Im Reisebus von Freiburg nach Shanghai – auf der Seidenstraße um die halbe Welt
29Apr/10Off

Teheran

Heutige SMS von Hans-Peter Christoph:
"Wir sind in Teheran und es regnet! Deshalb Superluft!"

Den Reisenden geht's gut. Und die daheimgebliebene Blogmasterin kann aufgrund ihres Reisetagebuchs der ersten Avanti-Iran-Fahrt 2005 tatsächlich das gesuchte traditionelle Restaurant finden ;-). Morgen geht's weiter in die Freiburger Partnerstadt Isfahan. Eine Reise zum zehnjährigen Jubiläum der Partnerschaft im roten Bus gibt's dann im August 2010. Es gibt noch Plätze...

Sigrid Hofmaier

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29Apr/10Off

Türkei – Iran

Zunächst noch ein Nachtrag zur Türkei, denn inzwischen sind wir schon im Iran. Manches ist wirklich besser in der Türkei als bei uns, z.B. gibt es ein hervorragend ausgebautes Straßennetz, die meisten Landstraßen vierspurig ausgebaut mit Mittelstreifen, ähnlich wie bei uns die Autobahnen. Denn Fernreisen finden mit höchst modernen Autobussen statt, nicht mit Zügen. Wir kamen durch Kayseri (ehemals Caesarea, interessant, dass Caesar im Türkischen auch zum Kaiser wurde), eine Stadt von ca. 300.000 Einwohnern in Kappadokien. Todschicke Straßenbahnen, viel eleganter als die unseren. An jeder Ampel leuchtet über den drei Farben rot, gelb und grün ein weiteres Licht, das die Sekunden angibt, die die Ampel noch grün bzw. rot ist. Das sorgt für erheblich entspanntere Aufenthalte, wenn man an der Ampel warten muss. Wie beim Start einer Rakete wird rückwärts gezählt: 5, 4, 3, 2, 1 und bei Null springt die jeweils andere Farbe an.

Toiletten sind ein Thema für sich. Klopapier ist unbekannt – außer in den Hotels. Bei den Sitzklos gibt es eine Wasserdüse, die man einschalten kann und die das Klo gewissermaßen in ein Bidet verwandelt. Die Reinigung findet statt mithilfe dieses Wassers und der linken Hand (weshalb sie auch die „unreine“ ist). Seit Ostanatolien gibt es (außer in den Hotels) nur noch Stehklos – an Raststätten eigentlich viel hygienischer als die Sitzklos. Da heißt es dann Hosenbeine hochkrempeln und ZIELEN, damit es nicht spritzt! Ein Töpfchen Wasser unter einem Wasserhahn steht bereit zur Reinigung. Wir dreckigen Ausländerinnen ziehen Tempotaschentücher vor.

Überwältigend aber ist die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen. Auch diejenigen, die bei uns kaum ähnliche Erfahrungen gemacht haben dürften, zahlen uns nicht etwa mit gleicher Münze heim, sondern beschämen uns mit ihrer Liebenswürdigkeit.

26.04. Montag 
13. Tag Dogubeyazit – Täbriz

Die Nachtruhe war um 5 Uhr beendet, Abfahrt um 6, denn es war nicht sicher, wie lange wir an der Grenze brauchen würden. Zunächst mussten wir mindestens eine halbe Stunde Schlange stehen, um den türkischen Ausreisestempel zu bekommen. Dann hinein ins Niemandsland zwischen den Grenzposten. Nun mussten wir Frauen unsere Kopftücher aufziehen. Großes Gejuchze: jede hatte ihren eigenen Stil, einige wickelten sich eine Art Turban um den Kopf, andere drapierten ihr Tuch mehr oder minder elegant (ich eher minder, bis ich gestern Abend drauf kam, dass die Turbanlösung wohl die beste ist). Vorher hatten wir uns schon über den Po reichende und langärmelige Blusen, Jacken oder extra für diesen Zweck erworbene „Manteaus“ angezogen. Und es hieß die Uhr umstellen, von halb acht (in Deutschland halb 7) auf 9 Uhr. Dann dauerte es nochmal bis etwa 12 Uhr, bis wir alles hinter uns hatten.

Hier im Niemandsland empfing uns auch Reza, unser Gottesgeschenk von Reiseleiter. Er hat in Deutschland studiert und spricht sehr gut deutsch. Ein rührender Mensch, ungeheuer besorgt um uns und sich um jeden einzelnen freundlich kümmernd. Das ist auch nötig, denn wenn es in der Reisebeschreibung hieß, dass wir „nichts, aber rein gar nichts mehr zu lesen vermögen“, dann bedeutet das, dass wir nicht einmal die Zahlen lesen können!!!! Also auch nicht, was etwas kostet! Wie soll man da handeln können? Denn das ist in diesen Ländern geradezu Pflicht. Mal abgesehen davon, dass 20.000 Rial etwa 1,30 Euro wert sind und wir uns schwer tun mit den vielen Nullen. Dieses Gefühl der totalen Abhängigkeit ist schon ganz schön nervend. Ich kann jetzt nachfühlen, wie es Frauen gehen muss, die als Anhängsel ihrer Männer nach Deutschland kommen, kein Deutsch lernen dürfen, weil sie im Hause gehalten werden, und sich praktisch gar nicht alleine bewegen können. Reza ermahnte uns daher auch, uns nicht alleine zu bewegen, sondern immer als Gruppe, und schon gar nicht nach Einbruch der Dunkelheit. Bloß keine Wertsachen bei sich haben, Geld nur in kleinen Mengen und gut versteckt. Übrigens: Frau gibt einem Mann nicht die Hand und fragt auch auf der Straße nur Frauen nach dem Weg!

Aber zunächst kam die Fahrt nach Täbris. Die Landschaft West-Aserbeidschans ist in der Tat atemberaubend. Zunächst fuhren wir über eine baumlose, kaum bewohnte und nicht bewirtschaftete Hochebene, die zu beiden Seiten in der Ferne durch erodierte, nicht sehr hohe Berge begrenzt war. Da es geregnet hatte, waren die Wiesen saftig grün und blühten zum Teil schon, selten eine Schafherde, noch seltener ein Dorf. Manchmal ein einzelner Mensch oder zwei, die etwas suchen. Reza erklärt: Es gibt hier wilden Sellerie, Safran, Rosmarin und andere Kräuter, vor allem Heilkräuter, die von den Leuten gesucht werden. In den meist armseligen Dörfern einstöckige Lehmbauten, die man aber nur teilweise sehen kann, weil jedes Gebäude noch einen großen Hof hat, der durch eine haushohe Lehmmauer umgrenzt ist. Dies ist der Ort, an dem die Frauen sich auch einmal ohne Kopfbedeckung oder Tschador im Freien bewegen dürfen.

Langsam wird die Landschaft hügeliger, die Berge am Rand höher und teilweise schneebedeckt. Man sieht jede Falte und Schicht dieser Karstgebirge, die in der Abendsonne in den unterschiedlichsten Farben von Ocker über Rot bis Braun glühen. Die Ebene zwischen den Bergen ist jetzt nicht mehr grün, sondern Steppe. Ab und zu eine Oase mit Dorf, mit Feldern und sogar Bäumen. Wunderschön. Die Thadeuskirche, die wir unterwegs besichtigen, ist ein armenisches Heiligtum, wo sich jedes Jahr im Juni Armenier aus aller Welt versammeln. Sie heißt auch schwarze Kirche, weil bei ihrem Bau auch schwarzer Stein verbaut wurde.
Wir trafen dort auf eine Schulklasse von 13-/14jährigen Mädchen, bezaubernd anzusehen in ihren dunkelgrünen Schuluniformen und hellgrünen Kopftüchern, zunächst sehr schüchtern, dann aber zutraulicher, sodass wir sie auch fotografieren durften. Großes Gekicher, viel Neugierde, wenige Brocken Englisch. Ganz anders die Schulklassen der schwarz gekleideten Mädchen, die wir heute im aserbaidschanischen Museum antrafen. Die waren überhaupt nicht schüchtern, sondern fanden unsere Aufmachung offensichtlich ungeheuer komisch (das ist sie auch, wenn man sie mit der Kleidung der meist schwarz gekleideten anderen Frauen hier vergleicht), lachten schallend los und konnten sich kaum beruhigen, kamen auf uns zu und wollten unbedingt mit uns fotografiert werden. So oft wie heute, sagt Heidi, sei sie in ihrem ganzen Leben noch nicht fotografiert worden. Jetzt werden die Kinder zu Hause zeigen können, was für merkwürdige weibliche Clowns sie unterwegs getroffen haben. Ich konnte eine von ihnen dazu bewegen, auch eine Aufnahme mit meiner Kamera zu machen, sodass auch ich etwas zu zeigen habe.

Täbris ist eine Millionenstadt mit abenteuerlichem Verkehrsaufkommen. Die Autos fahren wie in Neapel, wenn ihr wisst, was ich meine. Wir hatten beim Hineinfahren das Gefühl, uns stundenlang durch einen Stau zu mühen – bis der Scheff uns erklärte, dass Reza uns wirklich großartig um den eigentlichen Stau herumgeleitet hätte! Zebrastreifen überquert man scheinbar nur unter Lebensgefahr, aber letztlich halten die Autos dann doch. Die Straßen voll mit Menschen, hier wie auch in der Türkei sieht man Männer mit kleinen Kindern auf dem Arm und sogar Kinderwagen schiebend. Die meisten Frauen mit schwarzen Tschadors. Schuhe werden in kleinen Werkstätten auf dem Bürgersteig repariert! Es gibt einen großen Park mit einer hohen Mauer drum herum, der ausschließlich Frauen vorbehalten ist. Hier dürfen sie ihre wallenden Gewänder, Kopftücher etc. ablegen, joggen oder sich anderweitig vergnügen.

Heute im aserbaidschanischen Museum sehr schöne Artefakte aus dem 1. vorchristlichen Jahrtausend, hergestellt von Sassaniden, Parthern und anderen Völkern. Ich werde ein paar Bilder schicken. Außerdem die blaue Moschee aus dem 15. Jahrhundert, die so heißt, weil sie ursprünglich vollkommen blau verkachelt war. Ca. 300 Jahre nach ihrem Bau allerdings gab es ein 2 m hohes Hochwasser, was die unteren Kacheln zerstört hat, ein Erdbeben im 18. Jahrhundert schuf weitere Zerstörung, auch der Minarette, von denen nur noch die Basis steht. Sie galt aber mal als die schönste Moschee der Welt.

Danach der Besuch des Bazars, sehr lebendig, aber für mich nur kurz, ich musste mich mal wieder abseilen, und dieser Tatsache verdankt ihr meinen Bericht von heute. Aber was es da alles zu kaufen gibt! Silberne und güldene Spiegel (riesig und klein) mit abenteuerlichen Verzierungen, glitzernde Kleider und Schuhe, Haushaltswaren, Hühnerbeine oder ganze Tiere usw. Köstliche Nüsse und Trockenfrüchte, und die üblichen orientalischen Süßigkeiten. Aber Kitsch as Kitsch can!

Erleichterung: im Hotelzimmer darf frau sich endlich des heißen und (trotz Haarwäsche) juckenden Kopftuchs entledigen! Und morgen heißt es wieder um 6 Uhr aufstehen: Die Fahrt nach Teheran steht an.

Eigentlich ist dies das Ende meines vierten Berichts, aber auf dieser Reise kommt manches anders als man denkt. Heute Morgen um 8 Uhr war die Abfahrt von Täbris nach Teheran. Nach etwa anderthalb Stunden wurden wir von einer Polizeistreife auf der Autobahn angehalten. Angeblich war der Bus 120 gefahren, wo man nur 100 fahren durfte. Nur: der Bus ist gedrosselt und KANN gar nicht schneller als 100 fahren. Reza versuchte, das zu erklären, worauf der Polizist die Tachoscheibe sehen. Aber unser Bus ist so modern, dass er gar keine Tachoscheibe mehr hat, weil ab 2006 alle neu zugelassenen Fahrzeuge einen digitalen Tachographen brauchen. So weit sind die hier aber noch nicht, so dass sie nichts damit anfangen können. Ergebnis: Wir mussten hinter dem Polizeiwagen wieder zurück nach Täbris fahren, wo wir um 12 Uhr ankamen. Seither warten wir darauf, dass der Scheff mit Reza vom Amt wieder zurückkommt, aber eben – um halb drei! – kam der Anruf, dass sie mit dem Taxi auf dem Wege seien. Inzwischen stand der Bus vor einer Polizeiwache, und wir waren in einen Park gegangen, haben dort herumgesessen und gewartet. Hoffentlich wird es bald losgehen, vor Mitternacht dürften wir kaum in Teheran sein.

Viertel vor drei: der Scheff ist da mit einem Arm voller Brotfladen, denn zu Essen gab es die ganze Zeit natürlich fast nichts, außer ein paar Keksen. Während der Bus sich wieder durch das Täbrizer Verkehrschaos wühlt, erzählt er: Zwar sei die Reise als Ganze genehmigt gewesen, beim Grenzübertritt sei jedoch nur eine Genehmigung bis Täbriz erteilt worden, bzw. es hat halt ein Stempel auf dem Formular gefehlt. Es bedurfte mehrerer Telefonate mit Teheran, um die Bestätigung zu bekommen, dass wir tatsächlich durch den ganzen Iran fahren dürfen. Außerdem gibt es seit 8 Monaten eine neue Bestimmung: Busse müssen an jeder Polizeikontrolle anhalten und sich wieder einen Bestätigungsstempel holen. Dies gilt auch für iranische Busse. Aber immerhin: es ist jetzt drei Uhr und wir fahren wieder. Bald wird es Brotfladen geben mit den Resten von Käse vom letzten Picknick (rationiert natürlich, denn viel ist nicht mehr da), aber wir sind zufrieden, die Stimmung ist ausgezeichnet, die von mir zu Beginn vermutete Flexibilität der Mitreisenden hat sich bestätigt.
Um 23 Uhr kamen wir am Hotel an, bekamen noch eine Suppe und ein Salatbüffet, um Mitternacht war ich schließlich in meinem Zimmer, wo ich den Lichtschalter ohne Hilfe des Hotelboys nicht gefunden hätte, aber Wlan gibt es, und so kann ich dies endlich wegschicken.

Barbara Volhard

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27Apr/10Off

Heißluftballon über Tuffstein

Liebe Leute,

jetzt wo unsere Shanghai-Reisenden im iranischen Satellitenloch verschwunden sind (es ihnen aber sicher sehr gut dort geht), habt ihr Zeit, euch die tollen Fotos von Klaus Ehrmann anzuschauen: Per Heißluftballon über Kappadokien. Die gibt's beim Beitrag "Kappadokien - Ostanatolien" von Barbara Volhard (25. April). Einfach nach unten scrollen oder diesen >>Link<< folgen...

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Und da soll man nicht neidisch werden???

Sigrid Hofmaier

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26Apr/10Off

Türkei – Iran

Anruf vom Scheff um 8.30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Die Reisenden sind schon fast im Iran, müssen nur noch einige Grenzformalitäten abwickeln. Dort ist es 11 Uhr - also 2,5 Stunden später als bei uns. Bei der Chinareise vor zwei Jahren gab es bei den Daheimgebliebenen einige Aufregung, weil der Bus tagelang an der iranischen Grenze zu stehen schien. Dabei waren die Seidenraupen schon längst unterwegs. Es könnte jetzt also auch so sein, dass das GPS-Signal im Iran nicht funktioniert. Wir halten euch weiter auf dem Laufenden.

Sigrid Hofmaier

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25Apr/10Off

Plaudereien aus dem Nähkästchen

Liebe Fangemeinde,

unsere BlogschreiberInnen beschreiben Euch die vielen wundervollen Städte und Landschaften, die wir (buchstäblich) erfahren dürfen. Ich plaudere heute ein bisschen aus dem Nähkästchen und erzähle Euch, wie wir zusammen leben und was sonst noch alles passieren kann.

Der Bus

Im Prospekt zur Reise ist zu lesen, dass der Bus zur guten Stube wird. Na ja, hab’ ich gedacht, da übertreibt der Scheff wohl ein bisschen. Aber es stimmt: Der Bus ist unsere Wohnstube, unser Schlafwagen, unser Café. Kurz gesagt: Er ist die Konstante in unserem momentanen Nomadenleben. Da gibt’s Diskussionsrunden und Leseecken samt Bücherkiste für die Leseratten. Wir werden liebevollst umsorgt von Ina, sie kocht Kaffee für alle. Biskuits (Mailänderli, von einer Dame zum Abschied in Freiburg an den Bus gebracht, sie waren supergut, Danke!), Konfekt oder Pralinen gibt’s auch dazu. Das häufigste Geräusch im Bus ist „klick“, wenn alle an den Fenstern hängen und fotografieren.

Die Chauffeure

Über unsere beiden Chauffeure Hans-Peter und Stefan können wir nur Lobendes berichten. Sie sind hochprofessionell, fahren ruhig und gekonnt. Wir fühlen uns sicher wie in Abrahams Schoß. Der Bus wird auf jeder Etappe außen und innen geputzt, er glänzt immer im schönsten Ferrari-Rot. Das verlange die Chauffeuren-Ehre, dass ein Bus immer gepflegt auf Reisen gehe, wurde ich aufgeklärt, als ich zu Beginn einmal bemerkte, das störe doch nicht, das bisschen Staub auf dem Auto. Mittlerweile bin ich aber stolz in einem solch sauber glänzenden Auto durch die halbe Welt gefahren zu werden. Kaum halten wir an einer Tankstelle oder Raststätte an, sind wir umringt von Neugierigen, die sich die aufgemalte Route anschauen und dann ungläubig lachen oder den Kopf schütteln, wenn wir erklären, dass wir wirklich diese ganze Strecke fahren werden.

Die Straßen

Bis jetzt waren alle Straßen gut bis sehr gut. Wir sind meist besser und schneller vorangekommen, als der Scheff geglaubt hat. Die Straßen wurden früher und besser ausgebaut, als selbst er es für möglich gehalten hat. Auer in den Großstädten sind wir oft fast alleine unterwegs. Bis jetzt haben wir ein einziges Mal 2 Stunden im Stau gestanden. Der Grund: ein Horror Unfall. Kurz nach Ankara sind sich etliche Lastwagen in die Quere gekommen, darunter ein Tankwagen der wohl explodiert ist. Die Unfallstelle war ein einziger Autofriedhof mit 5 - 6 total ausgebrannten Lkws. Schrecklich!!! Wir waren glücklich und froh, nicht darin verwickelt gewesen zu sein.

Das fahrende Volk

Wie meist auf solchen Reisen, gibt’s auch bei uns einen Damenüberschuss, im Verhältnis etwa 14 zu 10 (das ändert sich auf verschiedenen Etappen). Wenn Ihr nun denkt, es gäbe „Zickenalarm“, muss ich Euch enttäuschen: Bei uns geht’s ganz normal zu. Nach anfänglichem Beschnuppern sind wir in den 10 Tagen, die wir nun unterwegs sind, zu einer Freiburg-Shanghai-Familie zusammengewachsen. Wir haben unsere Mödeli (Macken wäre zu viel gesagt) kennengelernt und akzeptieren sie. Toleranz wird bei uns ganz groß geschrieben. Jedwelche (extrem seltene) Unstimmigkeiten werden sofort aus dem Wege geräumt.

Die Hotels

Da muss ich unserer Reiseleitung ein ganz großes Lob aussprechen. Der Scheff hat uns immer im bestmöglichen Hotel im Zentrum des jeweiligen Ortes untergebracht. Wir können alle Orte zu Fuß erkunden. Dass zuweilen eine Dusche rinnt, eine Lampe nicht brennt, die Heizung nicht an oder nicht abgeschaltet werden kann, nehmen wir grinsend zur Kenntnis, wir sind schließlich im Orient und haben uns alles viel schlimmer vorgestellt. Wir sind aufs Angenehmste überrascht. Apropos Vorurteile: Während dieser Tagen in der Türkei mussten wir unsere Vorurteile von Tag zu Tag revidieren. Die Städte sind sauber und gepflegt, es liegt kein Dreck rum, es stinkt nicht, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, wir können uns gerne eine Scheibe davon abschneiden. Wirklich armselig ist uns nur das „wilde Kurdistan“ erschienen. Ein großes, weites, karges Hochland, landschaftlich traumhaft, aber halt höchstens zur Viehhaltung zu nutzen. Industrie scheint vollständig zu fehlen und der Tourismus ist praktisch inexistent.

Dies & Das

Da gibt’s diese Dame in unserer Gruppe, die kurz nach 7 Uhr erwachte. Also rasch in die Dusche und in die Kleider. Ein Kontrollblick auf die Uhr zeigt es ist kurz vor 1 Uhr!! Im Halbschlaf und Halbdunkel hat sie den großen mit dem kleinen Zeiger verwechselt. Das Gelächter am Frühstückstisch war groß.

Oder da gibt’s eine Reisegenossin, die in Thessaloniki vor dem Schlafen die Uhr nochmals um eine Stunde vorstellt (der letzte Ouzo war wohl einer zuviel) und darum die Reisegenossin im Zimmer nebenan statt um 7.15Uhr um 6.15 aus dem Tiefschlaf holt, um das Wärmepflaster gegen den Hexenschuss aufzukleben. Es tut ihr jetzt noch leid.

In Istanbul musste ein Ehepaar um das einzige Deckbett kämpfen, Motto: Eine/r friert immer. Dem konnte abgeholfen werden mit einer zweiten Decke für die nächsten beiden Nächte. Im selben Hotel hat eine der Damen wegen der dünnen Decke ganz fürchterlich gefroren, bis sie früh um 5 Uhr dann merkte, dass der vermeintliche Matratzenschoner die Zudecke war. Die letzten 2 Stunden (und folgenden Nächte) hat sie dann mollig warm gebettet das Bett genießen können.

Noch ein Müsterchen gefällig? Wir sind auf der Ausfahrt aus Istanbul, als einer unserer Mitreisenden seinen Pass vermisst. Große Aufregung, Ina telefoniert ins Hotel, ob der Pass noch dort liege. Chauffeur Stefan geht mit ihm im Gepäckraum nachsehen, da ist er auch nicht. Schließich findet sich der Pass in der Brusttasche der Jacke, dort wo er schon immer war, diesmal aber nicht gleich greifbar, weil noch ein Schal dazwischenlag. Die Erleichterung ist enorm…

Und da hätte ich noch eine Hüsli/Klo/WC-Geschichte. Ich gebe es ungern zu: Sie ist mir passiert. Ihr wisst es alle, wir sind im Land der Steh-Schisselis (Steh-Toiletten) und beim letzten Halt vor dem Etappenziel also musste ich ganz dringend (wenn immer möglich schonen wir unser WC im Bus, weil die Entleerung auf unserer Route schwierig ist). Also die Hose, den Bauchladen (mit der gesamten Barschaft) und die Unterhose zusammenhalten und ab in die Hocke. Da habe ich wohl eine Lage zu wenig gehalten und mir so prompt in die eigene Unterhose gepieselt. Im Vorraum musste ich dann alles ausziehen und die Unterhose entsorgen – selbstverständlich unter großem Gelächter meiner Reisegenossinnen. Sie haben mir einen Stehbrünzlikurs empfohlen!! Ich bin am Üben.

Weil wir schon bei den WC-Geschichten gelandet sind: In den großen Raststätten oder Tankstellen gibt’s oft ein WC für Behinderte und da gehen wir wenn möglich hin, da hat’s nämlich eine WC-Schüssel, wie wir sie gewohnt sind. Diese WCs sind immer tipptoppsauber (auch so ein Vorurteil, das wir ablegen konnten). Bei den kleinen Tankstellen oder Beizlein wird’s dann aber stinkig und grauslich.

Zum Schluss noch ein Happy-End-Geschichtlein: Gestern bei Ankunft lag da der Pass unserer Reisegenossin, die sich den Pass mit den Visa nachschicken lassen musste. Normalerweise ist das kein Problem, wer hätte schon gedacht, dass ein Vulkan in Island die gesamte Luftfahrt lahmlegt. Die Luftfahrt läuft wieder und so kam gestern auch der letzte Pass angeflogen. Juhui, die Reise kann für alle weitergehen.
Das wär’s für heute, ich grüße Euch alle ganz herzlich vom Fusse des Ararat, er hat sich uns heute nach dem Frühstück zum ersten Mal gezeigt – eine absolute Wucht.

Heidi Bisang

(Anmerkung der Blogmasterin: Heidi ist Schweizerin und sie hat mich gebeten, die „Helvetismen“ aus ihrem Blogbeitrag zu tilgen. Bis auf zwei hierzulande wirklich unbekannte Begriffe habe ich das nicht getan. Und das ist gut so. Was hätten wir denn im Hochdeutschen so anschaulichen Wörtern wie „Stehbrünzlikurs“ entgegenzusetzen??? Na also! Ich liebe diese Sprache. Und ihr LeserInnen hoffentlich auch ;-).)

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25Apr/10Off

Kappadokien – Ostanatolien

21.04. Mittwoch 
8. Tag Istanbul – Ürgüp/Kappadokien

Das Wetter ist einfach lausig. Regen und Affenkälte. Von der interessanten Tuffsteinlandschaft sehen wir erst mal nichts. Aber das Hotel ist bezaubernd. Wir wohnen um einen Innenhof mit Schwimmbad herum, und unter den Arkaden, die vor unseren Zimmern sind, kann man sogar regensicher sitzen. Das wieder mehrgängige (und uns langsam überfordernde) Abendessen findet in dem Hotelrestaurant statt, das den Gewölben der in den Fels gehauenen Wohnungen nachempfunden ist, sehr geschmackvoll nur mit Teppichen geschmückt, Feuer im Kamin usw.

22.04. Donnerstag 
9. Tag Kappadokien

Das Wetter immer noch unsicher, aber es klart auf, und wir erleben nun diese phantastische Landschaft. Wie die zustande gekommen ist, könnt ihr ergoogeln. Als erstes besichtigen wir eine der unterirdischen Städte. Hier fanden im 11. und 12. Jahrhundert Tausende von verfolgten Christen Schutz. Die Stadt, die wir besichtigten, ging 6 Stockwerke in die Tiefe, von denen ich allerdings nur die ersten zwei sehen konnte. Danach wurde es zu steil. Winzige Kammern, ein ausgeklügeltes Belüftungssystem mit Schächten, die nach oben gehen, Brunnen, die mehrere hundert Meter tief sind, winzige Kammern, in denen ich gerade noch stehen konnte, alles in den Stein gehauen! Aber wir erfuhren, dass die Leute damals keineswegs kleiner waren als wir heute: aus Skelettfunden weiß man, dass sie z.T. 1,80 m groß waren, also sich oft bücken mussten, genauso wie wir, wenn wir durch einen der Tunnel ins nächste Stockwerk klettern mussten. Diejenigen, die tiefer gegangen sind, erzählten, dass sie z.T. hätten kriechen müssen. In dieser Stadt konnten sich bis zu 4000 Menschen (!) verstecken und, da sie dort Vorräte gelagert und auch Zugang zu Wasser hatten, eine Weile überleben. Der Zugangstunnel konnte durch einen einzigen Stein so verschlossen werden, dass er von außen nicht zu öffnen war. Solche Städte gibt es mehrere, sie sind durch unterirdische Tunnel miteinander verbunden, von denen der längste, den man gefunden hat, 25 km lang ist! Diese Städte wurden meist im Winter gegraben, weil dann der Aushub durch Schnee verdeckt und daher vom Feind nicht entdeckt werden konnte.
Bis heute werden diese in den Bimsstein gehauenen Höhlen als Lagerungsstätten für Kartoffeln, Obst und Gemüse genutzt, denn die im Winter wie im Sommer konstante Temperatur von etwa 12° sorgt für eine lange Haltbarkeit. Bis heute gibt es auch noch bewohnte Wohnungen, die wenigstens zum Teil in den Fels gehauen sind.

Am Nachmittag wagten sich einige auf die Wanderung, denn das Wetter schien zwar bewölkt, aber stabil. Pustekuchen: ganz am Schluss gerieten sie doch noch in den Hagel-schauer, den wir im Hotel ungläubig aufs Schwimmbad niedergehen sahen. Aber wenigstens saßen wir im Trockenen.

Am nächsten Tag – endlich schien die Sonne, auch wenn es noch immer ziemlich kalt war – fuhren wir nach Göreme und besichtigten in den Fels gehauene Kirchen mit wunderbar erhaltenen Fresken aus dem 11. und 12. Jahrhundert.

23.04. Freitag 
10. Tag Ürgüp – Sivas

Ihr seht schon, die Reihenfolge der Dinge ändert sich manchmal, in diesem Fall wetterbedingt. Und meine Fähigkeit, ausführliche Berichte zu schreiben, ändert sich auch. Denn mindestens bei uns Älteren (der älteste ist 79 Jahre alt!) stellen sich langsam Ermüdungserscheinungen ein. Die Reise ist doch recht anstrengend, auch wenn der Bus wirklich komfortabel ist, aber die langen Fahrten und die unglaubliche Menge an neuen Eindrücken, die zu verarbeiten man kaum Zeit findet, fordern ihren Tribut. Man will abends nur noch alle Viere von sich strecken und nicht mehr am Laptop sitzen. Während ich dies alles schreibe, sitze ich bereits in Dogubeyazit, während die anderen auf ihrer Wanderung zum Ishak-Pascha-Palast sind, und ich bin sicher, dass ich vieles aus den vergangenen Tagen, die ich hier beschreibe, bereits wieder vergessen habe. Ich kann nicht versprechen, dass ich meine Berichterstattung aufrechterhalten kann.

24.04. Samstag 
11. Tag Sivas – Dogubeyazit

Wunderbares Wetter! Wir fuhren durch Hochebenen zwischen Dreitausendern und über mehrere Pässe, die 2200 und 2300 m hoch sind und freuten uns schon auf den ersten Blick zum fast 5200 Meter hohen Ararat. Aber dann fing es doch wieder an zu regnen, und auch am nächsten Morgen war das Wetter noch trüb. Die kurdischen Dörfer an der Strecke unglaublich armselig, einstöckige winzige Gebäude mit Fenstern die geschätzte 50 cm breit und hoch sind, die Häuser gedeckt mit Plastikplanen, die von Autoreifen beschwert werden, aber jedes hat ein Fernseh-Schüssel! Wahrscheinlich das einzige Vergnügen im harten Leben der Menschen hier.

25.04. Sonntag 
12. Tag Dogubeyazit

Gegen 10 Uhr klarte es doch auf, und wir konnten den Ararat sehen, der über den Wolken zu schweben scheint. Und morgen früh müssen wir schon um 6 Uhr losfahren!!! Keine Ahnung, wann ich wieder ins Internet komme, also dies erstmal bis dann....

Barbara Volhard

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22Apr/10Off

Istanbul

Also Istanbul. Eine Riesenstadt mit offiziell ca. 12 Mio Einwohnern, tatsächlich wahrscheinlich eher 15 Mio, denn sie wächst unaufhörlich wegen der Landflucht und dehnt sich etwa 150 km weit aus. Wenn man sich ihr nähert, sieht man vor allem endlose Viertel von Hochhäusern, aber auch Industriegebiete, die – ähnlich wie bei uns im Mittelalter – noch ganz nach Gewerben sortiert sind. Also Gebiete, in denen nur Eisen verarbeitet wird oder nur Autoreifen usw.
Natürlich lief nicht alles, wie in der Reisebeschreibung vorgesehen. Aber darauf waren wir alle mental vorbereitet, bei einer solch abenteuerlichen Reise KANN einfach nicht alles nach Programm ablaufen. Schön war, dass niemand daran Anstoß nahm, die Stimmung blieb ausgezeichnet.

Wir kamen nach abenteuerlichen Fahrkunststücken HP Christophs durch engste und vollgestellte Gässlein und noch engere Kurven in unserem Hotel an: eine Reihe von antiken, restaurierten Holzhäusern, die in einer kleinen Gasse liegen, die den Topkapi Palast von der Hagia Sophia trennt. Mittendrinner geht’s nicht. Innen mit altem Mobiliar (Messingbetten) und mit schönen Teppichen ausgestattet. Der Blick aus dem Fenster geht über die Türme und Türmchen mit goldglänzenden Spitzen des Topkapi Palasts, die Minarette der Hagia Sophia bis zum Goldenen Horn, der Meeresbucht in der Ferne. Wunderschön. Allerdings: Die Schiebefenster lassen sich nicht so recht hochschieben, davor sind nochmal hölzerne Gitter, damit der muslimische Mann die muslimische Frau dahinter aber auch ganz bestimmt nicht zu sehen bekommt, und wenn man die hochschiebt, dann bleiben sie vielleicht für einen Moment oben, knallen aber dann herunter. Und wenn du dann deinen Kopf rausgestreckt hast, dann kriegst du das Ganze in den Nacken. Das passierte Inge, sie musste ins Krankenhaus, an Ober- und Unterlippe genäht werden, und unser Programm wurde halt ein wenig geändert.

Zunächst gab es ein opulentes Abendessen mit fünf Gängen in einem riesigen Gewölbe aus dem 6. Jahrhundert. Interessantes Mauerwerk: sehr dünne bzw. schmale, sehr lange Ziegel mit einer erstaunlich dicken Mörtelschicht dazwischen, d.h. der Mörtel ist etwa so dick wie die Ziegel. Das Ganze etwa zwei Stockwerke hoch, aber das kleinteilige Mauerwerk sorgt dafür, dass die Sache ausgesprochen elegant aussieht und nicht so klobig, wie wir alte Gemäuer kennen.

Am nächsten Tag bekamen wir einen Führer, der zwar sehr viel wusste, uns aber auch mit diesem Wissen, vor allem Jahreszahlen, zudonnerte, sodass ich jetzt fast nichts mehr weiß von dem vielen, das er uns erzählte. Außerdem hat er seine Verachtung vor allem der weiblichen Reisenden nicht verbergen können, sodass ich (und nicht nur ich) nicht allzugut auf ihn zu sprechen bin. Jedenfalls führte er uns durch den Topkapi-Palast, der zu meiner Überraschung keineswegs nur ein Palast ist, sondern ein riesiges Gelände von der Größe Monacos mit vielen Gebäuden drin, darunter die Irina-Moschee, ein Küchengebäude, in dem einst für Tausende gekocht wurde, ehemalige Regierungsgebäude, Krankenhaus, Schatzkammer usw. - heute natürlich alles Museum. Denn ursprünglich war der Palast eine Art Stadt in der Stadt, ein Regierungsbezirk, der tatsächlich auch Tausende beherbergte. Um hineinzukommen musste man wie im Flughafen durch einen Security-Check mit Gepäck- und Körperkontrolle, und natürlich piepste das Ding, als ich mit meinen Krücken da hindurchging. Danach aber öffnete sich ein wunderschöner Park, in dem vor allem Tausende von Tulpen und Pfingstrosen blühten und an dessen Ende nach endlosem Marsch man einen Blick über den Bosporus nach Asien hin hatte. Im Übrigen fand dort auch gerade die Ausstellung des Moskauer Zarenschatzes statt, den wir ebenfalls besichtigen konnten.

Am Nachmittag ging es nach Eyüp, mit einer Moschee, die bis heute Wallfahrtsort ist und mit dem ältesten Friedhof der Stadt. Wir durften in die Moschee, die Frauen natürlich mit Kopftuch. Aber nix von den Bildern, die man aus dem Fernsehen so kennt mit hunderten von Schuhen vor der Moschee. Das wird heute äußerst modern gehandhabt. Man muss zwar seine Schuhe ausziehen und wandelt dann in Strümpfen auf Teppichen, aber man trägt seine Schuhe in einer Plastiktüte mit sich, die einem zur Verfügung gestellt wird und die man hinterher wieder abgibt. Drinnen sitzen reihenweise Frauen, z.T. mit Babies auf dem Schoß und beten. Man schleicht an ihnen vorbei und geniert sich.

Ein riesiger Friedhof, der sich einen ganzen Berg hoch zieht, wo Leute sich aber bis heute begraben lassen können. Statt Kreuzen gibt es Grabstelen, denen man nicht nur ansieht, ob hier ein Mann oder eine Frau begraben ist, sondern auch, welchen Beruf oder Rang der Mann gehabt hat (Frauen hatten „natürlich“ weder das eine noch das andere). Der ganze Bereich war wohl mal ein Kloster. Kloster, so lernten wir, sind orientalische Gründungen, die von den Christen später zwar übernommen wurden, aber in ihrem Charakter verändert. Ein orientalisches Kloster ist für jeden offen. Es besteht aus einer Moschee, einem Altersheim, einem Waisenhaus, einer Armenküche und einer Schule. Es ist also eher eine soziale Einrichtung. Bis heute, so erklärte uns unser Führer, seien die Altersheime solcher Einrich-tungen nicht überfüllt, weil -wie er süffisant anzumerken hatte - muslimische Familien ihre Alten selbst pflegten, was ja wir Europäerinnen nicht täten. Unsere Proteste ließen ihn kalt. Aber wir durften noch das Gebäude einer Armenküche besichtigen.

Danach hatten wir "frei". Ich lief noch ein bisschen herum um die Hagia Sophia und die blaue Moschee (beide besichtigten wir am nächsten Tag mit einem viel netteren und genau so klugen Führer) und machte Fotos. Das hätte ich nicht tun sollen. Denn abends fing mein Knie an zu mosern, ich konnte vor Schmerzen kaum schlafen und musste mich am nächsten Tag früher von der Führung abseilen, um mich hinsetzen zu können. Inzwischen laufe ich nur noch dann, wenn ich sonst etwas Wichtiges verpassen würde, einfach so Herumlaufen ist nicht mehr. So komme ich aber auch in den Genuss, manches beobachten zu können, was mir sonst vielleicht entgangen wäre.

Zum Beispiel der Ruf des Muezzin. Also nicht dass der mir sonst entgangen wäre, dem entgeht niemand! Vor allem zu gewissen Zeiten nicht, denn das geht nicht nach der Uhr, sondern der erste Ruf am Morgen findet statt zu der Zeit, „zu der man einen weißen nicht von einem schwarzen Faden unterscheiden kann“ (erklärte uns HP), also etwa zwischen halb vier und vier Uhr. Nun pflege ich von schweren Gewittern mit Blitz und Donner nicht aufzuwachen, aber der Muezzin ruft nicht nur, sondern hat unglückseligerweise auch ein Mikrofon samt Lautsprecher und Verstärker zur Verfügung, kurz, er ruft nicht, er dröhnt. Das kann Tote erwecken, vor allem, wenn du direkt neben dem Minarett wohnst! Da ich aber nun zum Sitzen verdammt war, hatte ich mir ein Café zwischen der Hagia Sophia und der blauen Moschee (Sultan-Ahmed-Moschee) ausgesucht. Dann fing so gegen 5 Uhr nachmittags der Muezzin der Hagia Sophia an zu singen. Sehr, sehr laut. Einige Minuten später gesellte sich der von der Blauen Moschee hinzu. Jetzt erwartete ich eigentlich eine Kakophonie, aber nein: Es entspann sich ein durchaus melodiöses Duett zwischen den beiden, nach einer Weile kam noch ein Dritter von etwas ferner dazu, und ich bekam ein veritables Konzert. Erstaunlich, es scheint, sie singen alle in der gleichen Tonlage, wodurch die Sache durchaus harmonisch wird. Aber laut, laut!!! Nun sollte man denken, jetzt springen alle auf und rennen in die Moschee oder knien wenigstens auf einem Teppich nieder und beten, aber nichts dergleichen. Alle im Café bleiben seelenruhig sitzen, andere drumherum gehen weiter ihren Geschäften nach, niemand kümmert sich. Merkwürdig.

Genug für heute. Mein Rücken tut weh. Dabei sind wir schon in Kappadokien.

Barbara Volhard

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22Apr/10Off

Grounded

Liebe Fans von Reisen mit Bodenhaftung,

die vulkanisch erzwungene Ruhe im Himmel gibt den Medien Gelegenheit, sich um Reisen mit Bodenhaftung zu kümmern. So fand sich in der gestrigen "taz" ein interessantes Interview mit dem preisgekrönten US-Reiseschriftsteller und Kolumnist Seth Stevenson, der ein Buch mit dem Titel "Grounded" geschrieben hat. Er hat auf seiner sechsmonatigen Weltumrundung ohne jeglichen Flieger die Erfahrung gemacht, dass es "lustiger und interessanter" ist, langsam unterwegs zu sein und "dass wir alle gar nicht so verschieden sind"...

Danke an die taz, dass ich den Link hier angeben darf: http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2010/04/21/a0058

Gute Nacht von Freiburg nach Anatolien wünscht Blogmasterin Sigrid Hofmaier

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22Apr/10Off

Thessaloniki – Istanbul

18.04. Sonntag 
5. Tag Thessaloniki – Istanbul

Zunächst Fahrt an der Ägäis entlang, in der Ferne Blick auf Athos, wo das berühmte Kloster ist, in das Frauen nicht hineindürfen. Später, etwa eine Stunde vor der türkischen Grenze Fahrt durch Thrakien, wo noch eine Minderheit türkischstämmiger Griechen lebt, einträchtig mit den griechischstämmigen. Man sieht Dörfer, in denen der Kirchturm gleich neben dem Minarett steht.

Hier ist mal ein Wort über unsere ausgezeichnete Reiseleitung angebracht: Hans-Peter Christoph und Ina Jander. Ina ist mir schon aufgefallen wegen ihrer unglaublich durchdachten Reisevorbereitung für uns alle. Nicht nur die Besorgung der Visa mit Hindernissen, die sie alle irgendwie wundersam beiseite räumt, auch unsere Information mit genauesten Informationen über Geld, Klima, Kleidung, Sitten und Gebräuche in den Ländern, die wir besuchen werden, nebst einer ausführlichen Literaturliste, die sowohl Reiseliteratur als auch Belletristik enthält, lassen sich sehen. Auch unterwegs ist sie die liebevolle und gute Seele des Ganzen, hat für alle ein Ohr, kümmert sich in rührender Weise um Einzelwünsche oder -bedürfnisse. Hans-Peter ist der Chef des Reisebüros Avanti, das solche Busreisen organisiert. Er fährt selbst den Bus, und darin ist er ein wahrer Künstler. Mit traumwandlerischer Sicherheit manövriert er dieses Ungetüm durch Engpässe, durch die ich mich nicht einmal mit dem PKW trauen würde. Dann hängen wir alle an den Fenstern rechts und links: nur 2 bis 3 cm Abstand, da MUSS es doch zu Schrammen kommen. Aber nein, während wir den Atem anhalten, fährt er seelenruhig auch um Kurven, um die so ein Bus doch niemals kommen kann!

Das ist aber nicht alles: er ist nicht nur ein profunder Kenner der griechischen Geschichte und Mythologie, über die er uns unterwegs auch in Kenntnis setzt, sondern auch der Gegenwart und von Land und Leuten. Wir lernen Empörendes darüber, wie das Folgende: Da gibt es in Pylos einen reichen Fatzke, der es sich in den Kopf gesetzt hat, in dieser ökologisch hochsensiblen Gegend mit großem Wassermangel ausgerechnet einen Golfplatz zu bauen. Er kauft also so viele Grundstücke auf, wie er kann, aber einige der alteingesessenen Bauern weigern sich, zu verkaufen. Daraufhin beantragt er bei der EU nicht nur Fördermittel, sondern lässt das ganze auch noch als touristisch wertvolles Wirtschaftsprojekt erklären. Nun können diese Bauern enteignet werden, und die Wasserverschwendung, die ein Golfplatz und Touristenströme nach sich ziehen, wird diese einstmals wunderschöne Gegend versteppen lassen.

Das Passieren der Grenze in die Türkei ging zügig vonstatten, und langsam wandelte sich die gebirgige Landschaft in eine saftig grüne, leicht hügelige Landschaft mit den obligaten gelbblühenden Rapsfeldern. Aber manchmal stehen da mittendrin - und keineswegs etwa als Ausweitungen existierender Ortschaften - 20 bis 30 neue Häuser, mindestens sechsstöckig, ähnlich Landwasser, als es noch neu war. Ringsum nichts als Felder und Wiesen. HP erklärt: 65 Prozent der türkischen Bevölkerung sind unter 21 Jahren, und sie wächst. Da braucht es neue Ortschaften. Und die werden dann eben einfach mitten in die Pampa gesetzt. Abends um 7 kamen wir dann an unserem Hotel in Istanbul an. Aber dazu später.

Barbara Volhard

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20Apr/10Off

Alles gut – fast…

14.April
Heute Abend hatte ich noch 30 Gäste da. Es war sehr schön. Vor allem weil Sonja und die beiden Jungs da waren.
15. April
Bin schon um 5 Uhr aufgestanden, habe den Müll nach unten gebracht usw. Um 7 Uhr holt mich Ingeborg ab und wir sind bei den Ersten, die am Konzerthaus eintreffen.Ein großes Abschiedsprotokoll. Dallmann war auch da. Monika, Rosemarie und Ingeborg. Hans-Peter, der Scheff, erklärt uns den Bus. Viele gute Dinge beschützen uns, so zwei Christophorus-Bilder, Glücksbringer aus China, Ikonen, eine Gebetskette aus Tibet, aus der Türkei ein Talisman und ein Stoff-Koala-Bär, der festgeklebt hinter dem Reiseleiter seinen Platz hat. Wir werden mit Kaffee verwöhnt. Kurzweilige Fahrt, keine Staus. Kurzer Bummel in Venedig, danach Abendessen. Müde…
16. April
Nach dem Frühstück bummeln wir zur Rialtobrücke und zum Markusplatz. Hier wird viel gebaut und restauriert. Es sind unglaublich viele Menschen da, aber wir können einen schönen Blick zum Meer genießen. Auschecken und zum Bus. Suche verzweifelt, verzweifelt nach meinem Fotoapparat. Er findet sich im Rucksack. Gottseidank! Es geht zum Hafen und wir begeben uns an Bord.
Am Nachmittag Treffen auf Deck zu einem Umtrunk und Kuchen. Wir fahren an der großartigen Kulisse Venedigs vorbei und erreichen das offene Meer. Es ist warm.
17. April
Das Meer blieb ruhig. Pünktlich erreichen wir den Hafen in Igoumenitsa und besteigen wieder unseren Bus. Das Wechseln der Plätze macht noch kleine Probleme, die wir aber gut meistern. In froher Stimmung verlassen wir das Schiff und fahren in die Berge. Die Landschaft ist herrlich. Und wir kommen schnell voran. Unterwegs besuchen wir einen alten Tempel. Schöne Blumen, Wind... Thessaloniki ist laut Wir sind zwei Stunden früher da als geplant und haben so Zeit noch ans Meer zu gehen.
18. April
Heute ist wieder großer Fahrtag. Ziel: Istanbul.
Auf der Autobahn ist kaum etwas los, Sonntag. Gleichmäßig kommen wir voran. An der Grenze geht alles schnell und problemlos. Der Scheff sagt uns auch immer, was wir zu tun haben. Wo und wie wir die Pässe zeigen müssen. Nach einer Stärkung geht es weiter. Wir hören ganz interessante Dinge über Oliven. Es wird uns nicht langweilig, auch weil wir gut mit Kaffee und Plätzchen, griechischer Musik verwöhnt werden.
Die große Stadt kündigt sich schon bald an. 150 km Länge haben beide Teile der Stadt. Ungeheure Hochhäuser stehen in den Himmel, soweit das Auge reicht. 15 Millionen Menschen leben hier. Die Straßen werden enger und dann sehen wir die große Brücke, den Topkapi-Palast und die Blaue Moschee. Der Bus wird vom Scheff durch eine enge steile Straße gelenkt. Oben auf dem Platz, wo Busse verboten sind, fährt er weiter, bis ein Uniformierter ihn anhält und unter keinen Umständen weiterfahren lassen will. Wir bleiben im Bus, werden von vielen Menschen umringt, die nicht glauben können, dass wir nach Shanghai fahren.
HP hat den Hotel-Manager geholt, der zunächst an der Situation nichts ändern kann. Der Bus soll eine andere Wegstrecke nehmen. Doch HP wehrt sich vehement, denn er ist bei der Peking-Reise dort unter einer Brücke gestrandet. Anatoli, der Monteur, benötigte damals 2 Stunden um den Bus wieder flott zu machen.
Endlich, wir können los! Alle sind zufrieden. Und in Millimeter-Arbeit parkt HP den Bus an der Mauer des Topkapi Palastes. Eine wunderschöne alte Hotelanlage. Die Holzhäuschen wurden sehr gut restauriert - sogar so gut, dass Inge noch ihr blaues Wunder damit erleben wird…

Wir beziehen die Zimmer. Ich wohne in der 2. Etage und kann es kaum erwarten, auf die Straße zu schauen, schiebe das Holzgitter nach oben - im Glauben, dass das Fenster oben bleibt. Mein Kopf ist draußen und wie ein Fallbeil kommt das Fenster heruntergerasselt und trifft auf meinen Hinterkopf. Meine linke Gesichtshälfte wird auf den Rahmen gedrückt und ich liege benommen am Boden. Es blutet. Ich laufe zu Waltrun und da kommt auch Jürgen aus seinem Zimmer. Beide sind sehr besorgt, Jürgen ist die Ruhe selbst. Plötzlich sind viele Menschen in meinem Zimmer. Sie rufen den Rettungswagen und ich werde in das deutsche Krankenhaus gebracht. Die Fahrt dorthin ist eine Höllenfahrt. Mit großer Geschwindigkeit rasen sie über die Poller, dass ich denke, wenn ich noch keine Gehirnerschütterung habe, dann bestimmt jetzt. Plötzlich steht der Wagen still, um sich dann um 45 Grad zu drehen und wieder loszusausen. Der Bauchgurt ist für eine Person von 100 kg ausgelegt, halten würde der mich nicht. Ina und Waltrun begleiten mich und das tut mir sehr gut. Ich bin so froh, dass ich nicht alleine bin! Personalien angeben, Englisch sprechen - all das machen die beiden perfekt. Zum Glück stellt sich heraus, dass es nichts Ernsthaftes ist. Die Ober- und Unterlippe müssen genäht werden und über Nacht muss ich in der Klinik bleiben. Ina telefoniert mit der Versicherung: alles im grünen Bereich. Auch am nächsten Tag ist Ina schon am Vormittag bei mir und mit ihr der Hotel-Manager, der auch am Abend mit im Krankenhaus war. Hurra, um 12 Uhr können wir das Krankenhaus verlassen. Inge mit einer dicken Lippe und einem blauen Auge. Der Hotel-Manager lädt Ina und mich zum Essen ein und Inge ist glücklich, dass alles so gut ausgegangen ist. Jeder in der Gruppe ist froh, dass Inge wieder da ist und am Abend lacht sie auch wieder.

Inge Stagneth

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