sonnenuntergang nur vom Bus aus erleben, weil die Kerle zu spät wegfuhren. Schön war’s aber trotzdem. Auf dem neben der Straße liegenden Salzsee konnten dann Bubenträume verwirklicht und im Auto über den See gerast werden (nein nicht im Bus, im Familienauto der Hoteliers).

Der nächste Tag brachte sie dann, die Fahrt durch die Wüste nach Sharoud. Der absolute Wahn. Erst Salzwüste, d.h. Sand und Kies von Salz überzogen wie Raureif, unterbrochen von schneeweißen Salzseen. Topfeben, ganz weit weg umrahmt von Bergen. Dann kam viel, viel Sand, mal hügelig, mal flach bis zum Horizont. Dann wieder Sandsteinformationen, die aussehen wie riesige Elefantenfüße (bis zu 20/30 Meter hoch), in allen Farben leuchtend (schwefelgelb, lindengrün, ocker, rosa bis rost- und dunkelrot, dazu eine Vielfalt an Beige- und Grautönen). Einfach unfassbar schön. Ein Paradies für Stoffdesigner.

Am Nachmittag werfen ein paar Cumuluswölklein schwarze Schatten auf die Erde, sodass man von Weitem meinen könnte, es habe dort gebrannt, beim Näherkommen lösen sie sich dann in nichts auf. Sanddünen mit wunderbaren vom Wind geblasenen Mustern und und und. Man muss es gesehen haben, es ist unbeschreiblich im wahrsten Sinne des Wortes. Landschaftlich könnte das der Höhepunkt unserer Reise gewesen sein.

Unser Guide hat uns erzählt, es gebe Tiger hier, Wüstenfüchslein und wilde Kamele. Wir fuhren und fuhren und fuhren – unterbrochen von vielen Fotostopps – aber, außer einem Käfer bei einem kurzen Halt, wollte sich partout kein einziges Tier zeigen. Einmal meinte ich ganz in der Ferne 3 Kamele zu sehen, sie entpuppten sich beim Näherkommen als Lastwagen. Aber es gibt sie doch, die Kamele: Kurz vor Sharoud, dort wo die Wüste im Frühjahr etwas Regen bekommt, hat eine ganze Herde direkt vor unseren Nasen die Straße überquert. Etwa 40 bis 50 Tiere, davon viele Jungtiere, wurden von 2 Hirten über die Straße auf ein anderes Feld getrieben. Von wegen „wild“ - die Leitkühe hatten Glocken an. Das war wohl ein Sprachproblem: Die Tiere weiden zwar unbeaufsichtigt, sie gehören aber selbstverständlich einem Bauern oder Kamelzüchter, der sie von Weide zu Weide treibt. Kaum waren wir wieder im Bus, sahen wir am Horizont zwei noch größere Herden.

Die Grenzen

Wie mühsam und zähflüssig und manchmal auch skurril die Grenzübertritte sind, wird Euch Barbara berichten. Ich will dazu nur so viel sagen: Wir haben es sehr zu schätzen gelernt, in einem Europa ohne mühselige Grenzübertritte leben zu dürfen.

Das liebe Geld

Der bisherige Höhepunkt unserer Geldwechslerkarriere erlebten wir hier in Usbekistan. Wie schon in Persien und Turkmenistan ist auch die Usbekische Währung nicht viel wert. Für einen Euro bekommt man 2.400 Sum (CYM geschrieben), die größte Note ist ein 1.000-Sum-Schein. Für meine 70 Euros bekam ich ein Plastiksäcklein mit einem ca. 10 cm hohen Turm von 1.000er, 500er, 300er und 200er-Noten (total 168.000 Sum). Wir gehen jetzt alle mit Plastiktüten einkaufen, unsere Portemonnaies sind viel zu klein fürs Usbekische Geld.

Es tönt zwar schrecklich teuer, wenn man für ein Essen (Suppe, Salat, Hauptgericht, inkl. Tee und Brot) 10.000 Sum hinblättern muss, umgerechnet sind’s dann aber nicht mal 5 € pro Menu. A propos Brot: Unser Guide hier in Turkmenistan hat uns berichtet, dass das Brot in Samarkand das Beste des ganzes Landes sei. Es stimmt: rund, luftig und meist ganz frisch (noch lauwarm) schmeckt es herrlich.

Aber auch das beste Brot schützt uns nicht vor
Montezumas Rache

Obwohl wir uns die Zähne mit Mineralwasser putzen (seit Turkmenistan), uns so oft es geht die Hände waschen und beim Essen aufpassen, werden auch wir nicht verschont. Der Dünnpfiff geht um! Der erste Blick beim Frühstück gilt dem Teller: Wer nur trockenes Brot isst oder gar nichts, den/die hat’s erwischt. Mich hat’s in der Nacht vor der Abreise von Mary nach Buchara hingehauen, ab Mitternacht bis zur Abfahrt um 8 Uhr pendelte ich vom Bett zur Seufzer-Toilette und zurück (ich hatte eine Klobrille aus mit Plastik überzogenem Schaumstoff, die beim Hinsetzen ein Seufzergeräusch von sich gab!!!). Ein Stückchen eingelegte Bitterwurzel, von Ina verabreicht, hat innert Minuten den Magen beruhigt und Immodium stopfte den Rest. Die Fahrt nach Buchara habe ich verschlafen und den – so schien mir – ewig langen Gang über die Grenze ließ ich in „Trance“ über mich ergehen. Zum Glück dauert die ganze Misere meist nur gute 24 Stunden (die schweren Fälle leiden bis zu 3 Tagen). Die schöne Nebenwirkung: Die Pfunde sind gepurzelt, die Hosen sitzen lockerer, ach, wenn’s doch so bliebe. Die meisten von uns haben’s bereits überstanden, darum verlasse ich jetzt getrost das unappetitliche Thema und komme zu den

Gärten

Die Städte in Turkmenistan und Usbekistan sind voller wunderschöner Parks und Blumenrabatten. Die Rosen stehen in vollster Blüte, viele wunderbare alte Sorten sieht man hier, solche, die noch duften. Der Garten in unserem Hotel in Mary, einem sehr einfachen Haus, war eine reine Augenweide, ein riesengroßes Monet-Bild in Natura. Wunderschön.

Auch hier, in Samarkand, bewundern wir – neben den vielen tollen Baudenkmälern – die schön bepflanzte Parkanlagen und Gärten.

Morgen geht die Reise weiter nach Taschkent. Dort werden wir uns von einigen Freunden verabschieden müssen, neue werden dafür dazukommen. Und wenn ich Glück habe, kann ich von Taschkent aus auch dieses Mail abschicken, hier in Samarkand will es nicht klappen, das dauert Ewigkeiten hier und wir wollen essen gehen. Die Hotels in den Zentralasiatischen Staaten scheinen noch sehr UdSSR-geprägt. Da ist das Personal nicht für den Gast da, sondern der Gast fürs Personal.

Seid alle ganz herzlich gegrüßt von der ganze Truppe und Eurem Schreiberlein

Heidi Bisang

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11Mai/10Off

Iran – Turkmenistan – Usbekistan

05.05. Mittwoch 
22. Tag Shahrud – Mashhad

Aus dem Katalog: "Auch heute sind wir viel unterwegs, unterbrochen vom Besuch einer alten Koranschule und den üblichen Pausen, aber ans Fahren haben wir uns mittlerweile gewöhnt, und morgen ist schließlich wieder ein Ruhetag. Auf Achse zu sein ist mittlerweile fast schon zur Sucht geworden, und die intensiven Eindrücke der persischen Landschaften sind einfach unglaublich. Am Nachmittag erreichen wir Mashhad."

Naja, Sucht? Ist wohl etwas übertrieben, aber ich empfinde die Fahrerei durchaus als erholsam. Der Bus ist sehr bequem, man lässt die Landschaft an sich vorüber gleiten, aber da sie nicht immer spektakulär ist, kommt man auch mal zum Lesen. Dann wieder teilt die liebe Ina Kaffee aus, und die Zigaretten- bzw. Pinkelpausen sind auch nicht zu weit auseinander. Aber die alte Koranschule hab ich ausgelassen, denn das Programm ist ja nicht Pflicht: ich habe lieber die pittoresken kleinen Läden fotografiert, die es in diesem von Touristen völlig unbeleckten Vorort von Shahrud gab. Die zeige ich euch später.

06.05. Donnerstag
23. Tag Mashhad

Aus dem Katalog: "Die Hauptstadt der Provinz Khorasan, die im Nordosten Irans an Afghanistan und Turkmenistan grenzt, liegt auf knapp 1.000 m Höhe inmitten eines wasserreichen Tales und ist eine der landwirtschaftlich produktivsten Regionen Irans. Bekannt ist Mashhad als bedeutendster Wallfahrtsort der Schiiten durch das Grab des achten Imam Ali Reza. Besichtigung verschiedener Denkmäler und Bauwerke, anschließend Mittagspause in einem schönen Ausflugsort der Städter in der Nähe von Mashhad. Der restliche Tag steht zur freien Verfügung, eventuell gibt es die Möglichkeit zur individuellen Besichtigung des Heiligtums."

Merkwürdiges Gefühl, so nahe an Afghanistan vorbeizufahren! Mashhad ist eine wirklich sehr sehr heilige Stadt, die heiligste Irans, sie kommt wohl gleich nach Mekka. Es gibt hunderttausende von Pilgern, die wie die Fliegen über diese ansonsten ziemlich uninteressante Großstadt herfallen und durch deren Gewusel man im Basar kaum durchkommt. Auffallend die vielen in schwarzem Tschador gehüllten Frauen, die dieses Tuch vorschriftsmäßig von innen (!), damit man auch ihre Hand nicht sieht, zusammenhalten.

Ein Wort zur Reisegruppe ist hier wohl angesagt: Nach wie vor gibt es keine Spannungen, und dabei hätten die hier ausbrechen können. Es gab nämlich unterschiedliche Ansichten darüber, ob es wohl angebracht wäre, das Heiligtum zu besichtigen oder nicht. HP berichtete, wie er sich vor zwei Jahren in dem Hotel in der Nähe des Heiligtums inmitten dieser zutiefst ergriffenen Menschen eigentlich unwohl oder deplatziert gefühlt habe. Einige von uns fanden daher, dass wir nicht dorthin gehen sollten, um die Leute zu beobachten, andere aber sind hingegangen. Wir haben uns unsere unterschiedlichen Meinungen zwar mitgeteilt, aber es kam darüber nicht zu Auseinandersetzungen. Man nahm die andere Ansicht einfach zur Kenntnis und tat, was man für richtig hielt.

Ich selbst habe mir überlegt, wie ich mich wohl gefühlt hätte, wenn ich, vergleichbar ergriffen – vielleicht am Grab einer mir sehr nahe stehenden Person – von einer japanischen Reisegruppe beobachtet worden wäre und bin nicht hingegangen.

Die Mittagspause an einem See war sehr schön. Wir lagerten auf Divans, das Essen wurde vor unseren Augen gegrillt, das hat großen Spaß gemacht (siehe Bild anbei).

07.05. Freitag 
24. Tag Mashhad – Mary 
Grenze Iran/Turkmenistan

Aus dem Katalog: "Fahrt von der iranischen Stadt Mashhad zur Grenze nach Sarakhs. Einreise nach Turkmenistan in Serahs. Befreites Aufatmen der Frauen: Die Kopftücher dürfen weg! Weiterfahrt in der turkmenischen Wüste bis nach Mary (ca.160 km ab der Grenze). Ein erstes Bierchen nach elftägiger Abstinenz. Wie »westlich« oder sowjetisch und wenig orientalisch uns nun alles erscheint. Abendessen und Übernachtung im Hotel in Mary."

In der Tat: Wir rissen uns jubelnd die verschwitzten und juckenden Dinger vom Kopf, und es war uns völlig wurscht, was für angeklatschte „Frisuren“ darunter zum Vorschein kamen! Eine Frau, die erst in Teheran zu uns gestoßen war, bekam uns das erste Mal ohne Kopftuch zu sehen! Sehr komisch, sie hatte keine Vorstellung davon, wie wir wohl „wirklich“ aussähen.

Grenzübergänge: Es wurde ja angekündigt, dass sie mehrere Stunden dauern könnten, und das taten sie auch. Zumeist heißt es Schlange stehen oder sitzen. Also: Erst muss der Beamte des zu verlassenden Landes einen Ausreisestempel in den Pass tun. Meist darf er das nicht alleine, ein zweiter muss kontrollieren, ob er das auch richtig gemacht hat. Dann halten wir uns eine Weile im Niemandsland zwischen den beiden Ländern auf, weil ja auch der Bus noch kontrolliert, abgestempelt werden oder sonstwas muss. Solange der Scheff nicht mit dem Bus wieder auftaucht, passiert erst mal nichts. Dann steigen wir wieder ein, fahren einige zig Meter durchs Niemandsland und steigen wieder aus. Jetzt heißt es wieder Schlange stehen. Dann muss ein weiterer Beamter einen Einreisestempel in den Pass tun, ein zweiter muss kontrollieren (siehe oben), ein dritter übernimmt die Gesichtskontrolle, ein vierter guckt auch nochmal in den Pass, ob denn auch alles mit rechten Dingen zugegangen ist, und ein fünfter muss noch ein Häkchen irgendwo hin malen.

Im Falle Usbekistan kam noch hinzu: Vor der ganzen Passgeschichte steht da ein weiß gewandeter Herr und hält jedem ein Messgerät vor die Stirn. Dann guckt er es an, dreht es herum, damit wir auch lesen können, was da darauf steht, z.B. 35,8, und sagt zufrieden: „norrrmalll“. Wir begreifen: Er ist Arzt und misst unsere Temperatur, damit wir auch ja keine Schweinegrippe ins Land tragen. Zum Glück hat gerade niemand von uns Fieber. Und dann die Zollerklärung. Natürlich auf kyrillisch, kein Mensch kann das lesen, und das ins Englische übersetzte Musterexemplar, das da oben an der Wand hängt, ist so weit oben und auch noch in winziger Schrift, dass man es auch nur mit Mühe lesen kann, und diejenigen, die kein Englisch können, schon mal gar nicht. Und so tragen dann einige das Einreisedatum als ihr Geburtsdatum ein, andere benennen ihr Geburtsland mit Turkmenistan und ihre Staatsangehörigkeit mit Usbekistan, Männer bezeichnen sich als weiblich und Frauen als männlich, es ist ein heiteres Durcheinander. Einige müssen wegen vieler Streichungen und Korrekturen nochmal ausfüllen, weil der arme Zollbeamte nicht mehr drauskommt.

Und dann sitzen wir wieder und warten, denn der Bus muss auch noch durch eine Art TÜV und dafür über ein ähnliches Loch fahren und von unten kontrolliert werden, wie unsere Autos beim TÜV auch, von der Kontrolle der Fahrzeugpapiere, der Versicherung, der Genehmigung, durchs Land zu fahren ganz zu schweigen, und erst dann können wir weiter.

11. Mai

Heute Nachmittag haben wir „frei“, ich aber habe genug vom Herumlaufen in Buchara, wo man an jeder Ecke bedrängt wird, Teppiche, Seide, Keramik, Metallziselierungen oder Schmuck zu kaufen. Ich habe vier Schälchen gekauft, als Mitbringsel, und vor dem Hotel sind sie mir dann aus der Hand gefallen und alle kaputt. Frust. Aber jetzt habe ich erst mal Zeit, mich an Turkmenistan zu erinnern.

Der Übergang vom Iran nach Turkmenistan bedeutete einen ziemlich abrupten Wechsel von so ziemlich allem. Wir bekamen sehr nette neue Führer: Elena, die gut deutsch spricht und Mussa, der perfektes Englisch kann. Aber auch sonst ein plötzlicher Wechsel: der Landschaft, der Gebäude, der Kleidung der Frauen, der Buchstaben und Zahlen, der Fahrweise der Autos und… und… und…

Wechsel der Landschaft: Im Iran sind wir ja meist durch die karstigen Gebirge der Wüste gefahren, jetzt wird die Landschaft für kurze Zeit sanft wellig, wandelt sich in Steppe, wo wir auch eine Kamelherde samt Hirten antreffen (angeblich gibt es hier auch wilde Kamele), aber urplötzlich wird das Land topfeben und saftig grün, unwillkürlich fühlt man sich an die nordamerikanische Prärie erinnert, wo man angeblich einen Hund drei Tage lang beim Weglaufen beobachten kann. Eine ungeheure Weite, immer wieder durchzogen von Bewässerungsgräben und von dem in Schleifen durch das Land geführten etwa Dreisam-breiten Kanal.

Dessen Wasser wird dem Amu Darya entzogen, der aus dem Pamir kommend das Land durchfließt und zusammen mit dem durch Usbekistan fließenden Syr Darya ursprünglich dem Aral See das Wasser zugeführt hat. Die ökologische Katastrophe des austrocknenden Aral-Sees wird allerdings auch hier deutlich: Das Salz des Seewassers, das jetzt nicht mehr gebunden ist, wird durch den Wind in diese turkmenische Ebene getragen (auch in die usbekische). Wir sehen immer wieder weiße Flecken. Zusammen mit der intensiven Bewässerung dürfte das bald zur Versalzung dieser fruchtbaren Böden führen.

Noch aber hat man drei Weizenernten (!) pro Jahr, oder aber man sät Winterweizen und anschließend Baumwolle. Die ist ein Hauptexportprodukt neben Bodenschätzen wie Öl und vor allem Gas. Etwa 40% der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, der Boden gehört dem Staat, kann aber gepachtet werden. Dann muss 70% dieses Bodens mit entweder Weizen oder Baumwolle bepflanzt und die Ernte an den Staat verkauft werden, und zwar zu einem inzwischen anständigen Preis, anders als zu Sowjetunion-Zeiten. Auf den restlichen 30% kann der Bauer anbauen, was er will und es privat verkaufen. Es gibt geschätzte 20% Arbeitslosigkeit (offizielle Zahlen werden nicht bekanntgegeben), das Land ist weder kommunistisch noch demokratisch, sondern folgt einem sogenannten dritten Weg, hat aber in vielem noch kommunistische Züge. Die Leute sind nicht gerade zufrieden, aber sie mucken nicht auf, denn, wie Elena erklärt, die Mieten sind lächerlich niedrig, Strom, Wasser und Gas gibt es kostenlos. Elena zahlt für ihre privatisierte Wohnung 70 Euro im Jahr (!), die staatlichen Wohnungen sind noch billiger.

Wechsel der Gebäude: Die Dörfer, durch die wir kommen, sind zwar ärmlich, aber doch nicht ganz so elend, wie manche iranischen Dörfer. Die im Iran durchgängig üblichen Flachdächer werden nun abgelöst durch Walmdächer. Der Einfluss der Sowjetunion ist deutlich sichtbar. Die Schrift an Geschäften und Straßen ist aber nur selten kyrillisch, sondern für uns wieder lesbar, auch die Zahlen: Die turkmenische Sprache ist mit dem Türkischen so eng verwandt, dass der Scheff, der etwas türkisch kann, die Turkmenen versteht. Und das Straßenbild wird bunter: Die Frauen tragen bildhübsche bunte lange Kleider, und ja, mit Kopftüchern, meist passend zum Kleid, aber schick nach hinten gebunden oder zu einer Art Turban, Hals, Dekolleté und Arme sind frei, also nicht mehr die triste schwarze Farbe, die von den meisten Frauen im Iran getragen wird, mit oder ohne Tschador. Die Kopftücher in Turkmenistan haben keine religiösen Gründe, sondern sind Bestandteil der Nationaltrachten, die hier noch getragen werden. Und wir dürfen unsere Fußnägel wieder lackieren. Wir sind übrigens nicht mehr unter Schiiten, sondern unter Sunniten. Wenn man mit dem Taxi fährt, stellt man befriedigt fest, dass nun wieder auf zwei Fahrspuren auch zwei Autos nebeneinander fahren und nicht drei oder dreieinhalb, das halbe noch irgendwie dazwischen gequetscht, und vor dem Zebrastreifen wird doch tatsächlich angehalten!

08.05. Samstag 
25. Tag Mary, Merv

Aus dem Katalog: "Von Mary aus besichtigen wir die historische Stadt Merv,einst neben Bagdad, Damaskus und Kairo eine der bedeutendsten Städte der islamischen Welt und eines der wichtigsten Handelszentren an der Seidenstraße. Aufgrund der einzigartigen Gestaltung der Stadt kann man nebeneinander die Bauwerke vieler verschiedener Epochen sehen. Die ältesten erkennbaren Ansiedlungen stammen aus dem 6. Jahrhundert vor Christus. Am Nachmittag Rückkehr nach Mary. Übernachtung wie am Vortag im Hotel in Mary."

Eigentlich ist Merv ein riesiges Ausgrabungsgebiet. Aber interessant war es doch. Außerdem habe ich zum ersten Mal bewusst Tamarisken gesehen. Apropos Bäume: Es gibt in Turkmenistan wie auch in Usbekistan massenhaft Maulbeerbäume, die wohlschmeckende süße Früchte haben. Heute habe ich wieder mal welche geerntet! Neu für mich: Diese Maulbeerbäume eignen sich nicht für die Seidenraupenzucht, nur diejenigen, die keine Früchte haben. Seide wird längst nicht nur in China hergestellt, sondern auch in Turkmenistan und Usbekistan.

Mary selbst (gesprochen Maari) ist wohl eine typisch sowjetische Stadt, mit breiten Alleen, viel Grün und vielen Parkanlagen, riesigen sowjetischen Monumenten und Prachtbauten. Es scheint allerdings, dass Plattenbauten nicht so sehr eine sowjetische, sondern eher eine DDR-typische Bauweise waren. Wir waren dort am 8. Mai., am Vorabend des Nationalfeiertages, an dem in offenbar allen ehemals sowjetischen Republiken das Ende des 2. Weltkrieges gefeiert wird. Vor allen Monumenten wurde gefegt und gescheuert, und Schauspieler probten in den Straßen Stücke, die dann am nächsten Tag aufgeführt werden sollten. Und abends konnten wir bei Bier und Wein draußen sitzen: eine Seltenheit! Meist ist das in diesen orientalischen Ländern nicht üblich.

09.05. Sonntag 
26. Tag Mary – Buchara, Turkmenistan – Usbekistan

Aus dem Katalog: "Wir fahren von Mary nach Norden durch die turkmenische Tiefebene. Dabei passieren wir das streng geschützte Wüstenreservat Repetek. Aufgrund seiner Bedeutung für die Erforschung und den Erhalt einer einzigartigen Flora und Fauna hat das Schutzgebiet seit 1979 den Status eines internationalen Biosphärenreservates. Wir überqueren den Amudarya, den die alten Griechen den Oxus nannten und passieren bei Farab die Grenze zu Usbekistan. Nach dem Passieren der Grenze sind noch rund 90 km zu fahren bis nach Buchara. Abendessen und Übernachtung in Buchara."

Hübsche Blümchen und Sträucher gibt es in diesem Wüstenreservat. Ein beeindruckendes Erlebnis jedoch: die Überquerung des Amu Darya. Es gibt nur eine Pontonbrücke, für die der Bus im Grunde zu schwer ist. Wir mussten also aussteigen und drüber laufen. Drei Kilometer!! Ein mächtiger Strom - der Rhein bei Karlsruhe ist dagegen ein Wässerchen. Die Strömung ist ungeheuer, wenn man da in der Mitte hineinfiele, würde man im Nu mehrere Kilometer stromabwärts geschwemmt, und es wäre fraglich, ob man überhaupt an ein Ufer schwimmen könnte. Elena hat uns pflichtschuldigst darauf aufmerksam gemacht, dass es verboten ist, Flüsse und Brücken zu fotografieren, aber das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Außerdem habe ich mich verwundert gefragt, wieso dieser Strom nicht genug Wasser hat, um in den doch nicht mehr so weit entfernten Aral-See zu münden, sondern irgendwo davor zu versickern. Die Aufklärung kam durch Mussa: Zurzeit schmelzen der Schnee und das Eis der Gletscher des Pamir, sodass der Fluss Hochwasser hat. Er ist jetzt etwa 4 m hoch. Im Hochsommer, wenn diese Wasserzufuhr nicht mehr kommt, ist er so flach, dass man hindurchwaten kann, das Wasser geht einem dann nur bis zur Hüfte.

Wir müssen uns also klarmachen: eigentlich ist diese ganze Gegend – Turkmenistan und Usbekistan – Wüste. So saftig grün ist sie nur durch diese künstliche Bewässerung und auf Kosten des Aral-Sees. Wie lange noch?

Barbara Volhard

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9Mai/10Off

Usbekistan

Jetzt können wir sie wieder sehen, die Avanti-Shanghainesen: Gerade (23.30 Uhr MEZ) ruhen Bus und Reisende in Buchara (Buxoro), Usbekistan. Wir sind gespannt, wie's weitergeht!

Sigrid Hofmaier

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9Mai/10Off

Richtung Usbekistan

Sonntag, 9. Mai, 7.06, Uhr, Nachricht vom Scheff via Handy:

"Guten Morgen! Sind seit 2 Stunden quer durch den Repetek-Nationalpark Richtung turkmenisch-usbekische Grenze unterwegs. Alles in Ordnung."

Im Reiseprogramm steht dazu

"09.05. Sonntag
26. Tag Mary – Buchara, Turkmenistan – Usbekistan
Wir fahren von Mary nach Norden durch die turkmenische Tiefebene. Dabei passieren wir das streng geschützte Wüstenreservat Repetek. Aufgrund seiner Bedeutung für die Erforschung und den Erhalt einer einzigartigen Flora und Fauna hat das Schutzgebiet seit 1979 den Status eines internationalen Biosphärenreservates. Wir überqueren den Armudarya, den die alten Griechen den Oxus nannten und passieren bei Farab die Grenze zu Usbekistan. Nach dem Passieren der Grenze sind noch rund 90 km zu fahren bis nach Buchara. Abendessen und Übernachtung in Buchara."

Na, dann können wir uns ja erleichtert zurücklehnen und hoffen, dass das GPS-Signal ab Usbekistan wieder funktioniert...
Einen schönen Sonntag wünscht

Sigrid Hofmaier

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6Mai/10Off

Nicht gemachte Bilder

„Achtung Kamel“ -Diese Warntafel steht alle paar Kilometer entlang der Straße . Sie fotografisch aus dem Seitenfenster zu erfassen ist heikel wegen der Zeitverzögerung des Kamera-Auslösers. Nach vier vergeblichen Versuchen gehe ich nach vorne, um es durch die Frontscheibe zu versuchen. Das Bild gelingt – außer dass diesmal kein Kamel auf der Warntafel ist sondern ein Hinweis „Achtung Verzweigung“. Und es war der letzte Versuch, denn die Kamera meldet „Battery low“.

Die Kamel-Warntafeln sind übrigens nicht umsonst angebracht, wie wir am nächsten Tag erfahren sollten…

Angesagt ist aber zuerst eine grandiose Szenerie mit „Sonnenuntergang in der Wüste“ über einem Salzsee. Der Bus fährt mit uns abends um sieben in die Wüste, die sinkende Sonne im Heck. Reza, der iranische Tourenführer, sitzt vorne unten im Bus beim Fahrer und erklärt uns die Entstehung der Salzwüste, das erst kürzlich erkannte Potential des mineralischen Salzes, er erklärt und erklärt und erklärt... Unruhe entsteht, weil wir höher Sitzenden sehen, dass die Sonne sich bereits dem Horizont annähert. Als der Bus endlich anhält und alle rausspurten, ist nur noch ein letzter Rest von Sonne zu sehen. Die Fotografen (= alle) sind zünftig frustriert. Wir sinnieren: Die Sonne hält sich als einzige nicht an die orientalische Langsamkeit, sie kommt und geht in diesen Breitengraden eher in Eile.

Ein Gang über den Salzsee, ein bunter Strauß mit Wüstengewächs und ein kristallin überzogener Stein mit Wüstensalz entschädigt für vieles. Nachfolgend kommt die Warnung: Bitte nicht probieren! Außer Salz steckt auch Mangan, Uran und anderes, nicht unbedingt Gesundheitsförderliches in diesen Salzkristallen drin…

Frans de Baan

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6Mai/10Off

Ohne Worte – phantastische Fotos aus dem Iran von Anatoli Reklin

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5Mai/10Off

Iran, Iran, Iran…

28./29. April  - 15./16. Tag Teheran

Die Fahrt nach Teheran wieder wunderschön, durch von karstigen Bergen begrenzte Hochebenen, die jetzt schon Steppe sind, fast wüstenhaft. Kleine stachlige Büsche, aber immerhin gelb blühende Kamille dazwischen. Leider ist das Fotografieren der Landschaft durch die Fenster des fahrenden Busses immer problematisch, nur mit Glück hat man mal ein Bild, vor dem keine Spiegelungen sind.

Teheran selbst ist eigentlich keine Reise wert. Ein Moloch von Stadt, laut, stickig und eigentlich hässlich. Wir lernen, dass es ein Glück ist, dass es regnet. Denn das hat die Luft gereinigt, sodass wir dem offenbar sonst in der Hitze unerträglichen Smog entkommen sind. Die Stadt liegt am Rande des Elbursgebirges, dessen schneebedeckte Gipfel gelegentlich am Ende einer Straße zu sehen sind. Sie zieht sich über 700 Höhenmeter hin, das ist, als würde Freiburg von der Rheinebene bis zum Gipfel des Schauinsland reichen, und zwar dicht bebaut. In den nördlichen Höhenlagen auf bis zu 1.700 m wohnen die Wohlhabenden, denn dort ist das Klima im Sommer natürlich angenehmer, während die Armen im Süden auf etwa 1.000 m der Hitze gnadenlos ausgesetzt sind.

Einen unangenehmen Zwischenfall gab es: unangenehm für eine Mitreisende. Sie wurde kurz abgelenkt von einer Frau, und danach fehlten in ihrer Tasche Kamera und Geld. Hoffentlich passiert das nicht noch häufiger!
Aber die Museen sind interessant: Wir waren mit der Gruppe im Nationalmuseum, das sich sehr lohnt, einige waren nachmittags noch im Teppichmuseum, das ebenfalls hervorragend sein soll. Im Nationalmuseum Artefakte, die z.T. noch aus dem 5. Jahrtausend vor Christus stammen. Besonders eindrucksvoll ein gut 2 m hohes und vielleicht 5 m langes Relief, das Darius I und seinen Sohn Xerxes und deren Hofpersonal darstellt. Außerdem eine fast naturgroße phantastische Löwenskulptur aus Stein und ein ebenso großer Stier aus Terrakotta. Davon werde ich mal Bilder schicken.

30. April Freitag -
17. Tag Teheran – Isfahan

Also Qom. Eine heilige Stadt der Schiiten, weil dort die Schwester eines Imam beerdigt liegt. Heilige Stätten bedeuten für uns Frauen noch mehr Schikane. Nackte Füße in Sandalen sind verpönt, frau soll so verhüllt wie möglich sein. Also Strümpfe in der Hitze, das Kopftuch bitte auch um den Hals usw. Der Bus wird nicht in die Stadt gelassen, wir müssen mit einem Bus des ÖPNV hineinfahren und diesen Bus bitteschön korrekt besteigen: die Männer vorne, die Frauen hinten. Das geht unter einigem Gekicher ab, ist aber schon ein Hammer!

Für die Besichtigung des Heiligtums müssen wir Frauen uns in einen Tschador wickeln, also ein großes Tuch, das frau dann unter dem Kinn zusammenhält. Mach das mal, wenn du in jeder Hand eine Krücke hast, und geh mal damit während sich das Tuch um deine Krücken wickelt. Es war Freitag, der Sonntag der Muslime. Weil wir kurz vor dem Freitagsgebet ankamen, wo Touristen dann nicht mehr zugelassen sind, hetzte uns Reza durch die Moschee („zum Fotografieren haben wir keine Zeit“) in einen kleineren Raum, eine Art Seiten-Kapelle, wo schon ein Mullah auf uns wartete und uns dann einen Vortrag u.a. über die Friedensliebe der Iraner hielt. Dann durften wir ihn und uns mit ihm fotografieren und mussten schleunigst wieder raus, weil nun das Freitagsgebet anfangen sollte. Die ganze Sache war – so wie sie ablief – im Grunde nur eine Show-Veranstaltung für Touristen.

Nach weiteren 2 bis 3 Stunden Fahrt Einfahrt in Isfahan: ein großes Ahhhh geht durch den Bus. Safti-ges Grün überall und BÄUME!! Die hatten wir schon längere Zeit nicht mehr gesehen. In der Tat: eine wunderschöne Stadt. Die Straßen gesäumt von Blumenrabatten, Bäumen, desgleichen auf dem Mittel-streifen der breiten Alleen, viele wunderschöne Parks mit uralten Bäumen drin: soweit ich es erkennen konnte, Kiefern, Platanen, Birken. Viele Blumen, vor allem Rosen.

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Vor dem Abendessen unternehmen wir einen Spaziergang und bewundern sprachlos den schönsten Platz der Welt, den Meydane-Emam. Und wir lassen uns von der einzigartigen Atmosphäre verzaubern und gefangen nehmen, wenn wir unten am Fluss unter einem sternenklaren Wüstenhimmel bei Tee und Wasserpfeife sitzen. In Isfahan haben wir vier Übernachtungen vorgesehen. Wie immer bei unseren Aufenthalten in Freiburgs Partnerstadt wohnen wir im Abassi Hotel. Es handelt sich um eine zum 5-Sterne-Hotel umgebaute Karawanserei im Palastkomplex des Shah und stammt aus jenen vergangenen Zeiten, als Isfahan noch die Hauptstadt Persiens war. Das Abassi gilt als das schönste Hotel Irans und liegt so zentral, so dass wir uns in der schönsten Stadt des Orients nur zu Fuß bewegen brauchen."

Das Hotel ist ein Traum. Wir aßen zu Abend im hinreißend schönen Innenhof, endlich einmal draußen sitzend. Ich schicke Bilder.

1. Mai Samstag - 18. Tag Isfahan

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Wir haben heute am Vormittag eine Führung durch einen Teil der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten, welche die ehemalige Hauptstadt Persiens vorzuweisen hat. Am Nachmittag verfügen wir über freie Zeit, zum Entspannen und Erholen, aber auch zum Entdecken und Freundschaft schließen mit Isfahan und seinen überaus liebenswürdigen Menschen: ganz individuell und ohne Gruppenanhang. Um uns dann wieder zu treffen, zum Austausch, zum Erzählen und weil wir neue Freunde gewonnen haben."

2. Mai Sonntag - 19. Tag Isfahan

Auch heute Vormittag sind wir wieder mit unserem Führer unterwegs, denn wir haben längst noch nicht alles gesehen. Gerade an einem Sonntag ist es interessant, durch den armenischen Stadtteil zu gehen. Kirchenglocken rufen die vielen Christen, Nachfahren der Armenier, die sich hier niedergelassen haben in die Kirchen. Die größte von Ihnen ist die Vank-Kathedrale, in der auch ein Museum untergebracht ist, welches das Schicksal dieser Minderheit dokumentiert. Es passt so gar nicht ins Bild, das wir als Europäer vom Iran haben, dass Christen – wie auch Juden – frei ihre Religion ausüben können. Der Nachmittag ist wieder frei.

3. Mai Montag -
20. Tag Isfahan

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Ihren ganz persönlichen Interessen können Sie heute den ganzen Tag nachgehen. Für heute haben wir überhaupt kein Programm vorgesehen. Gestalten Sie diesen Tag ganz genau so, wie es für Sie richtig ist. Isfahan ist eine wundervolle Stadt."

Leider leider wurde der letzte Tag in Isfahan gestrichen. Die Regierung hatte für diesen Tag das Hotel beschlagnahmt, vermutlich für irgendeine internationale Delegation, und so müssen wir einen Tag früher diese wunderschöne Stadt verlassen. Dafür werden wir die Strecke nach Sharud, die sehr lang ist, nicht in einem Tag fahren, sondern unterwegs in einer ehemaligen Karawanserei übernachten, die heute von einer Familie bewirtschaftet wird.

Die vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt, wunderschöne Moscheen, innen und außen voll verkachelt, die alten, zweistöckigen Brücken, der riesige zentrale Platz sind sehr beeindruckend, aber gleichzeitig sind diese Eindrücke so viele, dass sie zu beschreiben mich jetzt überfordert. Es ist eine Stadt, in der man eigentlich mindestens zwei Wochen verbringen sollte, und auch mit Genuss könnte.

Immer wieder sprechen uns Menschen an. Meist können sie kein Englisch, von Deutsch ganz zu schweigen. Sie legen aber Wert darauf, uns wenigstens „Hello“ zu sagen und ein freundliches Lächeln zu schenken. Diejenigen, die etwas besser Englisch können, fragen uns, wie uns Iran gefällt und bekommen selbstverständlich begeisterte Antworten. Und in Läden, in denen wir etwas kaufen, sorgen sie dafür, dass wir nicht übervorteilt werden! Denn das versuchen die Ladenbesitzer schon mal.

Einige allerdings sprechen fließend Englisch, und da sind dann tatsächlich auch politische Gespräche möglich. Die Wut ist groß, aber auch die Hoffnungslosigkeit. Es wird keine Volkserhebung erwartet, weil allen klar ist, dass das zu einem Bürgerkrieg führen würde. Bei der noch frischen Erinnerung an den Irakkrieg will das niemand. Erwartet wird im Gegenteil ein noch strengeres Regiment bis hin zur Vermutung, dass bald auch Touristinnen gezwungen sein könnten, den Tschador zu tragen.

Selten gibt es auch Aufdringlichkeit. Man wird eingeladen zum Tee in einen Teppichladen, angeblich soll man nur gucken, braucht gar nichts zu kaufen, aber der Zweck ist halt doch der, einen Teppich an uns loszuwerden. Und dann diese Situation: Ich suche nach einem Taxi, das mich von der wunderschönen Khajoud-Brücke ins Hotel bringt. Ein aufdringlicher junger Mann will mir unbedingt eins besorgen, was ich gar nicht will (ich bin selber groß), es kommt eine Gruppe junger Frauen vorbei, die kein Englisch können, die Situation bemerken und verstehen, und plötzlich habe ich die äußerst energische Hand einer dieser Frauen im Rücken, die mich von dem Jungen wegschiebt, die dazugehörige etwa 20-Jährige teilt dem Jungen gleichzeitig mit, dass er sich zu trollen habe, was der auch brav tut. Das Wort Taxi, das ich äußere, verstehen die Frauen, schieben mich über die Straße auf die andere Seite, stopfen mich dort, ohne dass ich protestieren kann, in ein schon volles Taxi, sagen dem Taxifahrer und den Mitfahrenden, wohin ich will, schon bin ich unterwegs, und die Mitreisenden sorgen inzwischen dafür, dass ich nicht mehr als 2 Euro für die Fahrt zahle.

Und dann Ali. Ali lebt in Düsseldorf, ist gerade in Ferien in seiner Heimatstadt Isfahan, spricht fließend Deutsch und opfert uns seinen vorletzten Nachmittag hier. Wir sind eine Gruppe von einigen Frauen, und er führt uns nun in Teile des Bazars, die wir nie bemerkt hätten: Hinterhöfe, ein abenteuerliches Teehaus mit einer Abteilung für Männer und einer für Familien, in der wir dann sitzen, Tee trinken und Wasserpfeife rauchen. Der Schmuck an Wänden und Decken ist umwerfend (ich schicke Bilder). Später zeigt er uns Werkstätten, in denen Teppiche repariert oder Stoffe bedruckt werden, eine Werkstatt, in der die berühmten Kacheln bemalt und gebrannt werden. Eine sehr diffizile Arbeit! Wir dürfen die Leute bei der Arbeit beobachten und fotografieren, der Brennofen ist unglaublich primitiv und brennt drei Kacheln pro Tag! Wir bekommen ein Stück Iran zu sehen, das Touristen wohl sonst nie zu sehen bekommen.

Am letzten Abend in Isfahan mache ich – zum ersten Mal in Iran – mal den Fernseher an. Ich erwarte eigentlich nur persische Programme, und die gibt es natürlich: mindestens drei, auf denen Mullahs ihre Meinungen kundtun, teils allein, teils in Talkshows, dann natürlich Nachrichten und Spielfilme. Aber dann staune ich: mehrere englischsprachige Programme, nämlich Press-TV, das amerikanisch CCTV, ein offensichtlich iranischer Sender in englischer Sprache, BBC (!!) und – ausgerechnet! – CNN, also DER amerikanische Hetzsender gegen die „Achse des Bösen“. Dazu Euronews in deutscher Sprache und ein französischsprachiger Sender. Im Übrigen guckt der Feind USA hier aus allen ökonomischen Löchern: das Waschbecken ist „American Standard“, zu trinken gibt es Cola und Fanta usw.

4. Mai Dienstag -
21. Tag Isfahan – Sharoud

Aus der Reisebeschreibung von Hans-Peter Christoph: "Heute ist wieder Fahrtag: Welch ein Genuss, stundenlang aus dem Fenster zu schauen, die Wüste an uns vorüber ziehen zu lassen, die in ihren Formationen, Tälern, Schluchten und ihrer monumentalen Gebirgswelt einfach nur als großartig und fantastisch zu bezeichnen ist. Zerfallende Karawansereien tauchen auf, immer wieder sind museumsreife LKWs zu überholen, eine Fata Morgana nach der anderen taucht auf. Bilder prägen sich ein, die wir nie wieder vergessen werden. Wir sind im Orient, so unbeschreiblich schön. Eine Übernachtung in Sharoud auf halber Strecke nach Mashhad, der heiligsten Stadt Irans."

Aber vorher übernachten wir ja noch in der oben erwähnten Karawanserei. Heute ist für mich ein Freudentag – hoffentlich. Denn hoffentlich habe ich die Krücken nicht zu früh in den Laderaum des Busses gegeben. Aber es sieht so aus, als dürfe ich jetzt ohne gehen.

Weiterfahrt durch platte Wüste, Besichtigung der Freitagsmoschee in Nain. Immer wieder kleine Oa-senstädtchen mit Grün. Und in einem solchen liegt unser Hotel, eine ebenfalls umgebaute Karawanserei, sehr einfach, aber bezaubernd. Abends fahren wir noch etwas hinaus in die Wüste, sehen den Son-nenuntergang und einen riesigen Salzsee. Allerdings enthält dieses Salz auch Metalle und Mineralien wie Pottasche und vor allem Magnesium. Davon kostet ein Kilo 850.000 US-Dollar, es ist vermutlich kostbarer als Gold. Ursprünglich war Deutschland an der Erforschung einer möglichen Ausbeutung dieser Ressourcen beteiligt, aber seit die USA ihren Psychokrieg samt Embargo gegen den Iran führen, läuft da nichts mehr.

Wir waren auf einer einfachen Landstraße herausgefahren, und jetzt mussten wir wieder zurück. Stefan fuhr und vollbrachte auf der engen Straße ein Wendemanöver, das uns allen Respekt abnötigte. Dabei fällt mir ein, dass ich zwar über HP Christoph, den „Scheff“ und Ina Jander, die gute Seele der Reise, aber über die beiden anderen Mitglieder des Teams noch gar nichts geschrieben habe, also über Stefan Reif, unseren zweiten Fahrer, und über Anatoli Reklin, den Mechaniker, der für den Fall dabei ist, dass an dem Bus etwas zu reparieren sein sollte. Beide sind ebenfalls sehr nette und hilfsbereite Menschen. Stefan bugsiert den Bus genauso sicher um unwahrscheinliche Kurven und durch Engpässe wie HP, und Toli hilft, wo er kann, und wenn man sich dann bedankt, sagt er lächelnd: „Ich bin ja nicht zum Spaß mitgefahren“. Außerdem macht er hochprofessionelle Fotos, die uns alle vor Neid erblassen lassen.

Inzwischen sind wir nach einer Fahrt durch atemberaubende Wüstenlandschaften in Sharud angekommen. Was soll ich da beschreiben, ich werde ein paar Fotos schicken. HP sagt, dies sei eine der schönsten Strecken der ganzen Reise. So kam es uns auch vor. Ach, und es ist so eine Erleichterung, wieder richtig gehen zu können, bei Pausen sich wirklich die Beine etwas zu vertreten, anstatt auf Krücken rumzuhängen.

Barbara Volhard

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3Mai/10Off

Erfahrungen der iranischen Art

Liebe BlogleserInnen,

Das Nähkästchen hat sich wieder gefüllt:

Die Polizei, Dein Freund und Helfer....

Um 8.15 Uhr starten wir in Täbriz Richtung Teheran, alle sind fröhlich und guten Mutes. Die Sonne lacht und wir kommen zügig aus der Stadt. Wenn das so weiter geht, sind wir spätestens um 18.30 Uhr in Teheran. Etwa bei Kilometer 110 auf der Autobahn bremst der Bus, der Scheff ruft „Mädels, Kopftuch, Polizei“. Wir büscheln (richten) blitzartig unsere Kopfbedeckungen, es wird mucksmäuschenstill im Bus, wir spitzen die Ohren und verstehen doch nur „Bahnhof“. Einer der Polizisten kommt in den Bus und will die Papiere sehen (nicht unsere, die vom Auto). Er steigt wieder aus und wir fahren langsam hinter dem Polizeifahrzeug Richtung nächste Ausfahrt. Der Scheff klärt uns auf: Die Polizei hat behauptet, wir seien mit mindestens 120 gefahren (statt 100), das geht aber gar nicht, da der Bus bei 100 plombiert ist, wir können gar nicht schneller fahren.

Um das Gesicht nicht zu verlieren, wollen die Polizisten alle Papiere sehen und entdecken dabei, dass ein Stempel fehlt (hat der Beamte bei der Einreise in den Iran verschlampt). Anstatt uns nun den fehlenden Stempel in der nächsten Stadt holen zu lassen (die wäre etwa 5 km entfernt) verlangen sie, dass wir zurück nach Täbriz fahren. Also zurück auf die Autobahn und 1 1/2 Stunden retour. Um 12 Uhr landen wir nur wenige 100 Meter (fast in Sichtweite) von unserem Hotel auf einem Parkplatz vor einer Polizeikaserne (Informatikabteilung der Täbrizer Polizei). Hans-Peter und Reza schnappen sich ein Taxi und fahren zur Hauptwache bzw. zum Polizeidepartement, um zu versuchen an den „richtigen“ Stempel zu kommen.

Wir machen uns derweil auf die Socken Richtung nahe gelegenem Park. Dort hat’s Bänklein und vor allem ein Hüsli. Wir werden bescheiden, dreckig hin oder her, Hauptsache wir können uns erleichtern (übrigens, ich hab’s gelernt, ich kann jetzt auch stehend brünzeln!). Ina hat Biskuits und das letzte Obst aus dem Bus mitgenommen die wir als Mittagsmahl essen – großen Hunger haben wir eh nicht.

Um 14.45 Uhr dann – große Erleichterung – kommen Hans-Peter und Reza im Taxi angerauscht mit dem richtigen Stempel in den Papieren. Dank einem netten Beamten dauerte die ganze Aktion „nur“ knappe 3 Stunden!! Der Scheff steigt mit einem riesigen Bündel Fladenbrot auf dem Arm aus dem Taxi. Wir können endlich wieder abfahren. Das Brot samt Resten vom letzten Picknick (für jeden/jede) ein bisschen Wurst und Käse und ausreichend Brot, herrlich! Statt am frühen Abend fallen wir dann nachts um 23 Uhr todmüde und bei strömendem Regen, aber mit immerhin 23 Grad schön warm, aus dem Bus.

Während die Koffer auf unsere Zimmer gebracht werden, können wir uns an den Resten des (wohl all-)abendlichen Buffets laben. Dass vieles fehlte, war uns wurscht, Hauptsache wir sind glücklich und sicher gelandet. Und schon bin ich wieder beim Thema...

Hotels

Beim Zimmerbezug in Teheran stellte sich dann leider heraus, dass das ehemals gut geführte 4-Sterne Haus total heruntergekommen ist. Es lebt ganz nach dem Motto außen hui und innen pfui, von außen sieht es nämlich todschick aus. Die Zimmer waren dann von der miesen Sorte, wir wurden wohl auch in den schlechtesten Zimmern untergebracht. Verfleckte Teppiche, unappetitliche Decken, Fenster, die nur mit brachialer Gewalt geöffnet werden konnten (oder wie bei einer Kollegin mit Brettern zugenagelt waren; sie konnte das Zimmer wechseln!). Eine richtige Absteige halt. Kurz: Wir waren froh, nur 2 Nächte dort zu sein. Ich habe geschimpft, wie ein Rohrspatz (und war nicht alleine damit), aber natürlich haben wir uns damit abgefunden und darüber faule Sprüche geklopft. Dem Scheff war die Sache etwas peinlich, er kann ja auch nichts dafür, denn letztes Mal war das Hotel noch ganz okay (das sagen alle, die schon mal da waren).

Die große Belohnung genießen wir dafür jetzt. Das Abassi-Hotel in Isfahan ist ein absoluter Traum. Eine Oase der Schönheit und Ruhe. Wir schätzen diesen Luxus nach dem Flop in Teheran umso mehr.

Geld und Bschiss

Hurra, wir sind alle Millionäre! Das Geld hier ist so wenig wert, dass man für 200 Euro (300 Schweizer Franken) knapp 3.000.000 (in Worten drei Millionen!!!) Rials erhält. Die Inflationsrate von Januar bis Ende April beträgt 41%. Der Iran scheint eine einzige große Gelddruckmaschine zu sein, der Kurs fällt täglich. Dies bedeutet für uns, dass alle Güter und Dienstleistungen fast gratis sind, aber die armen Iraner haben den Verlust von 41% ihres Einkommens innert 4 Monaten zu verkraften, schrecklich.

Die vielen Nullen auf den Noten hatten zur Folge, dass zwei unserer Mitreisenden mit einer 500.000-Note bezahlt haben und erst zu Hause bemerkten, dass sie nur auf 50.000 Rückgeld erhalten haben. Die eine Kollegin hat damit das Museum gesponsert (wir sehen das als Irrtum an), die andere wurde im Hotel übers Ohr balbiert, das schmeckt schon sehr nach Bschiss. Die beiden buchen das unter „Erfahrung“ ab, der Verlust ist verkraftbar (je ca. 35 Euro)

Bestohlen wurde auch jemand aus unserer Gruppe. Typische Situation an einer Bushaltestelle: Gedränge und Geschubse, zudem neugierige Sittenwächter (vor denen machen wir uns möglichst unsichtbar, falls das Kopftuch nicht ganz sittenkonform sitzt), und schon waren das Portemonnaie und eine kleine Kamera weg.

Und da sind wir beim Thema:

Das Kopftuch

Seit dem Grenzübertritt laufen wir also verschleiert durch die Gegend, auch im Bus muss es sein, im Hotel selbstverständlich auch. Nur die Zimmer sind kopftuchfreie Zone (der Balkon gehört aber nicht dazu). Wir sehen aus wie eine Mischung aus Mutter Theresa und Schleiereulen. Mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt und tragen unsere Tücher schon (fast) ganz selbstverständlich. Dass im Hotelgarten so etwa alle halbe Stunde via Lautsprecherdurchsage die Gäste darauf aufmerksam gemacht werden, das Kopftuch ja nicht sittenwidrig zu tragen, hat uns aber doch etwas befremdet (gelinde gesagt).

In Ghom wurde es dann allerdings heftig. Weil wir zur Zeit des Freitagsgebets die Moschee besuchen wollten, konnten wir nur mit Tschador in den inneren Hof rein. Wir erhielten welche am Eingang geliehen. Es sind riesige Tücher (Größenordnung Bettüberwurf – vom Doppelbett natürlich). Allein das Anziehen war ein Kampf mit dem Stoff. Mir hat ein junger Aufseher dabei geholfen (das darf er wohl nur bei Frauen, die wie ich, die Menopause hinter sich haben). Wir rafften also unsere Stoffe mit beiden Händen (von innen, die Hände soll man nicht sehen!) und gingen über den Hof (der Lieni hat mich überholt und ganz leise den „Morgestraich“ gepfiffen, dabei hatte ich doch gar kein Kopflatärnli an!!). Wir wurden von einem Mullah erwartet, der uns mit viel Blabla den Islam näherbringen wollte. Bevor wir den Raum betreten durften, mussten wir aber die Schuhe ausziehen. Jetzt mach das mal, wenn beide Hände besetzt sind, es war ein einziger Krampf. Ich hätte heulen können beim Gedanken, dass die halbe erwachsene Bevölkerung dieses Landes in 5 Quadratmeter Stoff gefangen (denn so kam ich mir darin vor) gehalten wird. Freiwilligkeit könnte ich gut akzeptieren. Der Zwang ist’s der so deprimiert.

Dafür freuen wir uns immer, wenn wir sehen, wie die jungen Frauen, die Kleiderordnung bis aufs Äußerste strapazieren. Da sitzt dann das Kopftuch ganz locker hinten am Kopf, die langen Mäntel werden hauteng getragen, da blitzen moderne Sneakers und Jeans hervor oder schicke enge Hosen und High Heels, einfach herrlich. Man sieht jede Menge junger Mädchen mit Pflaster auf der Nase, die lassen sich die Nase richten, weil sie finden, die ihre sei zu breit.

Dies & Das

Erfreuliche Nachrichten aus der Zahnarztpraxis. Inge, unserer Freundin, die sich in Istanbul beinahe von einem Fenster erschlagen ließ, wurden gestern die Fäden gezogen. Alles ist gut verheilt, die Lippe nicht mehr geschwollen und das „Veilchen“ ist wieder ein ganz normales Auge. Dafür musste sich unsere neue Reisegenossin, die in Teheran zu uns gestoßen ist, einen Zahn ziehen lassen. Dabei war sie vor der Abreise noch beim Zahnarzt, weil sie das Gefühl hatte, dass an dem Zahn was nicht stimmt. Der (deutsche) Zahni hat beruhigt, da sei alles in Ordnung. Kaum in Teheran angekommen, überfielen sie aber heftige Zahnschmerzen. Ein Röntgenbild zeigte dann gestern, dass besagter Backenzahn gespalten war und gezogen werde musste. Aber auch hier gibt’s ein Happyend: Der Zahn ist raus und die Schmerzen verschwunden.

Unsere „neue“ Reisegenossin ist ein Nordlicht (ein sehr nettes, es hat sich nahtlos in unsere Gruppe integriert), jetzt ist aus mit alemannisch schwätze, wir sprechen jetzt öfter nach der Schrift.

Die Menschen im Iran sind alle sehr freundlich, die Händler in den Bazars sind zurückhaltend. Wir haben befürchtet, überall zum Einkauf bequatscht zu werden, das trifft nicht zu, wir sind angenehm überrascht. Dafür werden wir nonstop von Kindern und Jugendlichen angesprochen. Ganze Schulklassen umringen uns oft, wollen Fotos machen (die Kids haben auch hier alle Handys), sie probieren ihre zwei bis drei englische Wörtlein an uns aus und kichern, kichern, kichern. Aber auch wir kugeln uns oft vor Lachen. Im Museum in Teheran hatten die Lehrer ihre liebe Mühe mit ihren Zöglingen, denn die wollten sich partout nicht mehr für die Ausstellung begeistern lassen, wir waren für sie viiiel interessanter.

Aber auch Studentinnen sprechen uns oft an, wollen wissen, was wir von ihrem Land halten und/oder beklagen sich über ihre Lebensumstände. Solche Begegnungen sind sehr schön, machen uns aber auch nachdenklich und traurig, wir wünschen uns sehr, dass diese liebenswerten Menschen so bald als möglich ein freieres Leben haben mögen – wenn möglich auf friedlichem Wege, ohne Bürgerkrieg.

Soviel für heute. Morgen zieht die Karawane weiter, uns erwartet eine Nacht in der Wüste. Übrigens, wir haben schon etwa 5.200 Kilometer mehr auf dem Tacho, dazu kommen noch ca. 800 km Seeweg, nicht schlecht, oder?!

Salam
Heidi Bisang

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2Mai/10Off

Interessanter Artikel

Viele Grüße vom Isfahaner Sonntag sendet der Scheff - mit einem interessanten Link: http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/0,1518,686974-3,00.html

Und: wunderbare Fotos aus Isfahan von Anatoli (eingefügt unter dem Artikel "Türkei-Iran" vom 29. April). Danke!

Freiburg und die Welt grüßen die Isfahanis.
Sigrid Hofmaier

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